In der Kolonialzeit wurden die Länder Afrikas mit nackter militärischer Gewalt überwunden und ihre Rohstoffe ausgebeutet. Heute, in der postkolonialen Zeit, geschieht dies etwas verdeckter mit den Mitteln der wirtschaftlichen und technologischen Überlegenheit der industrialisierten Staaten und mit Hilfe der vielfach korrupten lokalen Regierungen. Ein Beispiel ist die Republik Tschad in Zentralafrika, die im Norden an Libyen und im Westen an Kamerun, Niger und Nigeria angrenzt.
Der Tschad ist etwa 3,5-mal so groß wie Deutschland und hat ca. 12 Millionen Einwohner, die sich aus 200 Ethnien mit 120 Sprachen und Dialekten zusammensetzen. Rund 90 % der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft, also von Ackerbau und Viehzucht, hauptsächlich für den Eigenverbrauch. Trotzdem ist das Land noch auf internationale Unterstützung mit Lebensmitteln angewiesen. 80 % leben in absoluter Armut, über 50 % sind Analphabeten. Es gibt nur 265 km ausgebaute Straßen. Die wenigen wirtschaftlich entwickelten Elemente werden nur vom Staat organisiert. Der Staat gilt als instabil. „Staatliche Einrichtungen wie Verwaltung, Bildungs- und Gesundheitswesen sind kaum entwickelt.“ Korruption ist ungeheuer verbreitet. „Nach dem Korruptionsindex 2010 der Organisation Transparency International (TI) liegt der Tschad auf dem 171. Platz von 178 erfassten Staaten.“ (Wikipedia)
Erdölförderung und Landwirtschaft
Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden Ölvorkommen im Umfang von ca. 930 Mio. t im Doba-Becken im Süden des Tschad entdeckt. Die großen Ölfirmen Exxon-Mobil, Petronas und Chevron-Texaco betreiben seit 2003 die Ölförderung sowie den Export des Öls durch eine Pipeline, die bis zum Atlantikhafen Kribi in Kamerun führt. Sie haben sich zu einem Konsortium zusammengeschlossen, das sich die externe Mitfinanzierung durch die Weltbank sicherte. Dabei wollen sich die Ölgesellschaften den Ruf der Weltbank, nur ethisch integre Projekte zu fördern, zunutze machen.1 Das Projekt im Tschad sollte erklärtermaßen ein Beispiel für die Vereinbarkeit von neuer Wirtschaftlichkeit und Landesentwicklung werden.
Nach einem ausgeklügelten Plan sollte der Boden im Erdölgebiet eigentlich weiterhin für die bäuerliche Landwirtschaft genutzt werden. „Die Idee der Planer und Ingenieure des Ölprojekts im Tschad war, dass die relativ kleinen Ölinstallationen und die unterirdisch verlegten Pipelines vergleichsweise wenig überirdischen Raum beanspruchen. Anstelle einer weiträumigen Umsiedlung der im Erdölgebiet lebenden Bevölkerung sollten daher die Bauern nach der Installation der Quellen weiterhin ihre Felder bewirtschaften können. Die Ölgesellschaft entschädigt die Bauern für den Verlust von Land, Feldern und besonderen Bäumen, deren Früchte sie ernten können, und natürlich für Häuser, die während der Konstruktionsphase der Quelle zerstört werden. Ansonsten ging man davon aus, dass Erdöl und Landwirtschaft koexistieren können.“ 2
Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Da „schon die nächste Ölquelle unter jedem Feld, Haus oder Garten der Region gefunden werden könnte, mussten sich die Ölgesellschaften Zugang zu einem Gebiet verschaffen, das viel größer ist, als es für die ausgebauten Ölquellen benötigt wird.“ Der Regierung geht natürlich die optimale Ölförderung über die Interessen der Bevölkerung. Dazu griff sie nach einem rechtlichen Trick. Gleichsam über Nacht übertrug sie das „moderne Landrecht“, das bisher nur in den Städten des Landes galt, auch auf das ländliche Ölgebiet. Nach diesem Recht gehört das Land dem Staat, das nicht offiziell auf einen Besitzer registriert ist beziehungsweise für das nicht die ununterbrochene Nutzung über die letzten fünf Jahre bewiesen werden kann. Da nur wenige Bauern in der Erdölregion einen solchen Nachweis erbringen können, ging der Bevölkerung das Recht verloren, selbst über die Nutzung von großen Landflächen zu entscheiden. Sie dürfen noch darauf anbauen, aber nur noch als Nutznießer. Sie können das Land weder verkaufen, verleihen noch vererben.“ 2 Dadurch hat der Staat einen schnellen Zugriff auf das Land, und die Erdölfirmen brauchen keine und nur eine geringfügige Entschädigung zu zahlen.
Zerstörung der Landwirtschaft
2014, elf Jahre nach Beginn der Ölförderung hat sich die Region grundlegend verändert. Schon bis Ende 2010 waren 725 Bohrlöcher mit ihren Plattformen entstanden, mehr als doppelt so viel wie ursprünglich geplant. „Dazu kommen Pumpstationen, Quartiere und Büros, Lagerhallen und ein Elektrizitätswerk mit Strom ausschließlich für das Erdölprojekt. Hochspannungsleitungen sowie neue Pisten und Straßen durchziehen die Region. Jeden Tag sehen sich die Menschen mit neuen Bauarbeiten konfrontiert. Und überall sind Wach- und Sicherheitsdienste präsent und schränken die Bewegungsfreiheit ein. Eine Reihe von heiligen Stätten der Menschen wurde mit den Installationen des Erdölprojekts überbaut. In Maïkeri musste die Stätte sogar zweimal „umgezogen“ werden. Damit wurden Symbole ihrer Kultur eliminiert.“ 3
Familien, die den Großteil ihres Landes verloren haben, können nicht mehr in der traditionellen Weise wirtschaften. Diese beruhte auf einer integrierten Nutzung verschiedener ökologischer Räume: bewirtschaftete Felder, Brachfelder und Buschland. Landwirtschaft, Kleinviehzucht sowie Jagen und Sammeln trugen zur Ernährung und zum Einkommen der Familien bei. Auf den Feldern rund um die Höfe wuchsen Feldgemüse und Obst, die Brache sicherte die Bodenfruchtbarkeit, und auf den Feldern im Busch (3 bis 5 km entfernt von den Höfen) wurden Hirse, Maniok, Bohnen, Erdnuss und Sesam angebaut. „Im Buschwald und auf den Brachfeldern wurden Bäume und Sträucher gepflegt, deren Früchte, Rinden und Samen für Ernährung und Gesundheit von größter Wichtigkeit waren. Busch und Brache lieferten außerdem Brennholz und Baumaterialien und dienten als Weide für Ziegen, Schafe und Rinder. Gerade auch in Krisenzeiten (Dürren, Bürgerkrieg) ermöglichte dieses Produktionssystem das Überleben. Im Buschwald fanden sich zudem die Heiligen Stätten.“ 3
Viele Flächen können auch von den Familien deshalb nicht mehr genutzt werden, da sie zwischen den Installationen des Erdölprojekts eingekeilt und unzugänglich liegen. Geht den Familien ein Großteil des bisher benutzten Landes verloren, ist das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten der integrierten Nutzungsweise unterbrochen. „Aber nur dieses Zusammenspiel ermöglichte, ausreichend Nahrung und Einkommen zu produzieren. Wenn Busch und Brache nicht mehr zur Verfügung steht, laugen die Felder aus. Früchte und Brennholz werden knapp und die Viehzucht wird schwierig, da die Weiden fehlen.“ 3
Bodenzerstörung
Werden die von dem Ölkonsortium zeitweilig genutzten und anschließend rehabilitierten Flächen an die Bevölkerung zurückgegeben, sind sie in so schlechtem Zustand, dass sie auf viele Jahre hinaus für die Landwirtschaft ungeeignet sind. Das geht vielfach auf die bei den Bohrvorgängen benötigten Chemikalien zurück.
„Zu diesem Zweck wird zunächst neben jeder neuen Bohrstelle ein Brunnen gebaut. Daraus wird das saubere Wasser mit Trinkwasserqualität in ein drei Meter hohes und 50 x 50 Meter umfangendes Becken gefüllt, dem Jean die Chemikalien beimischt. Bedrückend ist …, dass die neben den Bohrlöchern lebenden Menschen oft an den Brunnen vorbei mehrere Kilometer laufen müssen, um Wasser zu holen, noch dazu häufig von schlechter Qualität. Doch nach den rechtlichen Vorgaben der Bohrgesellschaft darf das Brunnenwasser nicht in anderer Weise genutzt werden. Nach Abschluss der Bohrtätigkeit muss der Brunnen wieder zugeschüttet werden.“ 2
„Nach den Umweltregularien der multinationalen Ölgesellschaft und des tschadischen Staates soll schon während der Bohrungen der mit Chemikalien versetzte Erdschlamm durch drei Filterprozesse gereinigt werden. Wasser, das wieder zur chemischen Verarbeitung verwendet werden kann, wird in das Becken zurückgeleitet. Die nicht weiterverwendbaren Überreste landen in einem ebenfalls drei Meter tiefen und 20 x 30 Meter großen Erdloch. Dieses wird nach Bohrabschluss wieder zugeschüttet. Der pH-Wert dieser Überreste wird am Ende gemessen – und wenn der basische Wert 7 überschreitet, müssen langwierige Spülungen dafür sorgen, dass er unter diesen Wert fällt. Ob diese Spülungen aber tatsächlich den pH-Wert senken können, ist … unbekannt.“ 2
Da die Arbeiten unter Hochdruck auf der nächsten Bohrstelle fortgesetzt werden, fehlt den Arbeitern oft die Zeit zur Gründlichkeit. „Im Moment (2015) schaffen ExxonMobil und Chevron dreieinhalb bis vier Bohrlöcher im Monat. Das Ziel ist es, ein Bohrloch in sechs Tagen zu schaffen.“ Unter diesem Druck werden sie dazu angehalten, den gewünschten pH-Wert schnell einzutragen. „Die Ölgesellschaften haben inzwischen weit über 1000 Quellen errichtet und wöchentlich kommen weitere dazu.“ 2
„Von der Vergiftung ihres Bodens wissen die meisten Bauern nichts. Sie bemerken lediglich, dass der Boden für die Landwirtschaft nicht mehr geeignet ist. Dennoch errichten sie ihre Felder wieder, die während der Bauphase zerstört wurden – und beklagen sich über wesentlich geringere Ernten. Sie sagen, der Boden habe seine Fruchtbarkeit verloren. Das mag auch daran liegen, dass die relativ flache fruchtbare Bodenkrume durch die Arbeiten am Bohrloch zu sehr umgewälzt wurde. Doch weder diese Tatsache noch die tatsächlichen Auswirkungen der Verseuchung des Bodens durch die Chemikalien werden untersucht. Offiziell existieren diese Auswirkungen nicht.“2
Die Dörfer der Menschen sind vielfach eingeschlossen. Sie sitzen in der Falle. Ihre Wirtschaftsweise ist mit der industriellen Ausbeutung des Landes durch die Ölgesellschaften nicht vereinbar. „Da beide Systeme nicht neben einander existieren können, wird das stärkere und wendigere den Platz der Schwachen einnehmen. Der über Jahre von dem Ölkonsortium, Weltbank und der tschadischen Regierung konstruierte Traum von Entwicklung und Wohlstand ist zum Alptraum für die betroffene Bevölkerung geworden.“ 2
Die Verwendung der Öleinnahmen
Der Tschad wird seit 1990 von Präsident Débys beherrscht, der als Generalleutnant der Armee durch einen Militärpusch an die Macht kam. Mit seiner Machtübernahme schien das bis dahin autoritär regierte Land eine demokratische Öffnung zu erleben: Parteigründungen und eine parlamentarische Opposition wurden möglich. Doch Déby und seine Regierungspartei MPS gewannen jeweils mit großer Mehrheit die folgenden Wahlen. „Grundpfeiler von Débys Macht sind Familienmitglieder und Angehörige seiner ethnischen Gruppe an den Schaltstellen des Staates, der Armee und der Wirtschaft. Doch erst die Erträge aus der Ölförderung seit 2003 boten dem Regime Déby die Chance zur umfassenden Kontrolle des Staates.“ 4
Auf Druck eines Teiles der Bevölkerung entstand auf Betreiben der Weltbank ein umfangreiches Regelwerk, das dafür sorgen sollte, dass die Öleinnahmen zur Armutsreduzierung und Entwicklung genutzt werden. Ein Gesetz legte fest, wie die Gelder verteilt werden sollten. Danach sollten 10 % in einen Fonds für künftige Generationen eingezahlt werden. Vom Rest sollten 80 % in Gesundheit, Bildung, ländliche Entwicklung und Infrastruktur fließen. 5 % sollte die Bevölkerung in der Erdölregion erhalten, 15 Prozent der Staat. Pater Antoine Dathol Bérilengar, Mitglied der Kommission, die die Verwendung der Öleinnahmen überwachen soll, schildert:
„Doch das Geld wurde nicht für die Bereiche verwendet, für die es bestimmt war. Der Tschad ist kein demokratischer Staat. Die Regierung wird nicht vom Parlament zur Rechenschaft gezogen, sie kann schalten und walten, wie sie will. … Anfangs war geplant, dass (das Kontrollgremium) an der Erstellung des Staatshaushaltes beteiligt werden sollte. Es sollte dem Parlament einen Entwurf für die Budgetverteilung zur Abstimmung vorlegen. Aber das Parlament hat die Vorschläge völlig ignoriert. … Die Regierung hat das Geld willkürlich verteilt und im Dezember 2006 per Gesetzesänderung die öffentliche Verwaltung, das Justizwesen und die Verteidigung als weitere Sektoren hinzugenommen. Dafür sind dann die meisten Mittel verwendet worden. … Das Kontrollgremium wurde mehr und mehr zu einer Instanz ohne Befugnisse.“ 5
„Lagen die jährlichen Militärausgaben im Jahr 2000 – also bevor Tschad Öl produzierte – noch bei 14 Mio. Dollar, wurden 2009 rund 315 Mio. Dollar in den Militärsektor investiert. Allein für Waffenimporte wurde das Fünffache dessen ausgegeben, was vor der Ölförderung möglich war“ 6
Inzwischen sind nach dem westlichen kapitalistischen Vorbild auch die Chinesen in das Erdölgeschäft im Tschad eingestiegen. Sie bauen zwei Erdöl-Pipelines mit insgesamt mehr als 600 Kilometern Länge und errichten in der Hauptstadt eine Raffinerie, um das Erdöl zu verarbeiten. Sie bauen sehr schnell und besorgte Aktivisten wissen nicht, „ob sie Umweltstandards einhalten und was mit der Bevölkerung in den betroffenen Regionen geschehen soll. Das Öl soll zumindest teilweise auf dem tschadischen Markt verkauft werden. Wir wissen aber nicht, wie die Regierung mit den Einnahmen umgehen wird.“ 5
Gegen die wachsende Kritik aus der Bevölkerung und auch Anschlägen reagiert die Regierung mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen und einem Anti-Terrorgesetz. Präsident Déby „nutzt die … Situation zur weiteren Schwächung der politischen und zivilgesellschaftlichen Opposition. Prominente Abgeordnete, Mitglieder der Zivilgesellschaft, Journalisten und Gewerkschafter, die es wagen, die schlechte Regierungsführung, die grassierende Korruption und extreme Armut anzuprangern, sind ständig von staatlichen Repressalien bedroht. Die Justiz gilt als weitgehend korrupt und steht auf Seiten der Regierung.“ 4
Die politische Opposition ist schwach und in ca. 180 Parteien zersplittert. Nur eine Partei errang bei den letzten Parlamentswahlen mehr als 10 Sitze. Das Parlament wird von der als einzige landesweit organisierte Regierungspartei MPS und ihren Verbündeten mit 133 von 188 Sitzen beherrscht und hat den Zugriff auf staatliche Ressourcen. Ende 2014 „kam es in der Hauptstadt N’Djamena, aber auch in mehreren Kleinstädten zu Demonstrationen, u.a. gegen die grassierende Armut, gegen die Nichtauszahlung von Gehältern und die Benzinknappheit. Die Demonstrationen wurden von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen. Es gab mehrere Tote.“ 4
Durch die Entschädigungen, die von dem Ölkonsortium für die in Anspruch genommenen Flächen gezahlt wurden und durch die Löhne der während der Bauphase Beschäftigten stiegen die Einkommen mancher Einwohner für kurze Zeit deutlich an. Und „obwohl die Summen keinen gerechten Ausgleich für die Verluste darstellen, waren sie doch für die Betroffenen viel Geld. Menschen mit Jahreseinkommen von 300 € fanden sich plötzlich im Besitz von Summen von 500 bis 5.000 €.“ 3 Doch gibt es in diesen ländlichen Räumen weder Banken noch Sparkassen und kaum Möglichkeiten, diese Mittel sinnvoll zu investieren, und die schlechte Schul- und Ausbildungssituation und die fehlenden Märkte für handwerkliche Produkte erschweren die berufliche Neuorientierung. Nur wenige der Entschädigten konnten sinnvoll in die Viehzucht investieren.
Den Großteil der Entschädigungssummen steckten die Menschen in Gesundheitsversorgung, in Kleidung, soziale Verpflichtungen, aber auch in Alkohol und Prostitution. Resignation und Tatenlosigkeit sind weit verbreitet. Von der Landwirtschaft zu leben wird auf den schwindenden, übernutzten und vergifteten Flächen immer schwieriger. „Viele Menschen sehen keine Perspektiven für sich. Eine Mentalität des Abwartens hat sich entwickelt: … warten auf die Rückgabe von Flächen und warten auf eine Fortbildung in verbesserten Anbaumethoden. Warten auf die Brosamen des Erdölgeschäfts.“ 3 „Die Menschen haben keine Unterstützung erhalten, mit der sie eine Zukunftsperspektive haben. Man hat sie punktuell entschädigt, um sie loszuwerden und ungestört weiter nach Erdöl bohren zu können.“5
Die Rolle der Weltbank
Immerhin hatten die USA und Deutschland, die größten bzw. zweitgrößten Anteilseigner der Weltbank, eine Untersuchung und Begutachtung des Ölprojekts im Tschad beantragt, die auch die institutseigene Independent Evaluation Group (IEG) vornahm und ihre Ergebnisse im November 2009 veröffentlicht. Ihr Bericht bestätigte,
„dass das erste Ziel des Vorhabens – das der Armutsreduzierung – nicht erreicht wurde. Schlimmer noch, die Evaluation ergab, dass das Projekt mit gewaltsamen Konflikten verbunden ist und schlechte Regierungsführung und Korruption weiter verschlimmert hat. Der Bericht schlussfolgert, dass die Ölförderung zum Rückgang anderer grundlegender Wirtschaftsbereiche geführt hat.“ 3
Die Weltbank sieht die Verantwortung für das bedrückende Scheitern dieses Entwicklungsprojekts darin, dass der tschadischen Regierung der politische Wille dazu fehle, was ihre eigenen Fehlentscheidungen im Jahr 2000 für das Projekt aber nicht entschuldigen kann. Auch fehlt jegliche Konsequenz aus den Bewertungen des eigenen Untersuchungsberichtes.
„Denn im Klartext bedeutet dies, dass sich die ohnehin prekäre Situation des größten Teils der Bevölkerung, deren Existenzgrundlagen auf Landwirtschaft und Viehhaltung beruhen, weiter verschlechtert hat. Es sind die Menschen in den armen ländlichen Gemeinden in der ölproduzierenden Region und entlang der Pipelinestrecke, die die ganze Last des ökologischen Abdrucks und der sozialen Spaltung tragen, die durch die physische Infrastruktur des Projekts entstanden sind.“ 3
Die Ölfirmen sind für die Bevölkerung so gut wie nicht erreichbar. Das lokale Netzwerk CPPL versucht, vollständige Informationen zu geplanten Entschädigungen zu bekommen, um die Betroffenen rechtzeitig beraten zu können. Doch „in N’Djamena gibt es keine Büros von Exxon, Petronas oder Chevron. Diese drei Unternehmen haben sich zu dem Konsortium Esso-Tschad zusammengeschlossen, dessen Verwaltung in Houston (Texas) sitzt.“ 5 Wenn der Wille zur Kooperation vorhanden wäre, gäbe es eine Art „Runder Tisch“, an dem Vertreter der Bevölkerung mit den Erdölunternehmen über die Schwierigkeiten offen sprechen könnten.
Der Gipfel jedoch ist, dass der Tschad über keine eigenen unabhängigen Kapazitäten verfügt, die Ölindustrie zu kontrollieren. Offenbar weiß nicht einmal die Regierung genau darüber Bescheid, wieviel Erdöl die Firmen tatsächlich täglich aus dem Land pumpen. „Das ESSO-Konsortium berichtet halbjährlich über den Projektfortschritt. Die angegebenen Fördermengen von 122 500 Barrel/Tag in 2010 … können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.“ 3
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1 http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=055
2 Andrea Behrends: Kein Segen, nirgends
3 Djéralar Miankéol / Martin Petry in: Leben mit dem Öl, S. 8 f.
4 Bundeszentrale für politische Bildung
5 Welt-Sichten 26.3.2010
6 Lena Guesnet in: Leben mit dem Öl, S. 24
diese verdammten Konzerne. Alle Anstrengungen zur „freien Energie“ sind unterdrückt worden. Und viele Menschen mussten deswegen sterben. Wegen Öl und Gas werden Kriege geführt.
Daniele Ganser berichtet sehr viel darüber.
Landgrabbing greift um sich und das schon sehr lange.
Hier gibt es Information dazu
http://www.nachdenkseiten.de/?p=24977
Hat dies auf textblätter rebloggt.