Der Sozialstaat – Hilfsorganisation wirtschaftlicher Ausbeutung

Im Jahr 2014 wurden nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales insgesamt rund 849 Mrd. Euro für soziale Leistungen ausgegeben, wobei davon auf die staatlichen Sozialversicherungs-, Förder- und Fürsorgesysteme 675 Mrd. entfielen. Das Verhältnis dieser Sozialleistungen zum Bruttoinlandsprodukt von 2.903 Mrd. betrug damit 23,3 Prozent.1 Die Existenz eines inzwischen so gewaltig aufgeblähten Sozialstaates belegt das soziale Grundübel unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems: dass die meisten Menschen ein Einkommen erhalten, das insgesamt zum Leben und zur eigenständigen Vorsorge für Notlagen bei weitem nicht ausreicht. Sie werden zugunsten des Profits der Unternehmenseigentümer ausgebeutet. Freerk Huisken schreibt treffend,

dass kapitalistische Betriebe massenhaft, unablässig, also mit Notwendigkeit ihre Arbeitskräfte immer wieder in diverse existenzielle Notlagen bringen“, die diese „vermittels ihres Verdienstes … nicht bewältigen können.“ Und „ immer dann, wenn der Kapitaleigner ihre Arbeit für unbrauchbar erklärt, sind sie auf die Hilfe des Sozialstaats angewiesen. Mit dem Lohn kann der einzelne Arbeiter also nur in jenen Perioden des Arbeiterlebens seinen Lebensunterhalt finanzieren, in denen er ihn verdient. Kaum verdient er nichts, hat er nichts. Der Sozialstaat offenbart folglich ein Armutszeugnis über den Lohn: Der Mensch, der hierzulande auf Lohnarbeit angewiesen, der sich in Fabrik und Büro abplagt, erfährt, dass der Lohn, den er dafür erhält, fürs Leben insgesamt gerade nicht reicht.“ 2

Diese Tatsachen führen nicht dazu, dass die Politik anstreben würde, an die Ursachen zu gehen. Auch die linken Parteien und die Gewerkschaften, von Einzelpersönlichkeiten wie Sarah Wagenknecht abgesehen, kämpfen allenfalls nur für moderate Lohnerhöhungen und gegen drohenden Abbau des Sozialstaates. Nachdem die politisch-ökonomische Diskussion in Deutschland“, bemerkt Albrecht Goeschel, „vor allem nach den sogenannten Hartz-IV-Reformen fast gänzlich auf die Themen ´Armut´ und ´Ungleichheit´ zusammengeschrumpft ist, gibt es keine nennenswerten Stimmen mehr gegen eine weitere Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse.“ 3 Diese seien aus den Analysen getilgt. Der Sozialstaat sei jetzt „Systemelement des Weltkapitalismus“.

Der Staat schont die Verursacher der Notlagen der Abhängig-Beschäftigten, die Eigner der kapitalistischen Betriebe, und zieht sie nicht zur Verantwortung. Mit dem Aufziehen eines Sozialstaats als staatliche Notfallverwaltung großen Stils geht es allein darum, „die Folgen und Auswirkungen kapitalistischer Benutzung von Arbeitern ´abzufedern´ und ´abzumildern´“. Der Sozialstaat fühlt sich als der barmherzige Samariter, der hinter dem Zug der offenbar nicht zu ändernden profitorientierten Kampfgesellschaft herfährt und die Zurückbleibenden aufliest. Man hält das für einen notwendig vom Staat durchzuführenden sozialen Ausgleich. Mit dem Sozialstaat als Normalfall des kapitalistischen Arbeitsalltages wird so gleichsam die Ausbeutung des Arbeitnehmers normalisiert und „ins Recht gesetzt“.2

Die Finanzierung des Sozialstaats

Dabei werden die sozialen Hilfs-Gelder, die den Lohn zurückwirkend wieder niedrig halten und den Profit der Kapitaleigner steigern, weder von diesen unmittelbar, noch über Steuern direkt eingezogen. Aufbringen müssen sie vielmehr primär die Arbeitnehmer, also die Geschädigten selbst. Das ist noch die besondere Infamie des Systems. „Im Sozialversicherungsstaat finanziert die Lohnarbeit ihre laufende Verbilligung selbst.“ 3  Zwangsweise wird vom meist sowieso zu geringen Lohn ein hoher Prozentsatz von inzwischen bis zu 40 % eingezogen. Durch die Bindung der Sozialabgaben an die Höhe des kargen Lohns kommt natürlich viel zu wenig in die Sozialkassen, so dass in den Notfällen auch nur spärliche Auszahlungen erfolgen. Vom geringen Lohn wird auch der Arbeitgeberanteil berechnet, den dieser natürlich insgesamt seinen Lohn-„Kosten“ zuschlägt. Für den Arbeiter ist viel, was er einzahlen muss, und was er im Notfall erhält, ist wenig. Das brachte der ehemalige Richter am Landessozialgericht Hessen Dr. Jürgen Borchert in das drastische Bild: „Der Staat treibt den Familien über Sozialbeiträge und Steuern die Sau vom Hof und gibt ihnen in Gönnerpose bei Wohlverhalten ein Kotelett zurück.“ 4

Und F. Huisken rechnet durch:

„Das ist schon paradox: Der Lohn, der beim einzelnen Arbeitsmenschen nicht ausreicht, um sich in den periodischen Notfällen über Wasser zu halten, soll zusammen mit allen anderen Löhnen, also als Gesamtlohn der Lohnbezieher ausreichen! Ob das geht, ist nicht die Frage. Die Armutsverwalter des Sozialstaats haben dafür zu sorgen, dass es geht. Und so verteilen sie nur den Mangel, der Lohnarbeit auszeichnet, eifrig zwischen allen Versicherungspflichtigen um. Mit seinem Versicherungssystem zwingt der kapitalistische Staat folglich die Arbeiter dazu, selbst untereinander und gegenseitig die Haftung für jene Notlagen zu übernehmen, die das Kapital regelmäßig an ihnen herstellt.“ 2

Seit 1960 hat sich das Sozialbudget im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (BNE) (bis 1999 Bruttosozialprodukt genannt) beinahe verdreifacht, schreibt Albrecht Goeschel, das BNE selbst sei aber deutlich weniger gestiegen. Vor allem aber seien die Nettolöhne im Verhältnis zum BNE drastisch gesunken. Was ja nur möglich ist, wenn die Kapitaleinkünfte entsprechend angestiegen sind. „Es gibt eine Kurvenschere zwischen steigender Wirtschaftsleistung – und das ist am Ende immer Arbeitsleistung – und sinkender Entlohnung. Eben in dieser sich öffnenden Schere ist das so enorm angewachsene Sozialbudget angesiedelt. Es ist dazu da, das Sinken der Nettolöhne und das Steigen der Gewinne und Abschreibungen zu subventionieren. Das ist der politisch-ökonomische Sinn des ´Aufstockens´, d. h. von Kombilöhnen und Kombirenten.“ 3

Die Würde des Menschen wird außer Kraft gesetzt

Die Arbeitnehmer stehen in einem existenziellen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber, der als Eigentümer der Herr des Produktionsprozesses ist. Da er diesen aber nicht alleine bewerkstelligen kann, braucht er viele spezialisierte Menschen, die die Arbeit in den einzelnen, miteinander verzahnten Abschnitten des Produktionsablaufes leisten. Als Nichteigentümer kommen sie jedoch von vorneherein zum Eigentümer in die Rolle von untergebenen Hilfskräften, die nicht am Unternehmen beteiligt sind, sondern dem Eigentümer nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen können, die dieser für seine Interessen einsetzt. Sie sind für ihn ebenfalls Produktionsfaktoren, die kostengünstig gekauft und dem Produktionsprozess eingefügt werden, um einen möglichst hohen Gewinn für sich zu erzielen.

Damit wird die Arbeitskraft, d. h. aber der Mensch, zwangsläufig ebenfalls zur Ware, die auf dem „Arbeitsmarkt“ für einen niedrigen Preis, den Lohn, gekauft und verkauft wird. „Der Kapitalismus ist die Macht geworden, die noch einem Rest des Menschenwesens den Charakter der Ware aufdrückt: die Arbeitskraft“, formulierte 1919 eindringlich der Anthroposoph Rudolf Steiner.5 Im abhängigen Lohnverhältnis hat sich noch eine moderne Form entwürdigenden Sklaventums erhalten.

Dies nimmt in den zahlreichen Fällen der Arbeitslosigkeit noch viel schlimmere Formen an. Der Arbeitslose muss bereit sein, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, um den Staat wieder von seiner Zahlungspflicht zu entlasten. Zumutbar ist einem Arbeitsfähigen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) grundsätzlich jede Arbeit, gleichgültig, welche Ausbildung und Qualifikation er hat und in welchem Beruf er früher tätig war. Das bedeutet: Der Mensch wird nur als Zahl, als Quantität behandelt, seine Individualität in ihrer besonderen Qualität wird nivelliert, seine Biographie entwertet.

In der Arbeit entfalten sich der Mensch mit seinen Anlagen, Begabungen und Fähigkeiten. Dies macht das aus, was Art. 2 des Grundgesetzes „die freie Entfaltung der Persönlichkeit“ nennt. Wird dem Menschen die freie Wahl der Arbeit genommen, bedeutet dies ein Zurückstauen und Ablähmen des inneren Menschen, der Persönlichkeit. Ihre Würde wird damit tief verletzt. Da klingt es wie ein Hohn, wenn das SGB II in § 1 mit dem Satz beginnt: „Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.“

Weigert sich ein Arbeitsfähiger, eine angebotene Arbeit anzunehmen, wird er durch Sanktionen, d. h. durch Kürzungen der Zahlungen dazu gezwungen, da ihm damit Obdachlosigkeit und existenzielle Not drohen. Der Mensch wird entwürdigend wie ein Sklave unter einen fremden Willen gezwungen. Er wird zur Zwangsarbeit verpflichtet. Damit werden noch die weiteren konkretisierenden  Freiheitsrechte des Art. 12 des Grundgesetzes, die freie Berufswahl und das nach den Erfahrungen der Nazizeit aufgenommene ausdrückliche Verbot der Zwangsarbeit unmittelbar verletzt.6

Vorhaltung billigen Arbeitsmaterials

Der Sozialstaat ist keine caritative Einrichtung für die in Not geratenen Arbeiter. Sein Zwang zur schnellstmöglichen Wiedereingliederung in den kapitalistischen Arbeitsprozess, und sei der Sklavendienst gegen vorher noch so stupide und untergeordnet,  

„sorgt dafür, dass es den Betrieben auch in Zeiten guter Konjunkturen nie an willigem und billigem Arbeitsmaterial fehlt. Die einkommensabhängigen Klienten des Sozialstaats bilden nicht nur die ´Reservearmee´ (Marx), die genötigt ist, die nächstbeste Arbeit anzunehmen. Selbst im Wartestand erfüllen sie für die Unternehmerklasse noch einen Dienst: Als Unbeschäftigte drücken sie permanent auf den Lohn der Beschäftigten, was Kapitalisten weidlich auszunutzen pflegen.“ 2

Nur die seelisch und körperlich Robustesten halten dem Druck stand, der von den laufend eingesparten Personalkosten, den damit verbundenen erhöhten Belastungen und der Angst, auch entlassen zu werden, auf die Verbleibenden ausgeübt wird. So bringt das kapitalistische System eine immer größere Masse an Notfällen aller Art hervor. Dies hat zwei voneinander abhängige Konsequenzen:

„Einerseits wächst damit der Finanzbedarf der sozialen Sicherungssysteme für alle Hilfsleistungen; andererseits werden aber aus demselben Grund die Beitragszahlungen geringer. Immer verhält es sich so, dass der Sozialstaat gerade in Zeiten des erhöhten Finanzbedarfs nur einen geschrumpften Gesamtlohn zur Ausplünderung vorfindet. Dann verstehen sich die bekannten und wenig gemütlichen Konsequenzen von selbst: Mehr abkassieren und/oder weniger auszahlen! Verwundern kann das nicht, wo der Sozialstaatstopf eben als die abhängige Variable des vom Kapital gezahlten Gesamtlohns etabliert ist.“ 2

Steigt die Zahl der Arbeitslosen immer mehr an, werden die meisten dieser Arbeitskraftreserve gar nicht mehr gebraucht; sie werden zur Dauerbelastung des sozialstaatlichen Hilfssystems, das über die Abzüge vom Gesamtlohn der noch Arbeitenden nicht mehr zu finanzieren ist und mit Steuern unterstützt werden muss. Dann kommt die Arbeiterklasse den Sozialstaat zu teuer.

„So werden ´alte, erkämpfte Besitzstände´ gnadenlos zusammengekürzt. Das schafft zwar jede Menge Menschenschrott, der aber in Kauf genommen und ordnungspolitisch betreut wird. – Zugleich wird die Massenarbeitslosigkeit von Politik und Unternehmerschaft einer neuen Deutung unterzogen. Wenn vermehrt Arbeitslose anfallen, dann – so schließen sie messerscharf – ist die Arbeit eben fürs Kapital zu teuer und muss billiger gemacht werden. So lässt sich der „Sozialabbau“ als eine einzige Offensive zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen verkaufen. … Munter wird auch noch an jenen Teilen des Lohns herumgekürzt, die Lohnnebenkosten heißen.“ 2

Selbstbestimmte Individualität und Eigentum

Die wesentliche Wirkung des Sozialstaats ist das Außerkraftsetzen des eigenen Willens des Menschen, seine Existenz selbst zu sichern. „Eine von einer anonymen Obrigkeit verfügte oder gegebene Lebenssicherung macht unmittelbar den Einzelwillen abhängig vom „Willen“ des anonymen Staates und lähmt ihn, indem sie ihn in den ´Status eines Abhängigen, also des Mündels in einem vormundschaftlichen Staat´ (Rolf Henrich) versetzt.“ 7 Genauer gefasst, unterstützt und ergänzt der scheindemokratische Obrigkeitsstaat das Abhängigkeitsverhältnis im Arbeitsprozess, in das er zudem selbst durch seine Gesetze die große Mehrheit gebracht hat. Es ist im Grunde ein zweigleisiger Kampf der herrschenden Cliquen gegen die freie Individualität und ihre selbstbestimmte Entfaltung, die angeblich Sinn und Ziel der Demokratie sein soll.

Gesetzliche Grundlage des wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses ist das Eigentumsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, das undifferenziert privates Eigentum an allen beweglichen und unbeweglichen Sachen erlaubt. Privates Eigentum an einem Wirtschaftsunternehmen bedeutet aber, wie oben aufgezeigt, eine Machtstellung über viele andere Menschen, die als Nichteigentümer in eine existenzielle Abhängigkeit versetzt werden. Der eigentliche Sinn des Privateigentums ist, die äußere Existenz des Menschen mit materiellen Gegenständen zu sichern, die er zu seinem privaten, persönlichen Leben brauchen und verbrauchen kann und über die er deshalb auch ein unbegrenztes Verfügungsrecht haben muss. Dieses Privateigentum unterstützt so die Entwicklung zur in sich geschlossenen Persönlichkeit, die sich insofern von den anderen abschließt, behauptet und notwendig egozentrisch auf den eigenen Vorteil bedacht ist.

Ein Wirtschaftsunternehmen ist jedoch keine Sache, die dem privaten Gebrauch und Verbrauch des Eigentümers, sondern gemeinsam mit notwendigen Mitarbeitern der Bedürfnisbefriedigung vieler anderer Menschen dient. Es hat also eine soziale, gesellschaftliche Aufgabe, und die unbegrenzte Verfügung über Produktionsmittel, Finanzkapital und Gewinn oder gar der Verkauf des ganzen Unternehmens hat enorme soziale Auswirkungen für andere Menschen.8

Diese Unterscheidung ist eigentlich im Grundgesetz bereits veranlagt, wo es in Art. 14 heißt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Auch Sarah Wagenknecht knüpft in ihrem empfehlenswerten Buch „Reichtum ohne Gier“ daran an und zitiert aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1979 die Sätze: „Soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht, genießt dieses einen besonders ausgeprägten Schutz. … Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zu Inhalts- und Schrankenbestimmungen umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht.“ 9

„Es gibt also“, setzt Sarah Wagenknecht den Gedanken fort, „einen Unterschied zwischen persönlichem Eigentum und dessen Schutz als individuellem Freiheitsrecht und Eigentumsobjekten in sozialen Bezügen, die die Freiheitsrechte sehr vieler Menschen berühren. … Das Eigentumsrecht sollte also den privaten Lebensbereich schützen, nicht aber gesellschaftliche Machtstellungen. Es sollte zu Anstrengung, Kreativität und Leistung motivieren, aber kein Instrument der Bereicherung zulasten anderer sein.“ 10

Neue Formen sozialen Eigentums

Es müssen soziale Formen des Eigentums am Wirtschaftsunternehmen entwickelt werden, die alle Mitarbeitenden rechtlich auf eine gleiche Ebene stellen und Abhängigkeitsverhältnisse ausschließen. Die Produktion der Waren erfolgt ja durch das Zusammenwirken aller. Und der im Verkauf erzielte Gegenwert der von allen gemeinsam produzierten Waren muss die Grundlage für das Einkommen jedes Betriebsangehörigen bilden. Aus dem Produkterlös steht jedem, einschließlich des Leitenden, ein Anteil zu. Als Maßstab für die Höhe des Einkommens werden einerseits die Bedürfnisse zu gelten haben, die jeder aufgrund seiner persönlichen und familiären Situation hat und zum anderen das Maß der Verantwortung, welche die einzelnen Arbeiten erfordern. Das Einkommen ist für den persönlichen Verbrauch bestimmt. Es wird Privateigentum für den Konsum zur individuellen Lebenssicherung. Das schließt für den Unternehmensleiter aus, dass er darüber hinaus noch einen einseitigen Anspruch auf den Reingewinn geltend machen könnte.11

Wäre der Staat wirklich sozial, sorgte er für die Beseitigung der zentralen unsozialen Eigentums-Privilegien, und was heute „Sozialstaat“ genannt wird, fiele als weitgehend überflüssig in sich zusammen.12
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1   Bundesministerium für Arbeit und Soziales
2   F. Huisken: Der Sozialstaat: Nichts als kapitalistische Mangelverwaltung
3   Albrecht Goeschel: Der Sozialstaat: giftige Frucht des Kapitalismus
4   http://de.wikimannia.org/J%C3%BCrgen_Borchert
5   Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage, Dornach 1961, S. 53
6   Siehe näher: Das Hartz auf dem rechten Fleck
7   Werner Kufuss in GEGENWART 3/2016, S. 53
8   Vgl.: Die ungebändigte Macht des Kapitals
9   Sarah Wagenknecht: Reichtum ohne Gier, Frankfurt/M 2016, S. 248 f.
10   a. a. O. S. 249, 253
11   Vgl.: Kapitalmacht und Lohnsklaverei
12   Siehe auch.: Der Sozialstaat – Feigenblatt des staatlichen sozialen Unrechts

 

 

 

                                                           

 

 

 

 

 

38 Kommentare zu „Der Sozialstaat – Hilfsorganisation wirtschaftlicher Ausbeutung“

  1. Warum sollte ein Unternehmenseigentümer dafür verantwortlich sein, dass jemand keinen Job hat? Niemand schuldet anderen einen Job. Oder was ist mit den Produktionsmitteln. Wenn jemand eingestellt wird und damit arbeitet, warum sollte ihm das einen Anspruch darauf geben? Es wird nichts „gemeinsam“ produziert, lediglich arbeitsteilig – alle Produktionsfaktoren, wozu auch Arbeit gehört, werden eingekauft und umgewandelt in Produkte, die logischerweise denselben Eigentümer haben: denjenigen, dem die Produktionsfaktoren gehört haben.
    Natürlich ist der Sozialstaat überflüssig, wenn man das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschafft (die „Eigentums-Privilegien“): dann hat man nämlich richtigen Sozialismus und die Regierung verteilt einfach alles, anstatt wie bisher nur einen Teil. Wann sterben diese verdammten Marxisten endlich aus.

  2. @ hwludwig: “ Wäre der Staat wirklich sozial, sorgte er für die Beseitigung der zentralen unsozialen Eigentums-Privilegien, und was heute „Sozialstaat“ genannt wird, fiele als weitgehend überflüssig in sich zusammen.“

    Falls ich es richtig verstanden habe, geht es bei diesen „Eigentums-Privilegien“ um das Eigentum an Produktionsmitteln wie z.B. Fabriken und Ackerland. Da ist mir unklar, wie solche „Beseitigung“ von Privilegien denn durchgeführt werden soll, und, worauf es hinausliefe, ob nicht dann im Ergebnis eine Art von „DDR“ zustande käme, in der ja auch die Produktionsmittel der Beamtenklasse gehörten, welche behauptete, das im Sinne der „Arbeiterklasse“ zu verwalten.

    Dr.Jürgen Borchert gebraucht das Bild: “ Der Staat treibt den Familien ..( ).. die Sau vom Hof und gibt ihnen in Gönnerpose b ei Wohlverhalten ein Kotelett zurück.“
    Da frage ich mich, ob es denn in einem Staat, der diese Eigentumsprivilegien der Familien abschafft, überhaupt noch Familien gäbe, die einen Hof samt Ackerland,Wald und eigenen Gärten usw. besitzen dürfen, wo sie ihre eigenen Saue, Rinder und Pferde halten können.
    Denn es müsste ja Macht gebraucht werden, um privilegierte Familienbetriebe zu verstaatlichen.
    In Wirklichkeit liegt jedoch die Macht heutzutage bei ganz besonders privilegierten Familienclans samt deren Bruderschaften und Bankherren.
    Bräuchte es nicht eine Weltrevolution, um zunächstmal dem Rechtsstaat seine eigene Macht zurück zu geben ? Und in welchem Masse dürfte solcher Rechtsstaat national sein ?
    So dass kein Kulturtod oder Tod der nationalen Kulturen dabei im Ergebnis herauskäme ?
    Müsste solche Beseitigung von Eigentumsprivilegien nicht bedeuten, dass der Staat den Familien nicht nur die Sau vom Hof triebe, sondern, dass er gleich den ganzen Hof an sich reissen würde?

  3. Sie unterscheiden nicht zwischen dem Eigentum, dass jeder für sich selber haben sollte und auch darf zum Zwecke der Eingenerhaltung (zb. bei einem Bauern Haus und Hof, Tiebestand, etc) und dem Eigentum, welches Reiche haben, um andere (Lohnabhängige) zu unterdrücken.
    Jeder Mensch ohne Grundeigentum (Bode) ist schon versklavt, wenn er auf die Welt kommt, wei er Miete zahlen muss.

  4. Nun ja Herr Ludwig.. wahrscheinlich haben Sie recht mit Ihrer Analyse. Nur.. wieso sollte es anders sein? und wieso sollen die Unternehmer dafür Verantwortung tragen, wenn eine doch grössere Mehrheit der Bürgerdarsteller, dass Gesamtglück maximieren will, und dazu jederzeit bereit ist, eine Minderheit von elend Dastehenden auch weiter leiden zu lassen.. auszubeuten.

    Dies wird deshalb logischerweise so lange weitergehen, wie eine Mehrheit der Bürgerdarsteller der Meinung ist, dass sie dadurch das Gesamtglück vermehren.

  5. @ rote_pille
    Es geht nicht um marxistisches Staatseigentum, das ja verheerend genug gewirkt hat. Man muss genauer lesen und nicht gleich in ein gewohntes Schubladendenken verfallen. Insofern fühle ich mich von Ihrem Wunsch am Schluss nicht betroffen.

    Zunächst geht es darum, die zentrale Ursache für die schreienden sozialen Ungerechtigkeiten im unbeschränkten privaten Eigentum am Unternehmenskapital zu erkennen. Daran führt kein Weg vorbei. Hat man das durchschaut, geht es um mögliche Lösungsansätze, die allen gerecht werden. Es empfiehlt sich, auch die in Anmerkung 8 und 11 verlinkten ergänzenden Artikel zu lesen, um sich in die Problematik breiter eindenken zu können.

  6. Wirtschaftliche Ungleichheit als „soziale Ungerechtigkeit“ zu deklarieren veranlasst mich nicht, sie als Problem zu betrachten. Warum sollte es ungerecht sein, wenn jemand steinreich ist? Auf welcher Ethik basiert das?
    Und was den Lösungsansatz aus 8 angeht, der ist in der Praxis nicht viel besser als der staatliche Sozialismus. Wer wäre denn überhaupt so dumm einen Betrieb aufzubauen und Risiken einzugehen, um danach zum Großteil faktisch enteignet zu werden, weil er nur einstellen darf, wenn er danach sein Privateigentum abgibt? Die Arbeiter haben die Produktionsmittel nicht aus eigener Tasche bezahlt. Andernfalls bräuchten sie nur eine AG zu gründen und könnten Miteigentümer ihrer Firma sein. Dass das nur selten vorkommt, obwohl es nicht verboten ist, sollte ein deutlicher Hinweis auf die Überlegenheit der heutigen Wirtschaftsordnung sein.

  7. @dragaoNordestino
    Ja, der Aufklärung und dieser Meinungsänderung soll der Artikel dienen. Das ist das, was ich als Einzelner machen kann.

  8. @hwludwig

    Nun dies versuchen wir wohl alle.. jeder auf seine Weise. Leider ist anzunehmen, dass ein schon meinen Urgrosseltern bekanntes Sprichwort, „Aus Schaden wird man klug„, sich erneut bewahrheiten wird.

  9. Warum es ungerecht ist, wenn jem.steinreich ist, dürfte klar sein. Denn der Reichtum des einen ist die Armut der vielen Anderen.
    Arbeiter haben die Produktionsmittel nicht aus eigener Tasche bezahlt => klar,das können sie auch nicht, weil sie arm sind.

  10. Dank @rote_pille für das Erinnern an ein paar Fakten. Ich hatte ja eigentlich schon genug von dem Artikel als gleich am Anfang ein aufgeblähter Sozialstaat behauptet wurde. Wie kann es in einem Sozialstaat, der die BRD laut Grundgesetz (Art. 20 (1)) zu sein hätte, Armut geben?

    Haben Beamte Einkommen, die zum leben nicht ausreichen? Haben pensionierte Beamte Pensionen, die zum leben nicht ausreichen? Die machen den größten Posten im Bereich Soziales des Staatshaushaltes aus! Klingt zwar unlogisch die dort unterzubringen, aber der Bereich Soziales im Staatshaushalt ist ein wildes Sammelsurium. Alle Posten, bei denen niemand Lust hatte sie sinnvoll einzusortieren, landen am Ende im Bereich Soziales. Nur darum ist Soziales der größte Anteil am Staatshaushalt. Daraus kann man mitnichten auf einen aufgeblähten Sozialstaat schließen! Wären Transferleistungen für (inländische und ausländische) Bedürftige ein eigener Posten im Staatshaushalt, dann könnte man den Anteil auch mit einer Lupe kaum aufspüren. Das bißchen Ehrlichkeit dürfte der Debatte doch kaum schaden? Mit Sozialstaat ist in der BRD Fehlanzeige! Ganz ähnlich wie mit der Demokratie…
    Ranma

  11. @hwludwig:

    „Zunächst geht es darum, die zentrale Ursache für die schreienden sozialen Ungerechtigkeiten im unbeschränkten privaten Eigentum am Unternehmenskapital zu erkennen. Daran führt kein Weg vorbei. Hat man das durchschaut, geht es um mögliche Lösungsansätze, die allen gerecht werden.“

    Was für eine Schnapsidee! Unternehmen erschaffen Güter, erbringen Dienstleistungen und verteilen Einkommen. Bekämpft man Unternehmen, dann bekämpft man das Erschaffen von Gütern, das Erbringen von Dienstleistungen und die Verteilung von Einkommen. Marxisten können manches gut analysieren, sind hier aber irgendwo falsch abgezweigt.

    Die nicht nur zentrale, sondern einzige Ursache für schreiende soziale Ungerechtigkeit ist die, daß die Herren der Welt entschieden haben, daß die Welt schreiend sozial ungerecht zu sein habe.
    Ranma

  12. Das Leben ist wie eine Ware:
    Du wirst produziert, unterliegst dem Verschleiß und Verbrauch und wirst am Ende vermüllt!

  13. @Ranma
    „Bekämpft man Unternehmen, dann bekämpft man das Erschaffen von Gütern, das Erbringen von Dienstleistungen und die Verteilung von Einkommen. Marxisten können manches gut analysieren, sind hier aber irgendwo falsch abgezweigt.“

    Wo werden hier Unternehmen bekämpft? Im Gegenteil, es wird für die unternehmerische Freiheit vom Zwang, für den egoistischen Profit der Eigentümer zu arbeiten, eingetreten. Marxismus kann man hier nur sehen, wenn Schablonen den Blick trüben.

  14. Wenn man das Wort “Sozialstaat” hört, denkt man wohl zuerst an ein Land, wo die Menschen solidarisch miteinander umgehen und friedvoll zusammen arbeiten. Wäre das in Deutschland der Fall, dann käme es gar nicht dazu, dass gesunde Menschen zu „Sozialfällen“ werden müssten. In einem wirklichen Sozialstaat hat jeder dort lebende Mensch die unbehinderte Teilhabe am Gesamtwesen. In einem wirklichen Sozialstaat wird es keine unfreiwillige “Arbeitslosigkeit” geben, denn dort haben alle ein Vorteil, wenn sich alle beteiligen, und keiner hätte ein Vorteil, wenn einige ausgeschlossen werden würden.

    In Deutschland ist genau das aber nicht der Fall.

    Dass die BRD kein Sozialstaat ist, das sieht man alleine schon daran, wie die Einkommen verteilt sind und wie viele Menschen von der Teilhabe am Gemeinwesen ausgeschlossen wurden. Nein, die BRD ist eindeutig ein Klassenstaat mit einer mammonistischen Klassenwirtschaft, die von Fremdinteressen unterwandert ist. Die BRD ist kein Sozialstaat, sondern zu einem Asozialstaat geworden und das, was dort als Sozialstaatlichkeit verkauft wird, ist nichts anderes als entwürdigende, palliative Ruhigstellung der Auszugrenzenden.

    Ein wirklicher Sozialstaat zeichnet sich also nicht durch anmaßende Behörden-Bevormundung aus, sondern durch eine allseitige, integrierende Synergie der dort lebenden Menschen selbst.

  15. Das weitaus Meiste, was diese „Unternehmer“ erwirtschaften, indem sie Arbeiter ausbeuten, kann ich mir als armer Grundsicherungs-Rentner sowieso schon lange nicht mehr erlauben. Ich kann also ganz gut drauf verzichten, wenn solche „Unternehmer“ irgendwas UNNÜTZES erwirtschaften, womit sie i.d.Regel auch noch die Umwelt zerstören. Von mir aus kann diese gesamte „Wirtschaft“ den Bach runter gehen. Überflüssig, menschenfeindlich, selbstzerstörerisch.

  16. Die wittern direkt Enteignung und Verarmung, wenn man die Gier der „Unternehmer“ eingrenzen will. Das ist normal. Es muss sich um eine Art Gier-Neurose handeln.

  17. Tatsächlich muß ich teutoburgswaelder zustimmen. Im vollem Umfang. Nicht zuletzt deswegen, weil er die „Unternehmer“ konsequent in Anführungszeichen setzt. Es gibt viele Leute, die sich gerne als Unternehmer bezeichnen lassen, obwohl sie keine sind. Das wirft mittlerweile schon ein schlechtes Licht auf wirkliche Unternehmer, obwohl die nichts dafür können. Ein Manager ist kein Unternehmer, ein Kapitalist oder Kapitalgeber ist gleichfalls kein Unternehmer. Kapitalisten und Manager sind die Ursache für das, was teutoburgswaelder kritisiert. Echte Unternehmer müßte man dagegen massiv fördern, wollte man die Probleme in unserem Wirtschaftssystem auch nur mildern.

    Privateigentum an Unternehmen einzuschränken sorgt dafür, daß keine Unternehmen mehr entstehen. Das ist das genaue Gegenteil davon, echte Unternehmer zu fördern. Natürlich ist es für den echten Unternehmer, der schließlich kein Manager ist und mit dem auch nichts gemeinsam haben will, äußerst unerfreulich wenn er für den privaten Profit eines Eigentümers arbeiten muß. Die sinnvollste Förderung wäre es hier, alle jene, die Unternehmer sein wollen, staatlicherseits mit dem dafür nötigen Kapital auszustatten. Die BRD hat da die KfW als Feigenblatt, aber die macht natürlich etwas ganz anderes als nötig wäre. Die gibt nämlich nur einen Kleckerbetrag als Kredit dazu, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Eine volle Finanzierung ohne den Druck Zinsen zu erwirtschaften oder sonstwie gegängelt zu werden wäre sinnvoll. Also völlig aussichtslos in einer Welt, in der nichtmal ein BGE durchsetzbar ist.

    Der Begriff Sozialstaat wird von enrico sehr schön beschrieben. So möchte ich den Begriff Sozialstaat auch verstehen. Das bedeutet dann allerdings, daß in der BRD überall und fortgesetzt gegen die Verfassung (Art. 20 (1) GG) verstoßen wird! Nur interessiert das irgendwie keinen?
    Ranma

  18. Ein ausgesprochen interessanter Beitrag. Ergibt sich daraus die Folgerung, dass selbst eine Vergesellschaftung der Wertschöpfung lediglich eine Stabiliserung der sozialen Verhältnisse zulassen würde, und deren Verbesserung eine grundsätzliche Auflösung des Individualbesitzes an Produktionsmitteln bedarf?

  19. @ rote_pille: „Niemand schuldet anderen einen job.“ Sehe ich genauso. Wenn jemand z.B. einen Betrieb gründet, der Brötchen herstellt, ist der Sinn dieses Betriebes die Herstellung von Brötchen, aber nicht, möglichst vielen anderen Jobs zu geben.
    Da wäre nicht mein erster Gedanke: Wie kann ich anderen Jobs geben ? Sondern erster Gedanke wäre: Wie kann ich qualitativ hochwertige Brötchen günstig anbieten ?
    Wenn man da Maschinen einkauft, welche günstige Herstellung ermöglichen, wäre das effektiver, als viele Leute einzustellen.

    @ teutoburgswaelder: “ Warum es ungerecht ist, wenn jem. steinreich ist, dürfte klar sein.“
    Nein, nein, das ist mir komplett unklar, warum man Gerechtigkeit am Reichtum bzw. an Armut messen sollte. Es gibt z.B. Künstler, deren Werke so gefragt sind, dass die durch ihre Kunst steinreich werden. Sind die denn ungerecht, weil die etwas können, was andere weniger gut können ?
    Im Umkehrschluss müsste das doch bedeuten, dass Bettler gerecht sind, obwohl die weiter nichts tun, als andere anzuschnorren.
    Glaube sowieso, dass es immer Arme und Reiche geben wird. Keine Gleichmacherei wird daran etwas ändern. Gib einem klugen Menschen 1 Million Euro, und der wird sie vermehren. Gib dieselbe Summe einem dummen Menschen, und der wird das für Kokolores zum Fenster rauswerfen und anschliessend betteln gehen. Das soll nicht heissen, dass alle Armen dumm sind und alle Reichen klug sind.

  20. Gegen Ende des interessanten Artikels findet sich folgendes:

    Und der im Verkauf erzielte Gegenwert der von allen gemeinsam produzierten Waren muss die Grundlage für das Einkommen jedes Betriebsangehörigen bilden. Aus dem Produkterlös steht jedem, einschließlich des Leitenden, ein Anteil zu.

    Hier liegt allerdings ein fataler Fehler im Detail. Ein Erbfehler, der unweigerlich zu Debitismus (Wachstumszwang) und nicht zuletzt auch zu “Arbeitslosigkeit” führt. Ich meine den “Produktionserlös”. Das alte Denken, die Unternehmen müssten Gewinne in Form von Einnahmeüberschüssen machen. Tatsächlich ist aber dieses Gewinne machen asozial.

    Es ist der alte mammonistische Unfug, mehr Geld aus Geld machen zu wollen…

    Richtig wäre es hingegen, wenn die Einkommen aller Betriebsangehörigen während der Produktion (vorfinanziert durch den Produktionskredit) ausbezahlt wird und am Ende keine Überschüsse bleiben. Ebenso müsste eigentlich auch die Rücklagenbildung der Unternehmen vor dem Verkauf der Produkte erfolgen und durch den Produktionskredit vorfinanziert sein. Letzteres ist aber in unserem Bankensystem leider nicht möglich.

    Dies könnte am besten ein dreigegliedertes, assoziatives Kreditwesen realisieren.

  21. @enrico:

    Ein neues Fachwort: ‚mammonistisch‘ ? Bezeichnet die Idee, daß sich Geld vermehren könne?

    Was soll ich mir unter ‚dreigegliedertes, assoziatives Kreditwesen‘ vorstellen?
    Ranma

  22. @Ranma
    Ein neues Fachwort: ‚mammonistisch‘ ? Bezeichnet die Idee, dass sich Geld vermehren könne?
    Was soll ich mir unter ‚dreigegliedertes, assoziatives Kreditwesen‘ vorstellen?

    Mit “Mammonismus” meine ich das Krankheitsbild einer Gesellschaft, die statt dem natürlichen, güterbezogenem Denken, dem Geldfetisch verfallen ist. Es geht dann nur noch darum, zu Geld zu kommen, auf Teufel komm raus. Der jahrelange, unsinnige Exportüberschuss (“Exportüberstuss”) Deutschlands ist z.B. ein solches Symptom für den Mammonismus. Diese Perversion ist eine Folge eines perfiden Spiels, nach dem Prinzip “wenn sich zwei bekämpfen, freut sich der Dritte.

    Und wer sind diese “Dritten? Nun…

    Das Modell “dreigegliedertes Kreditwesen” beruht auf der Erkenntnis, dass das Bankenpublikum einer Bank als eine kleine Volkswirtschaft anzusehen ist. Dies scheint auch bereits F.W. Raiffeisen bewusst gewesen zu sein. Es geht also um ein genossenschaftliches Finanzwesen, das eine solche kleine Volkswirtschaft in Synergie hält. Deshalb “assoziativ”.

    Die Dreigliederung ergibt sich aus den drei verschiedenen Aufgaben, die dabei zu erfüllen sind: 1.Die Finanzierung der Produktion entlang der Produktionsketten, vom Rohstoff bis hin zum Endprodukt (Investition in die Produktion) 2. Die Finanzierung des Erwerbs der dann fertig gestellten Endprodukte (Investition in die Ausrüstung). 3. Die Finanzierung von Eigentumswechsel, bei welchem das Kreditobjekt nichts, oder nichts mehr mit der Produktionssphäre zu tun hat.

    Im bestehenden Bankensystem geschieht etwas, das eigentlich gar nicht erfüllbar ist: Während die Kredite auf einem Zahlungsversprechen beruhen, erscheint auf der anderen Seite das Geld als ein Leistungsversprechen. Ein Leistungsversprechen kann jedoch nur derjenige geben, der auch reale Produkte hervorbringen kann. Dies tun die Banken aber bestimmt nicht. Ein solches Leistungsversprechen, das dem Geld gegenübergestellt ist, kann nur die Gesamtheit der Produzierenden geben. Deshalb kann man ruhig behaupten, dass das private Bankenwesen auf einem Betrugsmodell beruht.

    Unter dem folgenden link ist ein Modell zu sehen, das diese Dreigliederung realisiert. Besonders dabei ist, dass – anders als bei ähnlichen Modellen – das Geld dort als Aktiva nicht übertragbar ist und nur das entsprechende Passiva beweglich ist.

    Klicke, um auf Glanzberg-Model_Nov_2016.pdf zuzugreifen

    Es ist leider nicht ganz so einfach, den Gedanken dahinter zu verstehen, aber es ist dennoch in sich stimmig.

  23. @enrico:

    „Unter dem folgenden link ist ein Modell zu sehen, das diese Dreigliederung realisiert. Besonders dabei ist, dass – anders als bei ähnlichen Modellen – das Geld dort als Aktiva nicht übertragbar ist und nur das entsprechende Passiva beweglich ist.“

    Ungefähr achtzig Seiten und bevor ich mir die antun kann brauche ich erstmal einen neuen Computer. Das wird also noch eine ganze Weile dauern. Also wäre eine Zusammenfassung schön.

    Es gibt weitere, ähnliche Modelle? Sind weniger komplizierte darunter? Was ist ein dem Geld entsprechendes Passivum? Reine Geldflüsse findet man doch eigentlich auf der Passiv-Seite einer Bilanz und darum ist Geld eigentlich kein Aktivum?

    Übrigens waren Exportüberschüsse ein erklärtes Ziel merkantilistischer Politik, die seit der Renaissance praktiziert wird und niemals moderneren Umständen angepaßt wurde. Die merkantilistische Politik europäischer Länder zielte ursprünglich darauf ab, das in amerikanischen Kolonien geförderte Gold den europäischen Wirtschaftskreisläufen verfügbar zu machen.

    @Michaela Wolff:

    Folgendes hatte ich bisher doch glatt übersehen.

    „Nein, nein, das ist mir komplett unklar, warum man Gerechtigkeit am Reichtum bzw. an Armut messen sollte. Es gibt z.B. Künstler, deren Werke so gefragt sind, dass die durch ihre Kunst steinreich werden. Sind die denn ungerecht, weil die etwas können, was andere weniger gut können ?“

    Die musikalischen Fähigkeiten meines Onkels waren einst, als studieren auch in Deutschland noch richtig teuer war, so gefragt, daß ein Professor einer Musikhochschule meinem Onkel dort ein Studium aus eigener Tasche bezahlte. Das führte aber nicht dazu, daß mein Onkel reich oder berühmt geworden wäre. Auch der kommt gerade mal so über die Runden.

    Ein weiteres Beispiel: Ich hatte eine Mitschülerin, die so gut zeichnen konnte, daß sich alle Lehrer einig waren, daß sie auf eine Kunsthochschule gehen müsse. Das hat sie kurz darauf auch gemacht. Seitdem habe ich nie wieder von ihr gehört. Sie ist nämlich weder reich noch berühmt geworden.

    Nur weil man etwas besonders gut kann, auch wenn es so gefragt ist wie Kunst, wird man noch lange nicht reich!!! Die Behauptung man würde durch besondere Fähigkeiten reich ist genauso blödsinnig wie die Behauptung, daß man durch harte Arbeit reich würde, was durch hunderttausende ‚working poor‘ Tag für Tag widerlegt wird. Es wird schließlich niemand behaupten wollen, daß Leute mit zwei oder drei Jobs nicht hart arbeiten würden.

    „Im Umkehrschluss müsste das doch bedeuten, dass Bettler gerecht sind, obwohl die weiter nichts tun, als andere anzuschnorren.“

    Das Gegenteil eines Künstlers ist ein Bettler/ Lebenskünstler? (Funktioniert übrigens auch auf Globalesisch: artist conartist) Ungerecht sind die ‚Schnorrer‘ jedenfalls nicht. Schließlich beschreibst du damit unter anderem buddhistische Mönche oder einen gewissen Jesus von Nazareth…

    „Glaube sowieso, dass es immer Arme und Reiche geben wird. Keine Gleichmacherei wird daran etwas ändern. Gib einem klugen Menschen 1 Million Euro, und der wird sie vermehren. Gib dieselbe Summe einem dummen Menschen, und der wird das für Kokolores zum Fenster rauswerfen und anschliessend betteln gehen. Das soll nicht heissen, dass alle Armen dumm sind und alle Reichen klug sind.“

    Was soll es sonst heißen? Wie wenige Absätze weiter oben ausgeführt, wird man weder durch Talent noch durch harte Arbeit reich.

    Wobei die Gleichsetzung von reich mit klug und von arm mit dumm natürlich Kokolores ist. Worin liegt also die Ungleichverteilung des Wohlstandes ursprünglich begründet? Die wirklich einzig mögliche Erklärung wird hier völlig ausgeblendet.

    Mal ganz abgesehen davon, daß sich der ‚dumme Mensch‘ in dem Beispiel im Einklang mit der Lehre Christi und der ‚kluge Mensch‘ konträr dazu verhält.

    @teutoburgswaelder:

    „So sollte es aber nicht sein.“

    Dem muß ich zustimmen. Das zählt nämlich auch zu meinen Lieblingsargumenten.
    Ranma

  24. Huch, alles zwischen spitzen Klammern wird hier entfernt. Ein veralteter Sicherheitsmechanismus. Macht WordPress das generell so?
    Ranma

  25. @ Ranma: “ Wobei die Gleichsetzung von reich mit klug und von arm mit dumm natürlich Kokolores ist.“
    Deswegen hatte ich auch geschrieben: Das soll nicht heissen, dass alle Armen dumm sind und alle Reichen klug sind.
    Es gibt in meinem persönlichen Leben einen Menschen, der für mich ein Beweis dafür ist, warum das wahre Kapital der Geist und nicht – wie Marx das nahelegt – das Geld bzw. das Eigentum an Produktionsmitteln ist. Mit diesem Menschen, einem Kaufmann, kooperiere ich noch immer.
    Er kaufte einem anderen Händler einen Laden ab, von dem der andere wähnte, der könne nichts abwerfen. Beide hatten etwa dasselbe materielle Anfangskapital. Der Kaufmann, der dem anderen den Laden abkaufte, hatte die Bilanzen richtig durchgerechnet und hatte das Talent, die realen Möglichkeiten richtig einzuschätzen.
    Der Verkäufer des Ladens hatte kein solches Talent. Und dieser Laden, den er als Pleiteding einschätzte, erwies sich dann als wahre Goldgrube. Der Kaufmann, der den kaufte, expandierte damit und besitzt heute mit seinem Bruder zusammen eine Ladenkette mit insgesamt 17 oder 18 Filialen.

    „Ungerecht sind die „Schnorrer“jedenfalls nicht. Schliesslich beschreibst du damit unter anderem buddhistische Mönche oder einen gewissen Jesus von Nazareth.“
    Was Jesus von Nazareth angeht, ist von dem überliefert, dass er als Schreiner im Betrieb seines Vaters gearbeitet hatte. Als „Schnorrer“ ist der nicht beschrieben worden.
    Buddhistische Mönche studieren die Lehre des Buddha, ohne zu arbeiten und dadurch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit diese Mönche auch wirklich in ihren Klöstern studieren können, müssen andere arbeiten gehen. Diese sind es, welche die Mönche ernähren.
    Damit diese Mönche auf meditative Weise usw. ihr Bewusstsein erweitern können, müssen andere auf solchen Schulungsweg verzichten und hart arbeiten.

    Was das Beispiel mit Deinem Onkel und der talentierten Frau betrifft, so passt das zusammen mit dem, was ich über Staatsschulen denke. Habe zwei Biographien gelesen. Eine des Keith Richards und eine andere des Mick Jagger. Beide besuchten staatliche Schulen. Seitens dieser Schulen wurde dem Jagger geraten, nur ja nicht sein Studium für eine Karriere als Sänger aufzugeben.
    Und Keith Richards schmiss man aus der Schule, auch aus dem Schul-Chor raus, weil seine Stimme angeblich nicht taugte. Später, als der weltberühmt war, bat ihn diese Schule, sich in „Keith Richards – Schule“ um-benennen zu dürfen. Da schrieb er der Schulleitung, falls die sich so benennen würden, würde er mit dem Helikopter kommen und denen aufs Dach schreiben: “ Rausgeschmissen. Keith“.
    Will sagen: Die Talent-Einschätzungen der Staatsschulen taugen offenbar wenig.
    Die Stones sind bereits ein milliardenschwerer Konzern ! „Schnorrer“ sind diese Staatsschulen selber.

  26. Exportüberschuß?
    Der deutsche Exportüberschuß resultiert darauf, dass Deutschland den Ländern, die deutsche Waren kaufen, Kredit zu diesem Kauf gibt. D.h. wir geben erst Kredit, dann liefern wir die Ware. Diese wird bezahlt von dem zuvor von uns gegeben Kredit. In der Regel können die Kedite von den klammen Staaten nicht zurückgezahlt werden. Irgendwann werden die Schulden dann zwangweise erlassen.
    Deutschland hat als zweimal „gezahlt“ ohne Gegenwert dafür zu erhalten.

  27. @Michaela Wolff:

    „Was Jesus von Nazareth angeht, ist von dem überliefert, dass er als Schreiner im Betrieb seines Vaters gearbeitet hatte.“

    Diese besondere Überlieferung stammt jedoch aus einem Indiana-Jones-Film. In der Bibel steht davon nichts.

    „Buddhistische Mönche studieren die Lehre des Buddha, ohne zu arbeiten und dadurch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit diese Mönche auch wirklich in ihren Klöstern studieren können, müssen andere arbeiten gehen. Diese sind es, welche die Mönche ernähren.“

    Das kann man so sehen. Gilt zumindest für den Theravada-Buddhismus. Ich hatte schon befürchtet, daß nun Behauptungen kämen, daß der Buddhismus antichristlich und satanisch sei. Ich bin froh, daß das hier nicht passiert.

    „Damit diese Mönche auf meditative Weise usw. ihr Bewusstsein erweitern können, müssen andere auf solchen Schulungsweg verzichten und hart arbeiten.“

    Daß das so sein muß, das möchte ich bezweifeln. Falls es so sein muß, dann wäre von vorneherein eine Mehrheit von spiritueller Entwicklung und Erlösung ausgeschlossen. Das wäre für jede Religion eine ziemlich schräge Lehre. Bettelmönche sind auch im Buddhismus eine Minderheit, so wie Mönche mit Armutsgelübde im Christentum. Wobei es bei der Frage der ‚Schnorrer‘ natürlich schon in erster Linie um die Bettelmönche geht. (Ich schreibe hier wohl einfach zu viel.) Die Frage war ja, ob diese ‚Schnorrer‘ gerecht oder ungerecht sind.

    Ein wichtiger Hinweis dazu ist vielleicht, daß es buddhistische Bettelmönche inzwischen auch schon in Europa (habe darüber einen Bericht aus der Schweiz gesehen) gibt. In Europa leben sie jedoch ganz anders als in Asien. In Europa sagen die Bettelmönche, daß sie nicht wählerisch sein können und darum alles essen müssen, was sie bekommen. In Asien halten sie die buddhistischen Ernährungsvorschriften (für Mönche sehr viel strenger als für alle anderen) selbstverständlich ein. Den Spendern sind die allerdings auch geläufig. Asiatische Spender würden nie auf die Idee kommen, den Mönchen nur die Reste ihres eigenen Essens zu geben. Schließlich ist es der Mönch, der durch die Annahme der Spende dem Spender einen Riesengefallen tut. In Asien weiß das jeder.

    Ist so ein ‚Schnorrer‘ also ungerecht? Nochmal zurück zu Jesus von Nazareth. Was die Bibel tatsächlich von dem überliefert ist die Aufforderung an reiche Leute, allen Besitz zu Geld zu machen und sich seinen Jüngern anzuschließen. Neuere historische Forschungen zeigten, daß Jesus (mitsamt seiner Gemeinde) genau davon lebte. Gerecht oder ungerecht?
    Ranma

  28. @ Ranma: „In der Bibel steht davon nichts.“

    Betreffs der Frage, ob Jesus von Nazareth als Zimmermann gearbeitet hatte, gibt es zwei Quellen, auf die ich mich beziehe. Eine ist Markus 6,3. und die andere möchte ich hier in diesem Zusammenhang nicht namentlich erwähnen, weil das vom Thema abbringen könnte.
    Diese zweite Quelle beschreibt auch eine geistige Verbindung zwischen einerseits Jesus von Nazareth und dem Buddha und andererseits eine Verbindung zum Essener-bzw.Essäer-Orden.

    „Ist so ein „Schnorrer“ also ungerecht ?“ Nein, nein, keinesfalls meine Behauptung, und mir liegt sowieso ganz fern, irgendjemand „zu verurteilen“. Bin ja nicht selber der Richter.
    Will selber möglichst jedem, der mich um etwas bittet, auch etwas geben.

    „(Ich schreibe hier wohl einfach zu viel.) “ Für meinen Geschmack gar nicht ! Finde Deine Kommentare hochinteressant, erhellend und zum Denken anregend. Zugabe !
    Was die sogenannte historische Forschung über Jesus von Nazareth hervorbringt, das zerbröselt den Historikern unter den Fingern. Wenn man es ganz genau nimmt, ist mit den Mitteln der historischen Forschung nichtmal beweisbar, dass Jesus von Nazareth auf Erden lebte.

    Heutzutage – in diesem angeblichen „Sozialstaat“ – darf man meiner Meinung nach niemandem mehr abverlangen, so zu leben, wie vor ca. zwei Jahrtausenden die Christen lebten oder die Essener-bzw. Essäer lebten, die jeden Privatbesitz abgaben.
    Wir leben ja in ganz anderen Verhältnissen, in denen der Mammon sozusagen regiert, und da geht es meines Erachtens auch um die Frage: Besitzen ? Oder besessen Werden ? Wer heutzutage all seinen Besitz wegschenkt, landet in Hartz 4 und wird zum Sklaven der Politik. Der Sinn des Christentumes liegt jedoch in der Befreiung des Individuums und nicht in der Versklavung.
    Es gibt in der Bibel die Erzählung vom reichen Jüngling, der zunächst dem Christus nicht nachfolgte, weil er viele Güter hatte. Meiner Meinung nach war das der Lazarus, der dann später doch alles loslassen musste. Sogar sein Leben. Der wurde erweckt (initiiert) und bekam ein neues Leben.

    „Gerecht oder ungerecht ?“ Ich denke eher in Kategorien der Freiheit oder Unfreiheit, als über sogenanntes „Recht“ oder sogenanntes „Unrecht“ nachzudenken. Ob ich selber ungerecht oder gerecht bin, liegt nicht an mir, zu beurteilen. Aber es gibt so ein Gefühl für Recht und Unrecht.
    Ich empfinde die Hartz 4 – Gesetze als Unrecht, weil sie die Menschen in Ausbeutung durch sog. „Leihfirmen“ hineintreiben. Ist das nicht ein Zustand von Besessenheit ? Wer nichts mehr hat, wird zum „Besitz“ derer, die ihn „verleihen“.
    Glaube, dass es zuerst einen Bewusstseins-Wandel geben müsste, bevor die sozialen bzw. antisozialen Veerhältnisse geändert werden. Jedes soziale System ist von Menschen gemacht und kann nur von Menschen wieder geändert werden.
    Vielleicht arbeiten wir ja alle mit an einem Bewusstseins-Wandel, die wir hier kommentieren ?
    Oder wie siehst Du das selber ?

  29. Die Bibelstelle habe ich schon gesucht. Die dient mir als wichtiges Argument dafür, so bald wie möglich aus Deutschland wegzukommen. Aber das will ich schon viele Jahre lang und sehe nach wie vor keine Chance. Abstimmen mit den Füssen war schon im Alten Rom das einzige Mittel, das die Republik ab und zu funktionieren ließ. Das förderte die Forschung von David Graeber zu tage.

    Die Existenz des Jesus von Nazareth ist historisch besser gesichert als die von Elvis Presley. Unter den Fingern zerbröseln kann da höchstens etwas in dem Sinn, in dem du dir ein zufälliges Wort aussuchen und so lange wiederholen kannst bis es bedeutungslos erscheint. Du könntest auch alle Beweise für die Existenz Angela Merkels so lange zerpflücken und hinterfragen bis nichts mehr übrig bleibt. Eher eine philosophische Frage. Wenn du das mit deiner eigenen Existenz machst, dann ist das eine buddhistische Übung. Aber so weit wie man sich überhaupt der Existenz irgendeiner historischen Person sicher sein kann, ist die Existenz des Jesus von Nazareth gesichert. Zusammen mit einer großen Zahl ähnlich gearteter, nicht unbedingt namentlich bekannter Wanderprediger in zeitlicher und räumlicher Nähe zu ihm. Der Nahe Osten war schließlich der Ort, an dem die meisten Schriftkulturen der Welt aufeinandertrafen. Im Umkehrschluß bedeutet das auch, daß ein Ereignis, das für die ganze Menschheit wichtig wäre, am besten genau dort, wo Jesus lebte, stattgefunden hätte. Nur die Wunder, die Jesus vollbracht haben soll, sind etwas spezifisch Biblisches.

    Bei Markus 6, 2-4 steht jedoch lang und breit erklärt, daß Jesus lehrte und heilte und darum gerade nicht als Zimmermann arbeitete, wie die Leute in seiner Heimat das von ihm erwartet hätten. Der Betrieb seines ‚Vaters‘ ist ihm sicherlich nicht auf der Wanderschaft gefolgt?

    Der reiche Jüngling, der Jesus nicht nachfolgen wollte, dürfte doch eher ein ganz typischer reicher Jüngling gewesen sein. Schließlich geht es sogar heute noch hier beim Fassadenkratzer in neunzig Prozent aller Kommentare darum, daß die Reichen etwas von ihrer Macht und ihrem Reichtum aufgeben sollten. Allerdings ohne mal irgendeinen Grund dafür zu erfahren, warum sie das aus deren Sicht machen sollten.

    Die Probleme mit ‚Leihfirmen‘ rühren alle daher, daß deren Konzept von den meisten Menschen nicht verstanden wird. Obwohl es eigentlich nur im Sinne unseres Wirtschaftssystems konsequent ist. Schon im Sinne jedes arbeitsteiligen Wirtschaftssystems konsequent. So wie der Brötchenbäcker nur die Verantwortung für die Qualität seiner Brötchen hat und sicher nicht dafür, Jobs zu verteilen, so übernimmt eine ‚Leihfirma‘ Verantwortung im Bereich der Personalverwaltung. Idealerweise könnten andere Unternehmen nun ihre Personalabteilungen schließen und der Brötchenbackbetrieb nur noch die Qualität der Brötchen verantworten. Leider sorgen Unverständnis in der Gesellschaft, der Gesetzgeber und mißbräuchliche Verwendung seitens großer Konzerne dafür, daß auch kleine Betriebe selbst Personal verwalten müssen und darum eine gewisse Betriebsgröße erforderlich ist, um überhaupt Personal einstellen zu können.

    Jegliches Bewußtsein muß und wird sich irgendwann wandeln. Darum nimmt es am Universum teil. Wenn alles für immer so bliebe wie es jetzt ist, dann wäre die gesamte Veranstaltung recht sinnlos. Aber Bewußtseinswandel ist eher eine Sache ganzer Epochen. Darauf kann man nicht warten, wenn man einen sozialeren Staat will. Den wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Ganz egal wieviel Aufklärung hier oder sonstwo betrieben wird. Vielleicht in zukünftigen historischen Epochen…
    Ranma

  30. @ Ranma: „Leihfirma“ Dieses Wort alleine ist für mich schon ein rotes Tuch, weil es suggeriert, dass die Menschen, die da „verliehen“ werden, nicht selbstbestimmt leben. Ich kann nur etwas verleihen, was mir gehört. Wem gehören denn diese Menschen, welche an Firmen „verliehen“ werden, als seien es Ochsen ? Und wer sind diese „Tarifgesichter“ ?
    Aus Deutschland wegzugehen ist für mich gar kein Thema. Wir haben hier einen Garten gepflanzt und sind hier verwurzelt. Obstbäume, Stechpalmen und Eichen, Birken, Buchen, Ebereschen,Eiben. Teich mit Goldfischen. Wer ca. 900 qm Garten hat, ist nicht jemals arbeitslos.
    Wir haben Igel-Hotels, Wildbienen-Hotels und Futterplätze für Vögel und Eichhörnchen.
    Selbst wenn hier Bomben fallen, gehe ich mit diesen anderen Lebewesen eher unter, als hier weg zu gehen. Dann war`s das gewesen, Ranma. Ich liebe dieses Deutschland.

    Das wirkliche Problem ist Erwerbslosigkeit, nicht die Arbeitslosigkeit. Man muss ja nicht reich sein, nur vermögend sein, dann kann „Arbeitslosigkeit“ richtig Spass bringen. Arbeit kann man sich „zur Not“ auch immer selber machen,Und wenn es „nur“ Hausputz oder das Kochen ist.
    Was man sich zur Not nicht so leicht selber basteln kann, ist Geldwerwerb.
    Wenn man heutzutage vermögend und arbeitslos ist, ist es kein Problem, dass man keiner Erwerbsarbeit nachgehen muss. Umgekehrt ganz anders. Wenn man heutzutage ohne Vermögen ist, arm ist, ist man nicht unbedingt arbeitslos, weil das Jobcenter einem irgendwelche sinnlosen Arbeitsmassnahmen aufzwingt. Ich kenne eine Frau, die 14 Semester lang Kunst studierte, die dann später als alleinerziehende Mutter erwerbslos wurde. Die musste – per Massnahme des Jobcenter – in einer Kunstschule Kurse belegen. Sie bastelte dort irgendwelche Objekte, malte Bilder. Nur vermarkten durfte sie ihre Werke nicht. Sondern am Ende des Kurses kam das in den Müll. Glaube, dass all das der äussere Abdruck eines inneren Irrsinns ist, der sich immer mehr epidemisch verbreitet. Menschen machen sinnlose Arbeit.
    Merkel sagte mal.“Deutschland braucht Arbeit.“
    Da frage ich mich, warum dann immer mehr Intelligenz darauf verwendet wird, eine Automatisierung zu erschaffen, deren einziger Sinn offenbar doch darin besteht, uns Menschen vom lästigen Arbeitszwang zu befreien ? Sinn der Technik ist doch der, uns die Arbeit abzunehmen. Gäbe es keine Bagger, hätten wir Vollbeschäftigung, denn dann müssten Massen an Menschen mit Spaten die Baugruben ausheben. Gäbe es keine Waschmaschinen, müssten wir mit der Hand die Wäsche waschen und hätten kaum Zeit für andere Dinge.
    Arbeitslosigkeit oder die Befreiung vom Arbeits-Zwang ist doch erstmal Freiheit !
    Es ist die Politik, die aus solcher Freiheit ein „Problem“ konstruiert., indem sie Lohn mit Leistung zwangsverkoppelt in einer Zeit, in der Maschinen die Leistung erbringen.
    Maschinen brauchen kein Weihnachtsgeld.

  31. @Michaela Wolff:

    ‚Leihfirma‘ ist eher eine Art Spitzname. Der soll gerade aussagen, daß da Menschen, die ‚verliehen‘ werden, nicht selbstbestimmt leben. So soll ein Unternehmen für Personalverwaltung eigentlich nicht funktionieren. Gedacht war es so: In dem Maße, in dem durch Schuld des Gesetzgebers bureaukratische Anforderungen anstiegen, stieg auch die Nachfrage danach, Verwaltungsaufgaben aus Unternehmen auszulagern. In der Tradition der Arbeitsteilung entstanden Unternehmen, welche die Personalverwaltung übernehmen wollten. Jedoch übersahen die neuen Unternehmer, daß die volkswirtschaftliche Lehre so ziemlich garkeinen Bezug zur Wirklichkeit hat. In der Theorie werden mal eben hundert Arbeiter aus einem Unternehmen, das schließen muß, genommen und in ein anderes Unternehmen gesteckt, das neu eröffnet. Einfach so, von einem Tag auf den anderen. Die Personalverwalter müßten die Arbeiter mindestens umschulen und dafür sorgen, daß die Betriebsgeheimnisse bewahren. In der Praxis funktioniert das natürlich nicht.

    „Aus Deutschland wegzugehen ist für mich gar kein Thema. Wir haben hier einen Garten gepflanzt und sind hier verwurzelt. Obstbäume, Stechpalmen und Eichen, Birken, Buchen, Ebereschen,Eiben. Teich mit Goldfischen. Wer ca. 900 qm Garten hat, ist nicht jemals arbeitslos.
    Wir haben Igel-Hotels, Wildbienen-Hotels und Futterplätze für Vögel und Eichhörnchen.“

    Das kann ich mir sehr gut vorstellen, weil es mir nämlich ähnlich ergeht. Abgesehen vom Goldfischteich. Und davon, daß die Bäume um mich herum bereits von meinem Großvater gepflanzt wurden. Und abgesehen davon, daß 900 qm Garten im Vergleich mit einem altem Bauernhof eher lächerlich wirken. Arbeitslos war ich auch noch nie. Nur Einkommen gab es dafür leider auch noch nie! Umgekehrt wäre mir es tausendmal lieber. Genau das macht meine Heimat zu einem Dilemma für mich…

    „Nur vermarkten durfte sie ihre Werke nicht. Sondern am Ende des Kurses kam das in den Müll.“

    Ich ringe um Worte. ‚Ist das Kunst oder kann das weg?‘ ist doch schon lange ein geflügeltes Wort. Kunst sollte man also eigentlich daran erkennen, daß niemand sie in den Müll wirft?

    Aber was hinderte deine Bekannte daran, ihre Kunstwerke doch zu vermarkten?

    „Arbeitslosigkeit oder die Befreiung vom Arbeits-Zwang ist doch erstmal Freiheit !“

    Damit stimme ich völlig überein. Damit stimmten schon die Menschen der Antike überein. Darum überließen sie die Arbeit den Sklaven. Die hatten Pech, daß es noch keine Roboter gab.

    Schon seltsam, daß man heute aus Arbeitslosigkeit ein Problem konstruieren will. Allerdings macht das nicht die Politik. Du brauchst nur die Menschen in deiner näheren Umgebung zu befragen. Völlig egal, wo du gerade bist, die Menschen wollen Arbeit. Sie betteln und flehen geradezu um Arbeit. Jesus von Nazareth lehrte: ‚Bittet, so wird euch gegeben.‘ Also benutzen die Leute tatsächlich ein wenig bekanntes Naturgesetz, um sich mit immer mehr Arbeit zu überschütten und sich selbst zu schaden. Anstatt daß wir auf diese Weise um Einkommen flehen würden…

    Leider stimmt auch nicht, daß Lohn mit Leistung zwangsverkoppelt wäre. Wenn dem so wäre, dann würde ich schließlich automatisch Lohn bekommen und zwar nur dafür, daß ich etwas leiste. So einfach ist es leider nicht!!! Dann hätte ich wirklich keinen Grund, um von hier weg zu wollen…
    Ranma

  32. Jep so ist das mit den Exporten. Aber egal, hauptsache Weltmeister, oder wenigstens vieze. „lol“.

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