UN-Völkerrechtler prangert scharf die Kriminalisierung, kollektive Verfolgung und Folterung des Journalisten Julian Assange an

Der Sonderberichterstatter des Hochkommissariats für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, der in Glasgow Völkerrecht lehrende Schweizer Rechtsgelehrte Prof. Nils Melzer, besuchte am 9. Mai 2019 Julian Assange im Londoner Gefängnis. Er wurde von zwei medizinischen Experten begleitet, die auf die Untersuchung potenzieller Opfer von Folter und anderen Misshandlungen spezialisiert sind. Das Team konnte mit Assange vertrauensvoll sprechen und eine gründliche medizinische Untersuchung durchführen. Das Ergebnis, das die UN am 31. Mai 2019 veröffentlichte1, ist erschütternd.

„Es war offensichtlich, dass die Gesundheit von Herrn Assange durch die extrem feindliche und willkürliche Umgebung, der er seit vielen Jahren ausgesetzt ist, ernsthaft beeinträchtigt wurde. Am wichtigsten ist, dass Mr. Assange neben körperlichen Beschwerden alle Symptome zeigte, die typisch sind, wenn man länger psychologischer Folter ausgesetzt ist, einschließlich extremer Stresssymptome, chronischer Angst und intensiver psychischer Traumata.
Die Beweise sind überwältigend und klar. Mr. Assange wurde über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg bewusst schweren Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt, deren kumulative Auswirkungen nur als psychologische Folter beschrieben werden können.“

Prof. Melzer schrieb dazu, er verurteile auf das Schärfste die absichtliche, konzertierte und nachhaltige Art der Misshandlung von Herrn Assange und bedauere ernsthaft das anhaltende Versagen aller beteiligten Regierungen, Maßnahmen zum Schutz seiner grundlegendsten Menschenrechte und seiner Würde zu ergreifen.
„Im Laufe der letzten neun Jahre war Herr Assange anhaltender und zunehmend schwerer Misshandlung ausgesetzt, die von systematischer gerichtlicher Verfolgung und willkürlicher Inhaftierung in der ecuadorianischen Botschaft über seine repressive Isolation, Belästigung und Überwachung innerhalb der Botschaft bis hin zu vorsätzlicher kollektiver Verhöhnung, Beleidigung und Demütigung, offener Anstiftung zur Gewalt und sogar wiederholten Aufrufen zu seiner Ermordung reichte.“

 Der UN-Experte hat genau recherchiert, welche Treibjagd auf Assange als investigativen Journalisten bisher stattgefunden hat:
„Seit Wikileaks 2010 mit der Veröffentlichung von Beweisen für Kriegsverbrechen und Folterungen durch US-Streitkräfte begann, bemühen sich mehrere Staaten nachhaltig und konzertiert darum, Herrn Assange zur strafrechtlichen Verfolgung an die USA auszuliefern, und geben Anlass zu ernster Besorgnis über die Kriminalisierung von investigativem Journalismus, die sowohl gegen die US-Verfassung als auch gegen die internationalen Menschenrechte verstößt.“

„Seitdem hat es eine unerbittliche und hemmungslose Kampagne des öffentlichen Mobbing, der Einschüchterung und Verleumdung gegen Herrn Assange gegeben, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch im Vereinigten Königreich, in Schweden und in jüngster Zeit in Ecuador.“
Dazu habe ein endloser Strom von erniedrigenden und herabwürdigenden Äußerungen in der Presse und in den sozialen Medien gehört, aber auch von hochrangigen Politikern und sogar von Justizrichtern, die an einem Verfahren gegen Assange beteiligt waren.

Obwohl Assange z. Zt. nicht in Einzelhaft gehalten werde, zeigte sich Prof. Melzer zutiefst besorgt, dass die begrenzte Häufigkeit und Dauer der Besuche von Rechtsanwälten und der fehlende Zugang zu Fallakten und Dokumenten, die sich gegen ihn angesammelt haben, es ihm unmöglich machen, seine Verteidigung in einem der komplexen Gerichtsverfahren angemessen vorzubereiten.

In offiziellen Schreiben forderte der UN-Sonderberichterstatter die beteiligten Regierungen von Großbritannien, Schweden, Ecuador, Australien und den USA auf, von der weiteren Verbreitung, Anstiftung oder Duldung von Erklärungen oder anderen Aktivitäten abzusehen, die die Menschenrechte und die Würde von Herrn Assange beeinträchtigen, und Maßnahmen zu ergreifen, um ihm angemessene Rechtsbehelfe und Rehabilitation für frühere Schäden zu bieten.
„In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung habe ich noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammengeschlossen hat, um ein einzelnes Individuum so lange Zeit und unter so wenig Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu dämonisieren und zu misshandeln. Die kollektive Verfolgung von Julian Assange muss hier und jetzt enden!“

Er appellierte ferner an die britische Regierung, Assange nicht an die Vereinigten Staaten oder einen anderen Staat auszuliefern, der keine zuverlässigen Garantien gegen seine Weiterleitung in die Vereinigten Staaten bietet. Denn er hat die größte Sorge, „dass Herr Assange in den Vereinigten Staaten einem echten Risiko schwerer Verletzungen seiner Menschenrechte ausgesetzt wäre, einschließlich seiner Meinungsfreiheit, seines Rechts auf ein faires Verfahren und des Verbots von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“

Er erinnerte auch Großbritannien an seine Verpflichtung, Assange den ungehinderten Zugang zu Rechtsbeistand, Dokumentation und angemessener Vorbereitung zu gewährleisten, die für die Komplexität des anstehenden Prozesses erforderlich sei.
Nils Melzer zqfjlE5Y                             https://twitter.com/nilsmelzer

Reaktionen

Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung von Prof. Melzers Bericht bezeichnete der britische Außenminister Jeremy Hunt ihn auf Twitter als „falsch“ und schrieb süffisant, Assange habe „beschlossen, sich in der Botschaft zu verstecken, und es stand ihm jederzeit frei, sie zu verlassen und sich der Justiz zu stellen“. Der UN-Sonderberichterstatter möge es „den britischen Gerichten erlauben, ihre Entscheidungen ohne seine Einmischung oder aufwieglerischen Vorwürfe zu treffen“.
Prof. Melzer wies in einer direkten Antwort an Hunt trocken darauf hin, dass „es Mr. Assange so ‚freistand‘ die ecuadorianische Botschaft in London zu verlassen, wie jemandem, der in einem Schlauchboot im Haifischbecken sitzt“.2

Das australische Außen- und Handelsministerium, das sich lange über das Schicksal des WikiLeaks-Gründers ausschwieg, reagierte sofort mit einer Erklärung, in der es Australiens Mitschuld an der Folter abstritt. Weiter hieß es, Assange werde „aktive konsularische Unterstützung auf hoher Ebene“ zur Verfügung gestellt.
In Wirklichkeit sind die liberal-nationale Regierungskoalition, die oppositionelle Labor Party und das ganze politische Establishment Australiens der Jagd der USA auf Assange nie entgegengetreten und haben ihren Staatsbürger niemals verteidigt.

Nils Melzer gab am 31. Mai der BBC und Sky News über seinen Bericht Videointerviews. Sie wurden beide jedoch offenbar nicht gesendet. Jedenfalls ist das Filmmaterial bisher nirgendwo zu finden.3  Im übrigen wurde in den Medien auch nur sehr spärlich über den anklagenden Bericht des UN-Sonderberichterstatters berichtet, der ja im Grunde eine internationale politische Sensation ist.

Die Kampagne von Macht und Medien

Die öffentliche Grundlage für die Verfolgung von Assange legte eine dämonisierende staatlich-mediale Propagandakampagne, durch die die weitgehend ahnungslose Bevölkerung über Julian Assange und seine Tätigkeit getäuscht wurde. Prof. Melzer hat selbst Zeit gebraucht, um dies zu durchschauen und sich von den tendenziell negativen Bildern der Medien zu befreien. Er sagte darüber:
„Zunächst einmal müssen wir erkennen, dass wir alle absichtlich über Herrn Assange getäuscht wurden. Das vorherrschende Bild vom zwielichtigen ´Hacker`, ´Sexualstraftäter` und egoistischen ´Narzissten` wurde sorgfältig konstruiert, verbreitet und recycelt, um die Aufmerksamkeit von den extrem mächtigen Wahrheiten abzulenken, die er aufgedeckt hat, einschließlich schwerer Verbrechen und Korruption seitens mehrerer Regierungen und Unternehmen.
Indem man Herrn Assange ´unsympathisch` und in der öffentlichen Meinung lächerlich machte, wurde ein Umfeld geschaffen, in dem niemand Mitgefühl mit ihm empfinden würde, ganz ähnlich wie bei der historischen Hexenjagd oder den modernen Situationen des Mobbing am Arbeitsplatz oder in der Schule“.

Besonders infam war die Kommentierung vieler angloamerikanischer Mainstreammedien, als Assange am 11. April verhaftet und aus der ecuadorianischen Botschaft geschleppt wurde.
assange     Bild mit freundlicher Genehmigung von Anti-Spiegel

So hieß es in der „Daily Mail“:
„Wie schmachvoll, dass australische Wissenschaftler, als das mutmaßliche Sexualraubtier Julian Assange aus der Botschaft Ecuadors mit einem aufblühenden wilden Bart auftauchte, einen urzeitlichen Zusammenhang zwischen ´extravaganten Ausstattungen wie Bärten` und winzigen Hoden aufzeigten.“
Im „New Statesman“ stand:
„O fragwürdiger Tag! Wir alle sind von Brexit gelangweilt, als ein wahnsinnig aussehender Gnom von der Geheimpolizei des tiefen Staates aus der ecuadorianischen Botschaft geholt wird.“
Charlotte Edwardes schrieb im Evening Standard:
„Julian Assange’s Abtransport aus der ecuadorianischen Botschaft brachte seinen strähnigen Bart ans Licht. Die Beard Liberation Front meldet sich, um zu sagen, dass er nicht für die jährliche Auswahlliste der besten Gesichtsbehaarung in Betracht gezogen wird.“
In „The Times“ stand in einem Artikel mit dem Titel „Julian Assange gehört zu den Verrückten und Despoten“ „dass Assange aus der ecuadorianischen Botschaft herausgeholt worden war, mit demselben Bart und empörtem Ausdruck wie Saddam Hussein beim Entfernen aus seinem Schützenloch“.
Und in der „Daily Mail“ hieß es ähnlich:
„Ein hochfliegendes Ego. Abscheuliche persönliche Gewohnheiten. Und nach Jahren in seiner schmutzigen Höhle blieb kaum noch ein Freund übrig: STURZ EINES NARZISSTEN‘.“
Vor dreisten Lügen scheute man auch nicht zurück. „Der Titel einer „Guardian“-Presseschau behauptete, die ecuadorianische Regierung beklage, dass Assange die Wände der Botschaft mit seinem eigenen Kot beschmiert hatte, wie in The Sun hervorgehoben werde.“ 3

Prof. Melzer trat dieser medialen Verleumdungskampagne auf Twitter entgegen:
„Wie öffentliche Demütigung funktioniert: Am 11. April wurde Julian Assange auf der ganzen Welt wegen seines Bartes verspottet. Während meines Besuchs erklärte er uns, dass sein Rasierzeug drei Monate zuvor absichtlich weggenommen worden sei.
    Es war der großen Herde von Journalisten – die verstanden hatten, dass Assange jemand war, den man beschmieren, verspotten und missbrauchen konnte – einfach nie in den Sinn gekommen, dass sein Auftreten etwas mit der brutalen Behandlung Ecuadors zu tun haben könnte, die seine Kommunikation, seine Besucher und sogar seine medizinische Versorgung unterbrach. Fidel Narvaez, ehemaliger Konsul der ecuadorianischen Botschaft vom ersten Tag an, da Assange am 19. Juni 2012 dort eintraf, bis zum 15. Juli 2018, sagte, das ecuadorianische Regime unter Präsident Lenin Moreno habe versucht, das Leben für Assange ´unerträglich` zu machen.“ 4

Prof. Melzer versuchte noch ein weiteres. Im Rahmen eines schwedischen Projekts zur Unterstützung von Assange wurde eine Nachricht an rund 500 Personen, hauptsächlich schwedische Journalisten,  gesendet, in der Prof. Melzer ein Angebot für ein Interview machte. Die Empfänger konnten mit einem einzigen Klick auf einen in der Nachricht integrierten Link antworten. – Kein einziger Journalist ging auf das Angebot ein.
In einer E-Mail vom 13. Juni 2019 kommentierte Prof. Melzer:

„Mein Eindruck ist, dass die meisten Mainstream-Medien nach meiner ersten Pressemitteilung in eine Art Schocklähmung geraten sind, so dass sie nicht in der Lage sind, den enormen Widerspruch zwischen ihren eigenen irreführenden Porträts von Assange und der erschreckenden Wahrheit dessen, was in Wirklichkeit geschehen ist, zu verarbeiten. Das Problem besteht natürlich darin, dass die Mainstream-Medien einen erheblichen Teil der Verantwortung für die Ermöglichung dieser schändlichen Hexenjagd tragen und jetzt die Kraft aufbringen müssen, sich ihrem tragischen Versagen zu stellen, die Menschen in diesem Fall objektiv zu informieren und zu ermutigen.
Eine meiner eigenen Nationalitäten ist schwedisch. Ich bin sehr vertraut damit, was eine gewisse Besessenheit von politischer Korrektheit der eigenen Fähigkeit zum kritischen Denken antun kann. Aber die Tatsache, dass von mehr als 500 angeworbenen schwedischen Journalisten kein einziger an einem ausführlichen Interview mit einem schweizerisch-schwedischen UN-Experten interessiert war, der Schweden öffentlich der gerichtlichen Verfolgung und psychologischen Folter beschuldigt, spricht für ein Maß an Leugnung und Selbstzensur, das mit einer objektiven und informativen Berichterstattung kaum vereinbar ist.“ 5

Doch mit der „Schocklähmung“ der Mainstream-Medien irrt Prof. Melzer. Es gab und gibt keine. Denn in den Mainstream-Medien werden seit Jahrzehnten die am besten informierten, mutigsten und ehrlichsten Vertreter der Wahrheit so behandelt. Dafür gibt es viele Beispiele. Die Medien stecken mit den Mächtigen unter einer Decke. Sie sind deren Propaganda-Instrument, das Bewusstsein der Menschen zu manipulieren.

Zur Klarstellung seiner Position und seiner Argumente wandte sich der UN-Experte Prof. Melzer erneut an die Öffentlichkeit. Anlässlich des Internationalen Tages zur Unterstützung von Folteropfern am 26. Juni 2019 schrieb er:

Demaskierung der Folterung von Julian Assange

„Ich weiß, Sie denken vielleicht, dass ich mich getäuscht habe. Wie könnte das Leben in einer Botschaft mit einer Katze und einem Skateboard jemals einer Folter gleichkommen? Das ist genau das, was ich auch dachte, als Assange zum ersten Mal um Schutz an mein Büro appellierte. Wie die meisten Bürger war ich unbewusst durch die unerbittliche Hetze vergiftet worden, die im Laufe der Jahre verbreitet wurde. Also brauchte es ein zweites Klopfen an meine Tür, um meine widerwillige Aufmerksamkeit zu erregen. Aber als ich mir die Fakten dieses Falles angesehen hatte, erfüllte mich das, was ich fand, mit Abscheu und Unglauben.

Sicherlich, dachte ich, Assange muss ein Vergewaltiger sein! Aber was ich herausgefunden habe ist, dass er nie wegen einer Sexualstraftat angeklagt wurde. Zwar machten zwei Frauen in Schweden Schlagzeilen, kurz nachdem die USA ihre Verbündeten aufgefordert hatten, Gründe für eine Verfolgung von Assange zu finden. Eine der beiden behauptete, er habe ein Kondom zerrissen, die andere, dass er keines getragen habe, in beiden Fällen beim einvernehmlichen Geschlechtsverkehr – ? – nicht gerade Szenarien, die in einer anderen Sprache als Schwedisch nach Vergewaltigung klingen. Allerdings hat jede Frau sogar ein Kondom als Beweis vorgelegt. Das erste, angeblich von Assange getragen und zerrissen, enthüllte keinerlei DNA -? – weder seine, noch ihre, noch die von jemand anderem. Stell dir vor. Das zweite, gebrauchte, aber intakte, erwies sich als Beweis für „ungeschützten“ Geschlechtsverkehr. Stell dir das noch mal vor. Die Frauen schrieben sogar, dass sie nie beabsichtigten, ein Verbrechen zu berichten, sondern von der eifrigen schwedischen Polizei dazu „gedrängt“ wurden. Stell dir das noch einmal vor. Seitdem haben sowohl Schweden als auch Großbritannien alles getan, um Assange daran zu hindern, sich diesen Anschuldigungen zu stellen, ohne sich gleichzeitig der Auslieferung an die USA und damit einem Schauprozess mit anschließendem Leben im Gefängnis auszusetzen. Seine letzte Zuflucht war die ecuadorianische Botschaft.

In Ordnung, dachte ich, aber Assange muss doch ein Hacker sein! Aber was ich herausfand war, dass alle seine Enthüllungen frei an ihn weitergegeben worden waren, und dass niemand ihm vorwirft, auch nur einen einzigen Computer gehackt zu haben. Tatsächlich bezieht sich die einzige strittige Hacking-Anklage gegen ihn auf seinen angeblichen erfolglosen Versuch, ein Passwort zu knacken, das, wenn er erfolgreich gewesen wäre, seiner Quelle hätte helfen können, ihre Spuren zu verwischen. Kurz gesagt: eine eher isolierte, spekulative und unbedeutende Kette von Ereignissen; ein bisschen wie der Versuch, einen Fahrer zu verfolgen, der erfolglos versucht hat, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, aber scheiterte, weil sein Auto zu schwach war.

Nun denn, dachte ich, zumindest wissen wir sicher, dass Assange ein russischer Spion ist, sich in die US-Wahlen eingemischt hat und fahrlässig den Tod von Menschen verursacht hat! Aber alles, was ich herausgefunden habe, ist, dass er konsequent wahre Informationen von inhärent öffentlichem Interesse veröffentlicht hat, ohne irgendeinen Vertrauens-, Pflicht- oder Treuebruch. Ja, er hat Kriegsverbrechen, Korruption und Missbrauch aufgedeckt, aber wir sollten die nationale Sicherheit nicht mit staatlicher Straflosigkeit verwechseln. Ja, die von ihm offengelegten Fakten befähigten die US-Wähler, fundiertere Entscheidungen zu treffen, aber ist das nicht einfach Demokratie? Ja, es gibt ethische Diskussionen über die Legitimität von nicht bearbeiteten Offenlegungen. Aber wenn der tatsächliche Schaden wirklich verursacht worden wäre, warum sahen sich weder Assange noch Wikileaks jemals mit entsprechenden Strafanzeigen oder Zivilklagen auf gerechte Entschädigung konfrontiert?

Aber sicher, so fand ich mich auf der Suche nach weiteren Argumenten wieder, muss Assange ein egoistischer Narzisst sein, der durch die ecuadorianische Botschaft skatet und Fäkalien an den Wänden verschmiert? Nun, alles, was ich von den Mitarbeitern der Botschaft gehört habe, ist, dass die unvermeidlichen Unannehmlichkeiten seiner Unterkunft in ihren Büros mit gegenseitigem Respekt und Rücksicht behandelt wurden. Das änderte sich erst nach der Wahl von Präsident Moreno, als sie plötzlich angewiesen wurden, Verleumdungen gegen Assange zu finden, und wenn sie dies nicht taten, wurden sie bald ausgetauscht. Der Präsident hat es sogar auf sich genommen, die Welt mit Tratschgeschichten zu beglücken und höchstpersönlich und ohne ein ordentliches rechtsstaatliches Verfahren Assange sein Asyl und seine Staatsangehörigkeit zu entziehen.

 Am Ende dämmerte es mir schließlich, dass ich durch Propaganda geblendet worden war und dass Assange systematisch verleumdet worden war, um die Aufmerksamkeit von den Verbrechen abzulenken, die er aufgedeckt hatte. Nachdem er durch Isolation, Spott und Erniedrigung entmenschlicht worden war, wie die Hexen, die wir auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatten, war es leicht, ihm seine grundlegendsten Rechte zu entziehen, ohne die Öffentlichkeit weltweit zu empören. Und so wird durch die Hintertür unserer eigenen Gleichgültigkeit ein rechtlicher Präzedenzfall geschaffen, der in Zukunft ebenso gut auf Enthüllungen von The Guardian, der New York Times und ABC News angewendet werden kann und wird.

Nun gut, mag man sagen, aber was hat Verleumdung mit Folter zu tun? Nun, das ist ein schlüpfriger Abhang. Was in der öffentlichen Debatte vielleicht wie bloßes „mit Dreck bewerfen“ aussieht, wird schnell zu „Mobbing“, wenn es gegen die Wehrlosen eingesetzt wird, und sogar zu „Verfolgung“, wenn der Staat beteiligt ist. Fügt man jetzt noch Absicht und schweres Leiden hinzu, dann erhält man eine ausgewachsene psychologische Folter.

Ja, in einer Botschaft mit einer Katze und einem Skateboard zu leben, mag wie ein netter Deal erscheinen, wenn man dem Rest der Lügen glaubt. Aber wenn sich niemand an den Grund für den Hass erinnert, dem du ausgesetzt bist, wenn niemand die Wahrheit hören will, wenn weder die Gerichte noch die Medien die Mächtigen zur Rechenschaft ziehen, dann ist deine Zuflucht wirklich nur ein Gummiboot in einem Haifischbecken, und weder deine Katze noch dein Skateboard werden dein Leben retten.

Dennoch, so mag man sagen, warum so viel Luft auf Assange verschwenden, wenn unzählige andere weltweit gefoltert werden? Weil es hier nicht nur darum geht, Assange zu schützen, sondern auch darum, einen Präzedenzfall zu verhindern, der das Schicksal der westlichen Demokratie besiegeln könnte. Denn ist es erst einmal ein Verbrechen, die Wahrheit zu sagen, während die Mächtigen Straflosigkeit genießen, wird es zu spät sein, den Kurs zu korrigieren. Wir werden unsere Stimme der Zensur und unser Schicksal der ungezügelten Tyrannei überlassen haben.

Dieser Gastkommentar wurde dem Guardian, der The Times, der Financial Times, dem Sydney Morning Herald, dem Australian, der Canberra Times, dem Telegraph, der New York Times, der Washington Post, der Thomson Reuters Foundation und Newsweek zur Veröffentlichung angeboten.
Keiner von ihnen reagierte positiv.“6
                                              ———————–

Die verbrecherische Kumpanei von Macht und Medien kann nicht offensichtlicher sein. Immerhin brachte am 14.6.2019 „Panorama“ auf ARD eine kritische Sendung von 9 Minuten, die an die Feststellungen Prof. Melzers anknüpfte: https://www.youtube.com/watch?v=x_RP9AHv1zY

In der zwielichtigen Weltorganisation der UNO, selbst ein Instrument der Mächtigen, gibt es doch immer wieder vereinzelt Aufrechte, die den Machtpsychopaten die Stirn bieten, ihnen unerschrocken die Maske vom Gesicht ziehen und ihre verbrecherischen Machenschaften öffentlich machen. Zu diesen Verfechtern der Wahrheit gehört Prof. Nils Melzer. Ihm gebührt Hochachtung und großer Dank!
—————————————-
1   ohchr.org
2   wsws.org 4.6.19
3   Diese und weitere Zitate auf: medialens.org 20.6.2019
4   a.a.O.
5   a.a.O.
6   Quellen: medium.com; antikrieg.com

 

 

9 Kommentare zu „UN-Völkerrechtler prangert scharf die Kriminalisierung, kollektive Verfolgung und Folterung des Journalisten Julian Assange an“

  1. „Das vorherrschende Bild vom zwielichtigen ´Hacker`, ´Sexualstraftäter` und egoistischen ´Narzissten` wurde sorgfältig konstruiert, verbreitet und recycelt, um die Aufmerksamkeit von den extrem mächtigen Wahrheiten abzulenken“

    Das ist doch immer so.

    Wer sich ein offenes Bild machen will, muss zwangsläufig zurück in die Historie um den Grad der Behauptungen abschätzen zu können. Aus den Jahren 2010/2011 und der Zusammenarbeit mit dem Ehepaar Domscheit-Berg (Globalisten, wie sich später herausstellte) wissen wir, dass an allen Behauptungen ein Körnchen Wahrheit dran ist. Sonst könnte man das Narrativ auch nicht glaubhaft aufrecht erhalten. Aber genau das macht den Unterschied zu den medialen Darstellungen.

    Assange ist ein wenig selbstverliebt und exzentrisch, er lässt auch öfter mal im Umgang eine Sieben gerade sein. Attribute, die man nun nur noch mittels Medien verstärken muss und schon hat man von den eigentlichen Inhalten abgelenkt und eine verachtenswerte Person kreiert. Aufmerksame Beobachter seiner Person hätten z.B. sofort gewusst, dass der Zottelbart nicht auf eine Aktion von ihm zurückzuführen ist, denn Assange legte stets Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Es stünde auch diametral zu seinem Hang zur Selbstdarstellung, der ganz ohne Zweifel vorhanden ist, aber der Sache an sich ja nicht abträglich ist .

    Das größte Problem dieses in elitären Kreisen in Ungnade gefallenen Journalisten dürfte die psychische Verfassung sein. Es übersteigt jedenfalls mein Vorstellungsvermögen sieben Jahre in zwei Zimmern eingesperrt zu sein und die letzten Monate auch noch ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Das ist in der Tat Folter. Andererseits würde eine Freilassung zu ewiger Verfolgung und Angst vor Geheimdiensten führen. Für die wenigen Neuigkeiten von seiner Plattform, ist der Preis den er zahlt extrem hoch. Aber auch das könnte zuminst teilweise auf seine etwas exzentrische Ader zurückzuführen sein. Der Welt hat er gezeigt, dass vieles nicht so ist wie man glaubt. Ob er sich der Konsequenzen bewusst war ist zu bezweifeln.

  2. Die USA bedienen sich aus der Trickkiste um Menschen systematisch zu demoralisieren, oder Kriege anzufangen.

  3. Danke für diesen sehr wichtigen Artikel, der auch naiveren Zeitgenossen zeigen kann, wer im Westen wie das Wetter macht. Ihm ist eine weite Verbreitung zu wünschen!

  4. . . .
    Welch unendlich bewundernswürdige Willens-Leistung von Julian Assange – im Angesicht seiner britischen Folter-Knechte – seine stets aufrechte Haltung zu bewahren.

    JESUS von NAZARETH ließ man öffentlich am Kreuz bis zu seinem schnellen Tod foltern – heutige perfide Formen der Folter sind im angeblich „freien“ Westen noch perverser als damals – demnach sind unsere heutigen Regierungen im Westen in den letzten 2019 Jahren noch grausamer & krimineller geworden . . .

    Nicht ein Einziger unter den G 20, der die Courage & den Charakter hätte – für die allgemeinen Menschen-Rechte aufzustehen – wie es scheint nur noch die organisierte Kriminalität einer einzigen satanischen Bande von antisozialen Bling-Bling-Gangstern & Polit-Parasiten, die den Planeten mit krimineller Gewalt in Geisel-Haft genommen hat, um die Menschen auszupressen wie die Zitronen!

  5. . . .
    Sadismus, Folter & andere Grausamkeiten kommen aus keiner „Trickkiste“ – sie sind der klare BEWEIS für die Verbrechen der britischen Regierung – die von ALLEN westlichen Regierungen GEMEINSAM getragen & geduldet werden.

    Damals standen VIELE auf gegen die Nazi’s – heute sind die Nazi’s sehr viel stärker geworden – denn USRAEL sitzt am Steuer . . .

  6. Zitat @ Hubi Stendal:
    „Das größte Problem dieses in elitären Kreisen in Ungnade gefallenen Journalisten dürfte die psychische Verfassung sein.“

    Sehr seltsam – welche erbärmlich armseligen Unterweltgestalten – für Sie „elitäre Kreise“ darstellen . . .

    Wer Rechtsbrecher, verlogenes Gesindel, Mörder & andere Kriminelle mit „Elite“ verwechselt – der darf sich nicht wundern – wenn seine Diagnose dann auch in’s Unterirdische entgleitet . . .

    Die Psychiatrie war seit ihrer Entstehung zu keiner Zeit etwas anderes – als das auf angeblich „wissenschaftlich“ GETARNTE dreckige Werkzeug krimineller Clans – um unliebsame Kritiker & Dissidenten auf akademisch verbrāmte Art & Weise, mörderisch elegant um die Ecke zu bringen.

  7. @ Kalle Möllmann:“elitäre Kreise“

    Mein Dank an Sie für das offene Wort, Verbrecher auch beim wahren Namen zu benennen:“kriminelle Clans“.
    Es ist schon würdig, bemerkt zu werden, merkwürdig, wenn ausgerechnet dieses Gesindel als „elitäre Kreise“bezeichnet wird. Woran mag das liegen ? Reicht etwa aus, dass Kreise Geld und Macht haben, sei es gestohlenes Geld und die mit dem Diebstahl verbundene Macht, um solche Diebe als „Eliten“ zu bezeichnen ?

    Wird den Menschen etwa in den staatlichen Schulen beigebracht, Diebe als „Eliten“ zu benennen ?
    Julian Assange wird als „Verbrecher“hingestellt. Von wem denn ? Von Lügnern ? Oder von Dummköpfen ?
    Es reicht heute aus, Atomwaffen zu haben, um als „Eliten“ zu gelten, doch diejenigen, welche dafür sorgen, dass WAHRHEIT ans Licht kommt, sind die „übelsten Verbrecher“.
    Wie gross muss die ANGST vor der Wahrheit sein ?
    Manche Leute ZITTERN vor ANGST.

  8. Es ist erschütternd, wie Julian Assange behandelt wurde/wird. Offenbar soll nur noch so informiert werden dürfen, wie das Imperium es wünscht. Ich vermute, sie wollen ein Exempel statuieren.

    Und in den alternativen Medien kommt Zensur: Vor wenigen Tagen wurde der youtube-Kanal von Nuoviso gelöscht, siehe Info hier:
    https://kenfm.de/youtube-loescht-nuoviso-kanal/

  9. @Kalle Möllmann @Michael
    Zur Befriedung: Soweit ich hubi stendahl kenne, weiß er das alles auch. Den Begriff „elitäre Kreise“ hat er in seinem obigen Kommentar funktional gebraucht, ohne damit ein Qualitätsurteil abgeben zu wollen.

Kommentare sind geschlossen.