Energische transatlantische Nachhilfe für die schlappen europäischen US-Vasallen

Die transatlantische Denkfabrik „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) hat in einem „Policy-Brief“ mit dem Titel „Die Kunst der Vasallisierung: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die transatlantischen Beziehungen verändert hat“, den Europäern vorgehalten, dass sie zwar ihre sicherheitspolitische Abhängigkeit von der US-Schutzmacht anerkennen, aber zu wenig dafür tun würden. Ihr eigenes Streben nach „strategischer Autonomie“ komme nicht voran, wie der Ukraine-Krieg zeige, in dem die USA die Kriegsstrategie diktierten. Es drohe eine Vasallisierung Europas, das jedoch ein stärkerer und unabhängigerer Teil des atlantischen Bündnisses werden müsse. Diese Worte verbergen aber ganz andere Botschaften.

antispiegel.ru

Der ECFR wurde 2007 auf Initiative des im Sinne des US-Imperialismus wühlenden Milliardärs George Soros von fünfzig prominenten Persönlichkeiten gegründet, zu denen auch die deutschen Flachdenker Joschka Fischer, Cem Özdemir und Karl-Theodor zu Guttenberg gehören. Ziel des ECFR sei es, so Wikipedia, „sich für eine starke Rolle der EU in der Welt einsetzen“.
Das deutsche Büro in Berlin wurde bis Ende September 2013 von der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und wird heute von der Transatlantikerin Jana Puglierin geleitet.

Den am 4. April 2023 veröffentlichten „Policy Brief“ 1  haben Jana Puglierin und Forschungsdirektor Jeremy Shapiro verfasst. Dieser, man wundere sich nicht, war früher Sonderberater des stellvertretenden Außenministers für Europa und Eurasien im US-Außenministerium. Und die energische Handschrift amerikanischen Willens ist auch deutlich zu spüren. Den USA geht es offensichtlich darum, dass sie einerseits von den Europäern durch eine viel stärkere europäische militärische Führung in der Ukraine entlastet und andererseits von der wirtschaftlichen Macht Europas im Kampf gegen China unterstützt werden.

Dies wird eingepackt in die Aufforderung, eine eigene „strategische Autonomie“ zu entwickeln und „ein stärkerer und unabhängigerer Teil des atlantischen Bündnisses“ zu werden. Solche Formulierungen, wie auch die der „atlantischen Partnerschaft“, sind strategische Phrasen, hinter denen der unbedingte Herrschaftswille des Weltimperialisten verborgen wird. Denn selbstverständlich sind die europäischen Staaten nicht erst in der Gefahr, Vasallen der USA zu werden, sondern sie sind es bereits seit Ende des 2. Weltkrieges, wie auch immer sie von ihrem Lehnsherrn schmeichelnd genannt werden.

Das hat der führende US-Geostratege Zbigniew Brzezinski 1997 unmissverständlich klargestellt:
Tatsache ist schlicht und einfach, dass Westeuropa und zunehmend auch Mitteleuropa weitgehend ein amerikanisches Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern.“ 2

Doch dies wird durch ein spezifisches Herrschaftssystem kaschiert. Das moderne amerikanische Imperium ist anders als frühere Imperien nicht durch ständige Ausübung von Macht oder Androhung von Gewalt hierarchisch organisiert – natürlich steht die militärische Präsenz immer mahnend im Hintergrund – aber die Herrschaft wird, wie Brzezinski es ausdrückt, durch ein globales Ordnungssystem gesichert:
„Amerika steht im Mittelpunkt eines ineinander greifenden Universums, in dem die Macht durch dauerndes Verhandeln, im Dialog, durch Diffusion  und dem Streben nach offiziellem Konsens ausgeübt wird, selbst wenn diese Macht letztlich von einer einzigen Quelle, nämlich Washington DC, ausgeht. Das ist auch der Ort, wo sich der Machtpoker abspielt, und zwar nach amerikanischen Regeln.“ 3

Ein offizielles ausgeklügeltes Bündnissystem mit den abhängigen Staaten bildet den idealen Rahmen „für die Ausübung der indirekten und scheinbar konsensbestimmten Hegemonie der Vereinigten Staaten. …Amerikas Ordnungssystem stellt stärker auf die Methode der Einbindung (wie im Fall der besiegten Gegner Deutschland und Japan und in jüngster Zeit sogar Russland) als die früheren Großmächte. Ebenso stark setzt es auf die indirekte Einflussnahme auf abhängige ausländische Eliten.“ 4

Also ein wesentliches Element der indirekten Herrschaft ist die Einflussnahme auf die ausländischen Eliten in Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur, d. h. ihre psychische und karrierefördernde Abhängigkeit, ihre moralische Prostitution.

Die militärisch oder wirtschaftlich unterworfenen Staaten werden „Alliierte“ oder „Partner“ genannt, mit denen man ein gemeinsames Vorgehen „aushandelt“ – so wird es vor allem der Bevölkerung und den unteren naiven Politikern vorgegaukelt – in Wahrheit sind sie Vasallen, die letztlich zu gehorchen haben.

Dieses Muster sehen wir auch in dem „Policy-Brief“ des ECFR, in dem sogar scheinheilig vor einer „Vasallisierung“ Europas gewarnt und zu einer größeren Unabhängigkeit von Amerika aufgefordert wird, was aber den Vasallenstatus nur kaschieren soll. Denn der macht ja für das angebliche demokratische Vorzeige-Land in der Weltöffentlichkeit keinen guten Eindruck.

Norbert Häring, der sich auf seinem Blog mit dem „Policy-Brief“ auseinandersetzt 5, lässt sich nicht täuschen und interpretiert daher den Text „als Drohbrief des US-Außenministeriums an die Europäer“, dessen Botschaft es zu „dechiffrieren“ gelte. Treffend fasst er die Botschaft wie folgt zusammen:

„Die Europäer können sich nicht selbst verteidigen und verlassen sich auf die USA. Dafür geben sie Vasallengehorsam. Die USA werten die passive Haltung der Europäer zunehmend als Dienst nach Vorschrift. Die US-Regierung findet es zu anstrengend und zu wenig ertragreich, Dutzenden europäischer Staaten, die mehr oder weniger widerwillig gehorchen, zu sagen, wo es langgeht.
Deshalb die Drohung: Anders als im kalten Krieg ist ein prosperierendes Europa als Puffer gegen Russland für die USA nicht mehr wichtig. Umso wichtiger, und durch China in Frage gestellt, ist die ökonomische Vormachtstellung der USA in der Welt. Wenn die Europäer ihre wirtschaftliche Macht nicht einsetzen, um die US-Regierung aktiv in der Konkurrenz mit China zu unterstützten und ihr dafür durch größeres militärisches Engagement gegenüber Russland den Rücken freizuhalten, dann wird die US-Regierung zum eigenen Vorteil Europa die Basis seiner wirtschaftliche Stärke wegnehmen.“

Bei größerem Wohlverhalten werde Europa in Aussicht gestellt, dass es für die USA wichtig bleibe und nicht weiter ausgeplündert werde.

Dies wird in folgenden Zitaten aus dem „Policy Brief“ deutlich.

Ausgangslage

„Die Nationen Europas sind derzeit nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen, und so haben sie keine andere Wahl, als sich in einer Krise auf die USA zu verlassen.“
Als besonders schwach unter den europäischen Politikern wird Bundeskanzler Olaf Scholz herausgestellt:

„Wie ein verängstigtes Kind in einem Raum voller Fremder fühlte sich Deutschland allein, wenn Uncle Sam nicht seine Hand hielt.“

„Seit der Finanzkrise 2008 sind die USA im Vergleich zu ihren europäischen Verbündeten immer mächtiger geworden. Das transatlantische Verhältnis ist nicht ausgeglichener, sondern stärker von den USA dominiert worden. Die mangelnde Handlungsfähigkeit der Europäer in der Russland-Ukraine-Krise rührt von diesem wachsenden Machtungleichgewicht im westlichen Bündnis her.“
Den Europäern sei es nicht gelungen
, „einen Konsens darüber zu erzielen, wie mehr strategische Souveränität überhaupt aussehen sollte, wie sie sich dafür organisieren, wer ihre Entscheidungsträger in einer Krise wären und wie sie die Kosten verteilen sollen. Noch gravierender ist, dass sich die Nationen Europas nicht einig sind, was zu tun ist, und sich gegenseitig nicht genug vertrauen, um in diesen Fragen Kompromisse zu finden. In diesem Zusammenhang können die Europäer nicht wissen, was sie mit größerer Autonomie tun würden oder wie sie sich von Amerika unterscheiden könnten, weil sie keinen Prozess oder keine Fähigkeit haben, über ihre eigene Politik zu entscheiden. Die amerikanische Führung in Europa bleibt notwendig, weil die Europäer nach wie vor nicht in der Lage sind, sich selbst zu führen.“

Das ist in dem Sinne gemeint, dass die Europäer sich enger zusammenschließen und gemeinsam selbstbewusste, überzeugte Vertreter der politischen und militärischen Interessen der USA sein müssten. –
Doch zeigt es auch ungewollt die Notwendigkeit der europäischen Völker auf, eine vollständige Unabhängigkeit vom Weltimperialisten zu erreichen und die eigenen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Interessen zu vertreten, was nur dadurch möglich ist, dass sie sowohl zum Westen als auch zu den Ländern des Ostens friedliche Beziehungen pflegen und so eine ausgleichende, vermittelnde Rolle zwischen Ost und West einnehmen.
Aber gerade das wollen die imperialistischen USA und die von ihnen gesteuerten transatlantischen „Think-Tanks“ mit allen Mitteln verhindern.

Nun wird Europa in dem Text vorgehalten, dass es in den letzten Jahren gegenüber den USA auf allen Gebieten ins Hintertreffen geraten seien:

„Die wachsende Dominanz der USA innerhalb des atlantischen Bündnisses zeigt sich in praktisch allen Bereichen nationaler Stärke. Gemessen am BIP sind die USA in den letzten 15 Jahren dramatisch über die EU und das Vereinigte Königreich hinausgewachsen. (…)
Auch die technologische Dominanz der USA in Europa hat zugenommen. Die großen US-Technologieunternehmen – die „Big Five“ von Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook) und Microsoft – stehen nun kurz davor, die Tech-Landschaft in Europa zu dominieren, wie sie es in den USA tun. (…)

Seit 2008 haben auch die Europäer im Vergleich zu den USA einen dramatischen Verlust an militärischer Macht erlitten. Der Anstieg der europäischen Militärausgaben nach der russischen Invasion in der Ukraine 2014 verschleiert diesen Trend manchmal. Aber natürlich ist jede Macht relativ: Da die Militärausgaben in Europa wesentlich weniger gestiegen sind als die der USA, sind sie weiter zurückgefallen. Zwischen 2008 und 2021 stiegen die US-Militärausgaben von 656 Milliarden US-Dollar auf 801 Milliarden US-Dollar. Im gleichen Zeitraum stiegen die Militärausgaben der EU27 und des Vereinigten Königreichs nur von 303 Milliarden Dollar auf 325 Milliarden Dollar. Schlimmer noch: Die Ausgaben der USA für neue Verteidigungstechnologien sind nach wie vor mehr als siebenmal so hoch wie die aller EU-Mitgliedstaaten zusammen.“

Folgen der Schwäche 

Die russische Invasion in der Ukraine im Februar 2022 fiel somit in einen Moment großer geopolitischer Schwäche Europas. (…)
Und so haben die USA alle EU-Mitgliedstaaten zusammen bei der Bereitstellung militärischer und humanitärer Hilfe für die Ukraine überholt und sich auch bereit erklärt, viele der Waffensysteme aufzufüllen, die diese Verbündeten der Ukraine zur Verfügung gestellt haben. In nur wenigen Monaten stieg die Zahl der US-Truppen in Europa von einem historischen Tiefstand der Nachkriegszeit von rund 65.000 auf 100.000. Auf dem NATO-Gipfel im Juni 2022 kündigte Biden an, dass die USA ihre Truppenpräsenz in Europa weiter ausbauen werden, einschließlich erheblicher neuer Streitkräfte und Hauptquartiere in Polen, Rumänien und den baltischen Staaten.

Natürlich leisten viele europäische Länder und die EU-Institutionen wichtige Beiträge und leisten wichtige Hilfe für die Ukraine. (…) Aber insgesamt sind ihre Anstrengungen viel bescheidener als die der USA. (…) … bei der amerikanischen Führung geht es um mehr als nur Ressourcen. Die USA haben sich als notwendig erwiesen, um die westliche Reaktion auf die russische Invasion zu organisieren und zu vereinheitlichen. (…) In der Tat ist es schwierig, einen politischen Entscheidungsträger oder Experten auf beiden Seiten des Atlantiks zu finden, der glaubt, dass es einen anderen Weg gab, eine einheitliche und energische Reaktion auf die russische Invasion zu organisieren.
Aus diesen Gründen kehren die Mitglieder des transatlantischen Bündnisses zu ihren Gewohnheiten des Kalten Krieges zurück, in denen die Amerikaner führen, während die Europäer entweder von hinten drängen oder einfach folgen. Auf beiden Seiten des Atlantiks gibt es wenig Appetit auf unabhängige europäische Bemühungen, selbst bei Themen wie dem Handel zwischen den USA und der EU, die früher als außerhalb des Sicherheitsbereichs betrachtet wurden.“

Es wird also ganz das konfrontative Ost-West-Bild vom bösen, imperialistischen Russen gemalt, gegen den man zusammenstehen und sich gemeinsam verteidigen müsse. Das würden nur die USA voll durchschauen und am entschiedensten die notwendigen Abwehrmaßnahmen ergreifen und für die halbherzigen, zerstrittenen Europäer auch in deren Interesse eine Verteidigungsstrategie organisieren.

Dabei geht die imperialistische Aggression, was diese transatlantische „Lügenfabrik“ (ECFR) natürlich weiß, eindeutig von den USA aus. Sie will also mit Lügen die Europäer auf Vordermann bringen und noch strammer in den weltzerstörerischen Geoimperialismus der USA einspannen. Siehe dazu:
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2022/05/06/die-usa-haben-die-russische-militaroperation-bewusst-provoziert-blicke-hinter-die-medialen-kulissen/

https://fassadenkratzer.wordpress.com/2022/11/21/krieg-der-usa-gegen-russland-von-langer-hand-geplant/

Drohung

„Die USA und ihre europäischen Partner mögen zu ihren Bündnisgewohnheiten des Kalten Krieges zurückgekehrt sein, aber natürlich ist die aktuelle geopolitische Situation ganz anders als während des Kalten Krieges. Europa war damals die zentrale Front im Kampf gegen die Sowjetunion, und die Strategie der USA hing vor allem in der Anfangszeit davon ab, Westeuropa sowohl wirtschaftlich als auch militärisch wieder aufzubauen, damit es der Herausforderung aus dem Osten standhalten konnte. Dementsprechend haben die USA ihre dominante Sicherheitsrolle nie (oder zumindest nur selten) zum wirtschaftlichen Vorteil im Inland genutzt. Im Gegenteil, die USA ließen zu, dass ihr massiver Handelsüberschuss der Nachkriegszeit erodierte, und wurden zum bevorzugten Exportmarkt für die sich erholenden Nationen Europas. Die Nationen Westeuropas gediehen unter dem Sicherheitsschirm der USA. (…)

Der Kampf mit China im 21. Jahrhundert sieht ganz anders aus. Europa ist nicht die zentrale Front, und sein Wohlstand und seine militärische Stärke stehen nicht im Mittelpunkt der US-Strategie. (…)
Die USA unter Biden haben bewusst eine strategische Industriepolitik verfolgt, die auf amerikanische Reindustrialisierung und technologische Dominanz gegenüber China abzielt. (…) 
Konzeptionell haben die europäischen Verbündeten eine Rolle in diesem geoökonomischen Kampf mit China, aber es geht nicht, wie im Kalten Krieg, darum, reich zu werden und zur militärischen Verteidigung der Zentralfront beizutragen. Im Gegenteil, ihre Schlüsselrolle aus US-Sicht besteht darin, die strategische Industriepolitik der USA zu unterstützen und dazu beizutragen, die amerikanische technologische Dominanz gegenüber China zu sichern. Sie können dies tun, indem sie sich der US-Industriepolitik beugen und ihre Wirtschaftsbeziehungen zu China nach amerikanischen Konzepten strategischer Technologien umschreiben.

Wichtig ist, dass es in diesem neuen geoökonomischen Kampf mit China keine rein wirtschaftlichen Fragen geben wird. Der technologische und wirtschaftliche Charakter des Konflikts mit China bedeutet, dass die USA fast jeden internationalen Streit für sicherheitsrelevant erklären können und werden. (…)
Da diese Maßnahmen das Potenzial haben, das Wirtschaftswachstum in Europa zu verringern, eine (weitere) De-Industrialisierung zu bewirken oder sogar den Europäern eine beherrschende Stellung in den Schlüsselindustrien der Zukunft zu verwehren, könnte man erwarten, dass sie in der gesamten EU auf ernsthaften Widerstand stoßen. Und bis zu einem gewissen Grad haben sie das auch. …“

Hier wird ganz offen beschrieben, so bringt es Norbert Häring auf den Punkt, wie die USA sich re-industrialisieren werden, indem sie Europa de-industrialisieren.

Was die Europäer tun müssen

Doch noch besteht die Möglichkeit, dass sich die europäischen Vasallen, die keine sein und auch keine werden sollen, ihrem Lehnsherrn wieder gewogen machen: wenn sie sich in scheinbarer Unabhängigkeit mit vollem Einsatz der Unterstützung seiner weltweiten Machtinteressen verschreiben.

Vasallisierung ist keine kluge Politik für die kommende Ära des intensiven geopolitischen Wettbewerbs – weder für die USA noch für Europa. Das Bündnis mit den USA bleibt für die europäische Sicherheit von entscheidender Bedeutung, aber wenn man sich beim wichtigsten Element der Souveränität voll und ganz auf ein abgelenktes und nach innen gerichtetes Amerika verlässt, werden die Nationen Europas dazu verdammt, bestenfalls geopolitisch irrelevant und schlimmstenfalls zum Spielball der Supermächte zu werden. Um ihre eigenen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen schützen zu können, die sich zuweilen von denen der USA unterscheiden, müssen die Europäer ausgewogenere transatlantische Beziehungen aufbauen.

Darüber hinaus wird die Vasallisierung letztlich nicht dazu beitragen, dass sich die USA in Europa engagieren. Washington hat oft und lautstark größere europäische Beiträge zu den gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen gefordert. Auch wenn viele US-Maßnahmen die Vasallisierung fördern, wissen die meisten US-Politiker nach der Erfahrung der Autoren, dass sie einen starken europäischen Partner für den kommenden geopolitischen Wettbewerb brauchen. Sie wissen, dass ein solcher Partner unabhängiger wäre und dass diese Unabhängigkeit, auch wenn sie in bestimmten Fragen nicht immer willkommen ist, eine viel geringere Bedrohung für eine funktionierende Partnerschaft darstellt als zunehmend schwache und irrelevante europäische Partner. Letztlich wird das amerikanische Engagement in Europa nur dann Bestand haben, wenn die USA glauben, von ihren Partnern etwas zu gewinnen. Dies erfordert eine ausgewogenere Partnerschaft, nicht eine stärkere Vasallisierung.“

Dann folgen im Text fett gedruckte konkrete Forderungen, wie die Europäer die transatlantischen Beziehungen wieder ins Gleichgewicht bringen können:

  • „Aufbau einer unabhängigen Kapazität zur Unterstützung der Ukraine in einem langen Krieg.
  • Verstärkte Entsendung westeuropäischer Streitkräfte in den Osten, die in einigen Fällen die US-Streitkräfte ersetzen könnten.
  • Stärkung der europäischen militärischen Fähigkeiten und der Fähigkeit, sowohl innerhalb als auch außerhalb der NATO eigenständig zu handeln.
  • Die Bereitschaft signalisieren, dass die USA, die EU und das Vereinigte Königreich eine geoökonomische NATO bilden. Ziel eines solchen Forums wäre es, eine gemeinsame strategische Wirtschaftspolitik der USA und Europas gegenüber China zu entwickeln, die sowohl effektiver wäre als auch die Vasallisierung verringern würde.
  • Schaffung einer besonderen Verteidigungspartnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.
  • Erwägung einer europäischen nuklearen Abschreckung.“

Das kann man nur als Wahnsinn und den endgültigen Untergang Europas bezeichnen. Europas Zukunft, insbesondere Mitteleuropas, liegt in der Entfaltung kultureller Beziehungen, dem eigentlichen, primären Lebenselement des Menschseins, mit Ost und West. Und dieses ist von Natur aus nicht auf Konfrontation, sondern auf Verständigung und friedlichen Ausgleich gerichtet.

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1   ecfr.eu 4.4.203
2   Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht, Fischer TB, 2000, S. 92
3   a.a.O., S. 49-50,
vgl. auch: Europa – geostrategischer Brückenkopf …
4   Brzezinski: a.a.O., S. 48, 45
5   https://norberthaering.de/news/ecfr-vasallen/