Der eiskalte Geostratege – Zum Tode von Zbigniew Brzezinski

Ein Gastbeitrag von José García Morales*

Am Freitag, dem 26.5.2017, verstarb Zbigniew Brzezinski im Alter von 89 Jahren. Er war gebürtiger Pole, als Russland-Hasser bekannt und wichtiger Berater aller amerikanischen Präsidenten seit Carter (1976). Zusammen mit Henry Kissinger gehörte er zu den einflussreichsten amerikanischen Geopolitikern der Gegenwart.

Iran hearing
Zbigniew Brzezinski, 2009. (Photo By Tom Williams/Roll Call/Getty Images)

Ende der 60er Jahre veröffentlichte er sein Werk Between Two Ages. Americas Role in the Technectronic Era. [Technic und Electronic, der Mensch wird als Technetron gesehen]. In diesem Buch sprach er sich für eine führende Rolle Amerikas bei der Mechanisierung des Menschen aus. Auf dieser Grundlage wurde er von Rockefeller für die Gründung der Trilateralen Kommission bestimmt, welche Westeuropa und den Osten Asiens in das amerikanische Imperium einbinden sollte.

1979 organisierte er als Sicherheitsberater unter Carter die „Afghanistan-Falle“, indem er durch die CIA verdeckt die Mujahedin mit Waffen und Training versorgen ließ, und die Sowjetunion zu einem Einmarsch in Afghanistan provozierte. Teil dieser Planung war auch Osama Bin Laden. Diese Zusammenhänge gab er 1998 in einem Interview für die französische Zeitschrift Nouvel Observateur1 sehr offen zu. Ziel dieser Aktion war es, den Russen ihr Vietnam zu verpassen, um die Sowjetunion durch eine wirtschaftliche Überlastung zusammenbrechen zu lassen, was in der Folge dann auch geschah.

Das heißt: Nachdem die Russische Revolution vom anglo-amerikanischen Establishment als „sozialistisches Experiment“ gestartet worden war, wurde es ebenso Anfang der 90er vom Westen abgebrochen, beziehungsweise mit Jelzin in eine neue Phase übergeleitet: der totale wirtschaftliche Ausverkauf. Für ein Vereinigtes Europa musste man vorher das Experiment abbrechen und Deutschland vereinigen, denn ohne ein Vereinigtes Europa gibt es keine Aussicht auf eine Weltregierung.2

Weiterhin ergibt sich aus der Unterstützung der Mujahedin, dass Brzezinski den fanatischen Islamismus als US-kontrollierte Söldnertruppen gegen die Sowjetunion aufbaute3 und damit ein Instrument hatte, um in andere Staaten einzugreifen, indirekt durch die bezahlten Söldnertruppen, direkt durch den (Scheinkrieg) gegen den Terrorismus. Beides soll zu einem Regierungswechsel in dem Land führen, das sich nicht genügend den USA unterwirft. An den Folgen dieser verdeckten und offenen Interventionen leiden wir bis in die Gegenwart. Der Arabische Frühling und die Farbenrevolutionen zeigen, dass man die Methoden verfeinert: wirtschaftliche, soziale und militärische Elemente wirken zusammen.

Während die Russische Föderation in den 90er Jahren unter Jelzin durch die Methoden des Internationalen Währungsfond wirtschaftlich in den Ruin getrieben wurde, veröffentlichte Zbigniew Brzezinski 1997 sein Hauptwerk The Grand Chessboard (Das grosse Schachbrett), in dem er nicht nur verschiedenste politische Gewaltaktionen mit einer bürokratischen Sprache verharmlost, sondern auch die EU- und die NATO-Osterweiterung4 etwa in der Form darstellt, wie sie später durchgeführt wurde. Diese NATO-Osterweiterung stand in krassem Gegensatz zur Vereinbarung der westlichen Politiker mit Gorbatschow, dass die NATO sich keinen Zoll nach Osten erweitern werde.

Brzezinski sprach sich für eine administrative Dreiteilung der Russischen Föderation aus, die dann später auch zur politischen Teilung führen sollte [Brzezinski Plan] und veröffentlichte in einem Artikel im Foreign Affairs, der Zeitschrift des führenden US-Thinktanks Council on Foreign Relations, ebenfalls 1997, die Karte mit den jeweiligen inneren Grenzen Russlands. Der westliche Teil Russland bis zum Ural sollte dann in ein amerikanisiertes Europa eingebunden werden. Noch in den letzten Jahren suchte er nach Möglichkeiten, Russland und China auseinanderzutreiben, um den amerikanischen Einfluss in Asien zu verstärken.

Die Staaten der Welt und ihre Völker sind für Brzezinski etwas wie große, lebendige Schachfiguren mit denen er spielt, sie auch gegeneinander ausspielt und dabei die amerikanische Vorherrschaft ausbauen will. West-Europa ist für den US-Geopolitiker der „demokratische Brückenkopf“ auf dem eurasischen Kontinent, mit dem fixen Ziel: durch die Ost-Erweiterung von EU und NATO den amerikanischen Machtbereich bis an die Grenze Russlands zu erweitern. Nachdem die Sowjetunion in einzelne Staaten aufgeteilt worden war, sollte dies nun auch mit Russland vollzogen werden.

Die Ost-Erweiterung, das heißt die Vereinigung des gesamten Europas (bei Brzezinski bis zum Ural, der geographischen Grenze Europas) findet sich bereits 1947 in einem Artikel von Georges Kennan im Foreign Affairs und Mörz 1949 bei Winston Churchill auf seiner Eröffnungsrede des American Committee for a United Europe.5 Auf dieser Linie befindet sich auch ein Artikel des The Economist  vom 26. Dezember 1992.6  An diese Pläne schließt Brzezinski an. Diese sind für die USA und das amerikanisierte Europa noch nicht abgeschlossen.

Ein „Conföderiertes Russland“, China und Indien sollten zu regionalen Großmächten in einem amerikanischen weltumspannenden Weltreich herabgestuft werden. In seiner Langzeitplanung über mehrere Generationen hinweg sollte diese „globale Sicherheitsarchitektur“ zu einer Weltregierung überleiten, die sich dann später von der geographischen Gebundenheit an die USA löst.

Die Karte aus Foreign Affairs zur Dreiteilung Russlands:

Scanned by Scan2Net

                    Zbigniew Brzezinski: Eurasien im 21. Jahrhundert 7

 Zitate:

Brzezinski über die aufgeweckten politischen Massen (er hat dabei noch nicht die seelisch-geistig erwachten Menschen in seinem Blickfeld):

„In früheren Zeiten war es einfacher eine Million Menschen zu kontrollieren […] als sie physisch umzubringen […]. Heute ist es unendlich einfacher eine Million Menschen umzubringen, als eine Million Menschen zu kontrollieren.“ 8

„Da Amerikas Gesellschaft in steigendem Maße multikulturelle Züge annimmt, dürfte, außer in Fällen einer wirklich massiven und unmittelbaren Bedrohung von außen ein Konsens über außenpolitische Fragen zunehmend schwerer herbeizuführen sein.“ 9

(Brzezinski hat außenpolitische Ziele, die er nur im Falle einer starken Bedrohung von außen durchsetzen kann. Dies kann auch eine nur vorgetäuschte Bedrohung sein.)

„Leider waren alle bisherigen Versuche, eine neue zentrale und globale Zielsetzung der Vereinigten Staaten nach dem Ende des Kalten Krieges aufzuzeigen, eindimensional. Sie versäumten es, die notwendige Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen mit dem Gebot, die zentrale Rolle der USA in der Weltpolitik zu bewahren, zu verknüpfen.“ 10

„Für die Russen muss das Gespenst eines möglichen Konflikts mit den islamischen Staaten entlang der gesamten Südflanke Russlands (die zusammen mit der Türkei, dem Iran und Pakistan mehr als 300 Millionen Menschen aufbieten) Anlass zu ernster Besorgnis sein.“ 11

„Mit der enormen Tatkraft seiner 1,2 Milliarden Menschen schickt sich Chinas Wirtschaftsmacht an, die historische Gleichung zwischen den beiden Ländern von Grund auf umzukehren, wobei die leeren Räume Sibiriens chinesische Siedler fast schon herbeiwinken.“ 12
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Anmerkungen:

*  Der Autor, gebürtiger Spanier, ist Historiker und lebt in der Schweiz
Le Nouvel Observateur [Paris], Januar 15-21, 1998, p. 76.
http://www.voltairenet.org/article165889.html
2  Gemäss Churchill in seinem Vortrag in der Albert Hall, London, Mai 1947
3  Dabei gilt es zu beachten, dass die Engländer bereits in den Zeiten der Französischen Revolution   den fanatischen Islamismus in Afghanistan gegen Russland in Stellung brachten, um einen möglichen Eingriff Russlands in Indien abzuwenden. Weiterhin waren es auch die Engländer, die nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg Saudi-Arabien zu einer lokalen Grossmacht im arabischen Raum aufbauten und damit den Aufstieg der fanatischen Ausrichtungen des Islamismus, des Salafismus und des Wahabismus, erst ermöglichten.
4  Das ACUE wurde von den US-Geheimdiensten geleitet und organisierte die Vereinigung des amerikanisierten Europas. Siehe dazu: Die geheime Geschichte der Europäischen Union von Thierry Meyssan http://www.voltairenet.org/article188097.html
5  s. Anm. 4
6  Die massive militärische Aufrüstung vor allem Saudi-Arabiens durch die USA als gegenwärtige Parallele zu Englands Aufbau des fanatischen Islamismus lassen Entwicklungslinien zu anglo-amerikanischen Langzeitpläne durchscheinen, die in einem Artikel im The Economist vom 26.12.1992 als historischer Rückblick aus dem Jahre 2992 dargestellt sind: Russland wird Mitte des 21. Jahrhunderts in einer Konfrontation zwischen Hammer und Amboss, das heisst zwischen einer Islam-China-Verbindung einerseits und West-Europa andererseits, aufgerieben und auf den europäischen Teil bis zum Ural reduziert. Es ist nachvollziehbar, dass dabei auch West-Europa, China und die beteiligten Islamischen Staaten geschwächt würden – im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Raum. Die gegenwärtige Militarisierung der Europäischen Union kann auch als Vorbereitung der amerikanischen Langzeitpläne betrachtet werden.
Siehe dazu die hervorragende Analyse von Terry Boardman in Mapping the Milenium, Behind the Plans oft the New World Order, sowie Politische Voraussagen als versteckte Planungen
7  Zbigniew Brzezinski: A Geostrategie for Eurasia (Eine Geostrategie für Eurasien), Foreign Affairs, September / Oktober 1997, vol. 96, Nr. 5
https://www.foreignaffairs.com/articles/asia/1997-09-01/geostrategy-eurasia
https://www.youtube.com/watch?v=jkCEOSgLRt4
9  The Grand Chessboard, deutsche Ausgabe: Die einzige Weltmacht, S. 300-301
10 Die einzige Weltmacht, S. 305
11 Die einzige Weltmacht, S. 139
12 Die einzige Weltmacht. S. 140

6 Kommentare zu „Der eiskalte Geostratege – Zum Tode von Zbigniew Brzezinski“

  1. Hi Fassadenkratzer,

    wie immer ein souverän formulierter Beitrag, zu dem ich noch ein paar lose Gedanken anfügen möchte. Brzezinski war sicherlich einer der exponierteren Gallionsfiguren der US-imperialistischen Politik. Doch er war bei Weitem nicht der einzige (Kissinger ist z.B. auch so ein Strippenzieher). Auch sind die Ziele dieser Politik mit dem Tod Brzezinskis lange nicht aus der Welt.

    Dass nach dem Tod Brzezinskis immer weniger konkrete Personen im Rampenlicht stehen, die diesen hegemonialen Ansichten ein Gesicht geben, macht mich persönlich eher nervös. Abgesehen von ein paar frei drehenden Generälen im Pentagon, deren Namen Schall und Rauch sind, fiele mir spontan nur George Soros ein, dem man eine ähnliche weltpolitische Arroganz bzw. Übereifer nachsagen kann. Nicht, dass es diese Bestrebungen nicht weiterhin gibt, aber es fällt (zumindest mir) immer schwerer, diese Entwicklungen an einzelnen, herausgestellten Persönlichkeiten festzumachen.

    Ergänzend zum Artikel möchte ich noch auf einen Beitrag von Paul Graig Roberts hinweisen (englisch), der lange mit Brzezinski zusammengearbeitet hat:

    http://www.paulcraigroberts.org/2017/06/02/zbigniew-brzezinski-paul-craig-roberts/

    Interessant ist dabei, dass Roberts sich selbst und Brzezinski zu überzeugten kalten Kriegern (auf dem Höhepunkt ihres damaligen politischen Einflusses) zählt. Inzwischen muss man sich allerdings über die Radikaliät Roberts‘, mit der er die derzeitige Hegemonialpolitik der USA betrachtet, sehr wundern. Er lässt kein gutes Haar an der Außenpolitik der USA – insbesondere an der ideologischen Feindschaft gegenüber Russland, wie sie nicht zuletzt in der amerikanischen Presse bis zum Anschlag strapaziert wird. Die Risiken dieser einseitigen Propaganda setze ich als bekannt voraus.

    Beste Grüße,
    Stadtmensch

  2. Treffender als jeden Kommentar finde ich – nicht nur für Brzezinski, sondern für alle, die dem Wahn der absoluten Weltherrschaft verfallen sind – die Worte des Evangelisten Markus:

    Denn wer sein Leben will behalten, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinet- und des Evangeliums willen, der wird’s behalten. Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme an seiner Seele Schaden? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele löse. Wer sich aber mein und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, des wird sich auch des Menschen Sohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
    Markus 8, 36-38

  3. Der wichtigste Punkt wurde nicht erwähnt. Der Mann war Jesuit = Zionswächter. Hier darf man dann dreimal raten wer dem Russlandhasser Hitler bei seinem Buch mein Kampf behilflich war.

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