Die übersinnliche Natur des Denkens – Zur Bedeutung von Hegels „Logik“

Am 27. August dieses Jahres jährte sich zum 250. Mal der Geburtstag Georg Wilhelm Friedrich Hegels, eines der größten Denker der Menschheit, der „in einem Atemzug mit Platon und Aristoteles“ genannt wird, wie es auf der Webseite der Humboldt-Universität Berlin heißt.  Was gehört zentral zum Kern seiner Philosophie, was ist die besondere Errungenschaft für das menschliche Denken und Erkennen, die Hegel zu verdanken ist?  Dies allgemeinverständlich darzustellen, soll nachfolgend versucht werden.

Einer der besten Kenner Hegels, der deutschen idealistischen Philosophie überhaupt, innerhalb derer Hegel zum großen führenden Dreigestirn neben Fichte und Schelling gehörte, war der vielfach verkannte Rudolf Steiner. Er hatte selbst Philosophie studiert, darin promoviert und 1914 in seinen „Rätseln der Philosophie“ eine umfassende Geschichte des philosophischen Denkens vorgelegt.1 Am 27. August 1920 hielt er zum 150. Geburtstag Hegels einen Vortrag 2, dem wir im Wesentlichen folgen wollen, ergänzt durch einige Stellen aus seinen Schriften.

Biographisches

„Am 27. August 1770 in Stuttgart geboren, kam Hegel … im achtzehnten Lebensjahre an die Tübinger Universität, studierte dort Theologie und machte die Bekanntschaft vor allen Dingen des viel beweglicheren, geistig regsameren jugendlichen Schelling, machte die Bekanntschaft des … die schwermütigsten Empfindungen des alten Griechenland in die neuere Zeit heraufhebenden Hölderlin, verbrachte mit diesen beiden, mit Hölderlin und Schelling, in inniger Kameradschaft seine Studienjahre in Tübingen, wandte sich dann gleich Schelling Mitteldeutschland, Thüringen, der Jenenser Universität zu, wo er zunächst, ebenso wie Schelling, angezogen durch die Persönlichkeit Johann Gottlieb Fichtes, seine ersten Versuche in Ausarbeitung eigener Weltanschauungsideen machte. Er wirkte an der Universität bis zum Jahre 1806.

In diesem Jahre vollendete er sein erstes größeres, selbständiges Werk, «Die Phänomenologie des Geistes», wie man sagt, während die Kanonen Napoleons um Jena herum donnerten. In diesem Werke ist enthalten der Versuch, alles dasjenige in Gedanken wieder zu erleben, was das menschliche Bewusstsein erleben kann von seinen dumpfesten Welteindrücken bis zu jener Klarheit herauf, wo der Mensch in einer solchen Intensität die Ideenwelt durchlebt, dass ihm diese Ideenwelt selbst als die Substanz des Geistes erscheint. … Etwas wie eine Weltreise des Geistes ist diese «Phänomenologie des Geistes».
Die damals schwierigen Verhältnisse in Deutschland brachten Hegel um seine Stellung an der Universität in Jena. Er blieb aber weiter im mittleren Deutschland und redigierte zunächst ein Jahr etwa eine politische Zeitung in Bamberg, war dann Gymnasialdirektor in Nürnberg, bis er für wenige Jahre Universitätsprofessor in Heidelberg wurde.
Während seiner Nürnberger Zeit arbeitete er sein bedeutsamstes Werk, die «Wissenschaft der Logik» aus. In Heidelberg schrieb er seine «Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften». Dann wurde er berufen an die ja aus dem Geiste Fichtes und Humboldts heraus begründete Berliner Universität, an der er eine einflussreiche Tätigkeit ausübte, welche Tätigkeit sich eben ausdehnte über das gesamte Unterrichtswesen, das von Berlin aus verwaltet werden konnte, und auch über andere geistige Angelegenheiten.

Hegel war eine merkwürdige Persönlichkeit (…), etwas ungelenk im Darstellen, brachte nur schwer seine Sachen hervor. Der Gedanke in ihm arbeitete, arbeitete aus tiefen Untergründen der Seele heraus, während er vortrug, gestaltete sich außerordentlich schwer zum Worte, das wie stotternd und wie abgerissen hervorkam. Dennoch aber soll sein Vortrag, der in dieser Weise, wie fortwährend sich unterbrechend, an die Zuhörer herantrat, einen außerordentlich großartigen Eindruck gemacht haben auf diejenigen, die einen Sinn dafür hatten, auf eine solche Persönlichkeit einzugehen.“
Aber auch sonst hatte Hegel merkwürdige persönliche Eigenschaften. Er lebte die ganze Struktur einer neuen Umgebung, in der er sich befand, intensiv mit und konnte sich verhältnismäßig rasch in sie einleben. Er hatte den Schwabengeist mit all seinen charakteristischen Merkmalen in sich, wuchs aber aus dem schwäbischen Milieu heraus, indem er nach dem Studium einige Zeit als Hauslehrer in der Schweiz und in Frankfurt am Main tätig war und sich dort jeweils bald in die ganz anderen Umgebungen hineinfand.

Weiterbildung der Philosophie Fichtes

„Und dann kam er nach Jena, wo Fichtes Feuergeist wirkte, wo vor allen Dingen etwas war wie eine Zusammenfassung des ganzen mitteleuropäischen Geisteswesens, eine Zeit, von der sich heute die  Menschen kaum noch eine Vorstellung machen können. Es war ja so, dass, wenn Fichte in seiner Art die durchaus voll auf einer hohen geistigen Stufe stehenden Auseinandersetzungen im Hörsaal machte, die aber trotzdem auf einer abstrakten Höhe standen, diese Auseinandersetzungen sich in Debatten bis in die Straßen und öffentlichen Plätze in Jena fortsetzten; so dass in der Tat solch ein Vortrag Fichtes nicht bloß eine Auseinandersetzung mit irgendwelchen Problemen war, sondern ein Ereignis war, … auch in der Hinsicht, dass von allen irgendwie nicht allzu weit von Jena abliegenden Orten dazumal nach Weltanschauung bedürftige Persönlichkeiten in Jena sich einfanden. (…)

Angeregt durch das, was da Gewaltiges an Geist in die Welt floss, war der philosophische Feuergeist Schelling, war auch der schwerfälligere Georg Friedrich Wilhelm Hegel, der sich aber mit Schelling zusammentat, um die Fichtesche Philosophie weiterzubilden. Schelling und Hegel gaben dazumal in Jena im Beginne des vorigen Jahrhunderts das «Kritische Journal der Philosophie» heraus, das sich in seinen Artikeln durchaus auf den höchsten Höhen philosophischen abstrakten Denkens bewegte, aber so, dass man sieht: die in dünne Abstraktionen gesenkten Auslassungen beschäftigen sich, wie unmittelbar aus dem menschlichen Herzen hervorsprudelnd, mit denjenigen Angelegenheiten des Menschen- und Weltlebens, die die Gipfelpunkte alles Weltanschauungsstrebens nun einmal sind.

Dann arbeitete sich Hegel zu einer gewissen Selbständigkeit heraus und schrieb eben bis 1806 seine «Phänomenologie des Geistes», die aber eigentlich eine Phänomenologie des Bewusstseins ist.
Immer stand Hegel, wie ich sagte, in dem ganzen Milieu darinnen. Tief in seinem Inneren arbeiteten die Rätsel, die in seiner Umgebung waren. Und so, wie es der Schwabengeist war mit seiner … bei einzelnen auserlesenen Schwaben sich findenden Tiefe, … so war es dieser ganze, das neuere Geistesstreben in Konzentration zusammenfassende Philosophengeist, der ihn in Jena im Beginne des 19. Jahrhunderts ergriff, und aus dem heraus er schrieb und wirkte, aus diesem philosophischen Geist, der sich aber immer nährte an einem Überblicke, den er sich unaufhörlich über die allgemeine Weltlage machte.“

Was für ein aufmerksamer Beobachter des Weltgeschehens Hegel war, davon kann man sich ein Bild in seinen „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte“ machen, wo er z. B. sagte:
„Vergleichen wir Nordamerika noch mit Europa, so finden wir dort das perennierende (dauerhafte) Beispiel einer republikanischen Verfassung. Die subjektive Einheit ist vorhanden, denn es steht ein Präsident an der Spitze des Staates, der zur Sicherheit gegen etwaigen monarchischen Ehrgeiz nur auf vier Jahre gewählt wird. Allgemeiner Schutz des Eigentums und beinahe Abgabenlosigkeit sind Tatsachen, die beständig angepriesen werden. Damit ist zugleich der Grundcharakter angegeben, welcher in der Richtung des Privatmannes auf Erwerb und Gewinn besteht, in dem Überwiegen des partikularen Interesses, das sich dem Allgemeinen nur zum Behufe des eignen Genusses zuwendet. Es finden allerdings rechtliche Zustände, ein formelles Rechtsgesetz statt, aber diese Rechtlichkeit ist ohne Rechtschaffenheit, und so stehen denn die amerikanischen Kaufleute in dem üblen Rufe, durch das Recht geschützt zu betrügen.“

Erleben der Ideen als Weltgedanken

Aus diesem den Überblick suchenden, zusammenfassenden Philosophengeist entstand:
„auch Hegels «Logik», keine gewöhnliche Logik, sondern etwas ganz anderes. Sie ist im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts geschrieben. … Die allereigentümlichste Art des Strebens der Menschheit auf der höchsten Höhe tritt gerade in dieser Hegelschen Logik zutage. Logik ist für Hegel etwas wie eine Art Zusammenfassung desjenigen, was das Griechentum in einer etwas andern Art, als es Hegel tat, unter Logos verstand – die Weltvernunft.3  Hegel war dazu gekommen, während jenes inneren, tiefen Erlebens, das er durchmachte bei der Ausarbeitung seiner «Phänomenologie des Geistes», so recht zu fühlen: Wenn der Mensch sich erhebt bis zum intensiven Erleben der Idee, also der Ideen der Welt, dann ist dieses Erleben der Idee nicht mehr ein Gedankenerleben bloß, dann ist dieses Erleben der Idee ein Erleben des göttlichen Weltelementes in seiner Wahrheit, in seiner Reinheit, in seiner lichten Klarheit. Etwas, was in Mitteleuropa in den Geistern, in den Seelen seit Jahrhunderten pulste, es kam auf besondere Art in Hegel dazumal zum innerlich seelischen Dasein.“

Es war für Hegel ein tiefes Gefühlserlebnis, das er mit dem Aufgehen seiner Seele in der hellen, lichten Klarheit der Weltideen empfand:
 „ein Aufgehen der Seele in reinen Ideen, aber mit der Überzeugung, dass diese Ideen die Weltsubstanz sind, ein Leben in dem, was Nietzsche später genannt hat die kalte, eisige Ideenregion, aber bei Hegel ein Erleben der Ideen mit dem Bewusstsein, dass dieses Erleben der Ideen ein Zwiegespräch mit dem Weltengeiste selber ist.
Was da Hegel erlebte, nicht in vagen Definitionen von einer Einheit der Welt, nicht in solchen vagen Begriffen, wie sie die Pantheisten auseinandersetzen, sondern in konkreten Ideen, die zu verfolgen waren von dem einfachen Sein bis herauf zu der vollerfüllten Idee des Organismus und des Geistes, was da erlebt werden kann in aller Breite der entwickelten Ideenwelt, das fasste Hegel zusammen in seiner «Logik»; so dass in seiner «Logik» gegeben werden will ein Organismus der dem Menschen möglichen Ideen, die aber zu gleicher Zeit, indem sie der Mensch erlebt, die Gewissheit zeigen, dass sie dasselbe sind, wonach der Weltengeist die Wirklichkeit werden lässt. Daher nennt Hegel auch den Inhalt seiner «Logik» die Göttlichkeit vor der Erschaffung der Welt.“

An anderer Stelle beschreibt dies Rudolf Steiner folgendermaßen:
„Was dieser Denker als Weltanschauung geschaffen hat, ist ein umfassendes Gedankengemälde oder gewissermaßen ein vielgliedriger Gedankenleib, der aus zahlreichen Einzelgedanken besteht, die gegenseitig sich tragen, stützen, bewegen, beleben, erleuchten. Und diese Gedanken sollen solche sein, die nicht aus den Sinneneindrücken der Außenwelt, auch nicht aus den täglichen Erlebnissen des menschlichen Gemütes stammen; sie sollen in der Seele sich offenbaren, wenn diese aus den Sinneseindrücken und Gemütserlebnissen sich heraushebt und sich zum Zuschauer des Vorgangs macht, durch den der von allem Nichtgedanklichen freie Gedanke sich zu weiteren und immer weiteren Gedanken entfaltet. Wenn die Seele diesen Vorgang in sich geschehen lässt, soll sie ihres gewöhnlichen Wesens enthoben und mit ihrem Tun in die geistig-übersinnliche Weltordnung einverwoben sein. Nicht sie denkt dann; das Weltall denkt sich in ihr; sie wird der Teilnehmer eines außermenschlichen Geschehens, in das der Mensch bloß eingesponnen ist; und sie erlebt auf diese Art in sich, was in den Tiefen der Welt wirkt und webt. (…)
Dieses innerlich Kraftvolle des Gedankenlebens, das sich in sich selbst überwinden will, um in ein Reich sich zu erheben, in dem es nicht mehr sich selbst, sondern der unendliche Gedanke, die ewige Idee in ihm lebt, ist das Wesentliche in Hegels Suchen.“ 4

„Aber eisig ist die Region“, fährt R. Steiner in seinem Vortrag fort, „in die der Mensch versetzt wird, der Hegels «Logik» nachstudiert, eisig ist diese Region, denn Hegel bewegt sich durchaus in demjenigen, was der gewöhnliche Mensch die äußerste Abstraktion nennt.
Er beginnt als die einfachste Idee das Sein hinzusetzen, geht dann in das Nichts über, schreitet fort vom Sein durch das Nichts dialektisch zum Werden, zum Dasein und so weiter, zum Für-sich-Sein, zum Wesen, zur Substantialität, zur Kausalität und so weiter; und man bekommt nicht dasjenige, was der gewöhnliche Mensch will, wenn er innerlich in seiner Seele erfüllt werden will von der göttlichen Weltenwärme; man bekommt eine Summe von, wie eben im gewöhnlichen Leben gesagt wird, abstrakten Ideen.“
Aber eben Ideen, die von Hegel tief als in sich selbst gegründet, als Glieder einer göttlichen Weltenvernunft empfunden werden.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel,
porträtiert von Jakob Schlesinger, 1831 (Wikipedia)

Verfall der Philosophie

„Rosenkranz, der Schüler Hegels, der seinem Meister ganz ergeben war, er hat uns eine … nicht nur liebenswürdige, sondern auch geistvoll geschriebene Biographie von Hegel geschenkt. Er spricht in dieser Hegel-Biographie Worte aus, die … für die Zeitentwickelung in gewisser Beziehung signifikant sind. Er sagt, etwa so Mitte der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts: Wir sind eigentlich die Totengräber der großen Philosophen. Und er zählt dann auf, wie die großen Philosophen um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert aus der europäischen Zivilisation aufgestiegen sind, und wie sie eigentlich in jener Zeit gestorben waren. Man bekommt ein wehmütiges Gefühl, wenn man gerade diese Stelle in Rosenkranz´ Hegel-Biographie liest, denn es ist etwas sehr Wahres ausgesprochen.
Dieses 19. Jahrhundert, indem es immer mehr und mehr vorrückte, wurde zum Totengräber nicht nur der Philosophen, sondern der Philosophie, ja der großen Weltanschauungsfragen überhaupt. Dasjenige, was uns jetzt entgegentritt mit solchen Riesenschritten, der Verfall der europäischen Zivilisation, er zeigte sich zuerst auf den philosophischen Höhen. Die anmaßenden philosophischen Systeme aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind ja im Grunde genommen Niedergang.“

Doch diesen Niedergangs-Impulsen müssten heute dringend Aufgangsimpulse entgegengesetzt werden, und die seien ja auch bei dem gewaltigen Denker Hegel, dieser großen Individualität, enthalten, die in ihrer ewigen Entelechie lebendig fortwirke.

„Aber allerdings, Lebendige solcher Art, wie Hegel es war, sie werden in gewisser Beziehung zu gleicher Zeit zu scharfen Kritikern desjenigen, was in unserer Zeit zum Teil aus der Schläfrigkeit der Seele, zum Teil aus bösem Willen heraus sein Bündnis mit den Niedergangsmächten schließt. Und so muss ich … sagen: Ja, wahr ist es, in einer kalten, eisigen Region zunächst abgezogener Begriffe verläuft die logische Dialektik Hegels. Man lebt eigentlich in lauter Begriffen, indem man die Hegelsche «Logik» durchlebt, die der gedankenlose Mensch nicht liebt, bei denen der gedankenlose Mensch sagt: Das interessiert mich nicht. —
Aber gerade diese Begriffswelt Hegels, gerade diese Summe von scheinbaren Abstraktionen, gerade diese eisig kalten Begriffe, was sind sie denn?“

Bedeutung der Begriffe in Hegels „Logik“

Rudolf Steiner weist nun auf die von ihm ausgebildete anthroposophische Geisteswissenschaft hin, die durch Entwicklung höherer Erkenntnisfähigkeiten den Menschen in die Lage versetzt, wahrnehmend und erkennend in das reale Geistige vorzudringen, das allem, auch dem Denken und Bilden der Begriffe zugrunde liegt. So könne man dahinter kommen, was diese Begriffe und Ideen in Hegels „Logik“ eigentlich sind.
„Sie können ja ganz ohne Zweifel die ewige Weltvernunft selbst nicht sein, denn diese ewige Weltvernunft hätte nimmermehr aus dieser Summe von bloßen Abstraktionen heraus die ganze vielgestaltige und vor allen Dingen nicht die ganze wärmehaltige Welt erbilden können. Wie dünne Begriffsschleier – Hegel nennt selbst seine Ideen der Logik Schattenbilder —, so nehmen sich diese logischen Begriffe, diese logischen Ideen aus.
Also dasjenige, was Hegel zunächst in seinem Glauben erlebte von dieser Logik, das kann sie natürlich nicht sein; sie ist eine Summe von Ideen, die beginnt bei dem Sein, geht durch das Nichts zum Werden und so weiter, durch lauter solche Begriffe, und endet bei der ihren Zweck in sich selber tragenden Idee, also bei dem, was das gewöhnliche Bewusstsein auch noch eine Abstraktion nennt.

Also gewiss, die Welt erschaffen aus solchen Ideen hätte man nicht können, und dasjenige, was lebendiger Geist ist, was ja erfasst werden muss im übersinnlichen Erkennen als lebendiger Geist, das ist auch diese Logik nicht. Es ist schon … aus einem subjektiven Empfinden heraus, wenn Hegel sagt, der Inhalt dieser Logik, das seien die Gedanken Gottes vor der Erschaffung der Welt. Man könnte nimmermehr die reiche Fülle der Welt irgendwie erfassen aus diesen Gedanken heraus.
Und dennoch, das Erlebnis, wenn man sich nur überhaupt darauf einlässt, ist ein starkes, ein gewaltiges. Was ist es denn eigentlich, was in dieser Logik enthalten ist?“

R. Steiner erinnert nun daran, dass jeder Mensch mit seinem ganzen Wesen stets zwei versucherischen Mächten des Bösen ausgesetzt ist, die ihn in ihre Einseitigkeit hereinziehen und so zerstören wollen: auf der einen Seite den luziferischen, die den Menschen weltflüchtig der Erde entziehen und auf der anderen Seite den ahrimanischen, die ihn in die Erde hinein verhärten, verkrampfen wollen. 4a Leiblich bewirkt das Luziferische fiebrige, auflösende und das Ahrimanische verknöchernde, verkalkende Erscheinungen. Im Seelischen muss der Mensch das Gleichgewicht halten zwischen schwärmerischer, mystischer Theorie und dem, was ihn zum Pedantischen, Philiströsen und materialistisch Intellektuellen hinunterzieht.
Dem sind natürlich auch die Philosophen ausgesetzt, und man könne im Laufe der Entwicklung verschiedene Etappen der Philosophie unterscheiden, in denen sie mehr nach der einen oder nach der anderen Seite neige.   

„Wer Hegel versteht, wie er seine «Logik» ausarbeitet, der sieht, wie die Menschheit in dieser Zeit, da Hegel seine «Logik» ausarbeitet – im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts -, beginnt zu verkalken, beginnt materialistisch zu werden, dicht zu werden, in die Materie verstrickt zu werden. Wie ein Versinken in die Materie im Wissen, im Erkennen ist es in dieser Zeit. Und es erscheint einem wie im Bilde diese Menschheit, im Materiellen versinkend, Hegel wie in der Mitte stehend, mit aller Gewalt sich herausarbeitend und entreißend Ahriman dasjenige, was Ahriman Gutes hat: die abstrakte Logik, die wir brauchen zu unserer innerlichen Befreiung, ohne die wir nicht zum reinen Denken kommen, diese entreißend den Mächten der Schwere, diese entreißend den irdischen Mächten und sie hinstellend in ihrer ganzen kalten Abstraktheit, damit sie nicht in demjenigen Elemente lebe, das das Ahrimanische im Menschen ist, sondern damit sie heraufkomme in das menschliche Denken.
Ja, diese Hegelsche Logik ist den ahrimanischen Mächten entrissen, entrungen und der Menschheit gegeben; sie ist dasjenige, was die Menschheit braucht, ohne die sie nicht vorwärtskommen kann, was aber erst Ahriman entrissen werden musste.

So bleibt die Hegelsche Logik tatsächlich etwas Ewiges, so muss sie fortwirken. Sie muss immer wieder gesucht werden. Man kann ohne sie nicht auskommen. Will man ohne sie auskommen, so verfällt man entweder in die Weichlichkeit der Schleiermacherei, oder man versinkt in dasjenige, in das man sogleich versunken ist, als man an Hegel sich heranmachte und ihn nicht fassen konnte. Denn da steht, während auf der einen Seite das Bild des Hegel auftritt, der sich herauserhebt aus dem Ahrimanischen, der dasjenige, was von Ahriman als reine Logik für die Menschheit zu retten ist, für das menschliche Denken wirklich rettet, da steht auch auf der andern Seite das Bild von Karl Marx auf, der auch sich an Hegel orientierte, das Hegelsche Denken aufnimmt, aber von ´Ahrimans Klauen´ ergriffen wird und in die tiefsten Tiefen des materiellen Sumpfes hineingerissen wird, der mit Hegels Methode zum historischen Materialismus kommt.

Da sieht man unwillkürlich nebeneinander den nach aufwärts strebenden Geist, der dem Ahriman die Logik entreißt, und neben ihm denjenigen, der mit dieser Logik, weil man mit ihr sich eben aufrechterhalten muss durch alle inneren menschlichen Seelenkräfte, der versinkt in das Ahrimanische. So steht schon Hegel da als ein Geist, den man nur fassen kann, wenn man ihn zu fassen sucht mit den Begriffen, die eigentlich nur wiederum die Geisteswissenschaft geben kann. Das ist dasjenige, was Hegel geworden ist aus jenen Wirkungen, die auf ihn ausgeübt worden sind durch die flammenden Fichte-Worte in Jena, deren Extrakt er dann in seiner Art ausgebildet hat während seiner Bamberger, während seiner Nürnberger, während seiner Heidelberger Zeit.

Denn rachitisch müsste werden jede Geisteswissenschaft, die nicht durchdrungen werden konnte von dem knöchernen Ideensystem, das dem Ahriman, dem verknöchernden Ahriman abgerungen worden ist durch Hegel. Man braucht dieses System. Man muss in einer gewissen Weise daran innerlich stark werden. Man braucht diese kühle Besonnenheit, wenn man nicht in nebuloser, warmer Mystik verkommen will beim geistigen Streben. Man braucht auch die Kraft, die in Hegel lebte, man braucht seine Kraft zum Vernunftbekenntnis, wenn man nicht untersinken will in dasjenige, in das Karl Marx sogleich untergesunken ist, als er selbständig die Hegelsche Geistigkeit in sich verarbeiten wollte.

Es ist notwendig, es wäre notwendig, dass in diesem Zeitpunkte, der vielleicht einer der wichtigsten ist, noch wichtiger als 1914, möglichst viele Menschen sich gerade an das Bedeutsame in Hegel erinnern. Denn die Seelen könnten in einer gewissen Weise aufwachen gerade an Hegel. Und Aufwachen ist nötig. Man glaubt es nicht, man will es nicht glauben, welche Gefahren eigentlich in der Zivilisation Europas und seines amerikanischen Anhanges walten; man will nicht glauben, welche Niedergangskräfte vorhanden sind. Man rechnet ja eigentlich nur mit den Niedergangskräften heute im öffentlichen Leben. Die Aufgangskräfte will man nicht spüren.“ 5

Die übersinnliche Natur des Denkens

Durch Hegel kommt als eine Kraft des deutschen Idealismus „das Vertrauen in die tragende Macht des Denkens“ zum Ausdruck. „Jede Seite in Hegels Werken ist eine Bekräftigung dieses Vertrauens, das zuletzt in der Überzeugung gipfelt: Wenn der Mensch völlig versteht, was er in seinem Denken hat, so weiß er auch, dass er den Zugang zu einer übersinnlich-geistigen Welt gewinnen kann. Der deutsche Idealismus hat durch Hegel das Bekenntnis zu der übersinnlichen Wesenheit des Denkens abgelegt.“ 6

Das Denken selbst ist kein physischer, sondern ein seelisch-geistiger Vorgang, auch wenn er von beobachtbaren Prozessen im Gehirn begleitet wird. Die Gedanken sind nicht materiell wahrnehmbar, wir erfassen sie rein seelisch-geistig von innen und bewegen uns in ihren Inhalten und logischen Verknüpfungen. Sie sind keine subjektiven Konstrukte, sondern ihre Inhalte ragen aus einer übersinnlichen, geistigen Welt in uns herein, werden aber durch unsere Organisation zu blassen Schatten abgelähmt.
Man kann aber mit diesem übersinnlichen Denken hinter die Schatten dringen und in das Übersinnliche hinaufsteigen, wenn man es durch Konzentrations- und Meditationsübungen innerlich verstärkt und erkraftet. Dadurch gelangt man allmählich vom Denken zum Erleben des Denkens. Denn gewöhnlich wird nicht das Denken erlebt, sondern der Inhalt der Gedanken, die das Denken hervorbringt; das Denken als strömende Tätigkeit bleibt dagegen unbemerkt im Hintergrund. Durch die Übungen kommt man allmählich dazu, nicht in dem, was gedacht wird, zu leben, sondern in der Tätigkeit des Denkens selbst. Dann beginnen die Gedanken, sich mit einem ihnen eigentümlichen Leben zu erfüllen, das zum Anschauen von geistig Wesenhaftem hinführt, von dem die Gedanken des gewöhnlichen Bewusstseins nur die Schatten sind.7

Hegel ist so weit nicht gegangen. Er erkannte die übersinnliche Natur des Denkens, blieb aber in der virtuosen Handhabung des schattenhaften Denkens im Irdischen stehen.
„Er hat die übersinnliche Natur des Denkens mit aller nach dieser Richtung dem Menschen zur Verfügung stehenden Kraft empfunden. Aber er hat viel Menschenkraft aufwenden müssen, um diese Empfindung einmal durch ein volles Denkerwirken hindurchzutragen, so dass er die übersinnliche Natur des Denkens nicht selber hatte in übersinnliche Gebiete hinaufführen können.“ 8

Rudolf Steiner macht schließlich auf einen bedeutsamen Zusammenhang in der Geschichte des abendländischen Denkens aufmerksam: Im 8. Jahrhundert vor Christus habe in Südeuropa, insbesondere in Griechenland eine Kultur begonnen, in der sich aus dem bis dahin vorherrschenden mythischen, bildhaften Denken das Denken in bildlosen, abstrakten Begriffen allmählich herauslöste. „Etwa dreieinhalb Jahrhunderte danach war der Gedanke so weit reif, dass er in den griechischen Philosophen mit jener Klarheit ausgesprochen werden konnte, die dann zur platonischen Philosophie führte.“ (Platon lebte von 428 bis 348 v. Chr.)

Mit Beginn des 15. nachchristlichen Jahrhunderts endete in Mittel- und Westeuropa das Mittelalter und die Neuzeit begann, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Mensch immer mehr auf sein eigenes Denken, Entdecken und Forschen stützte, wovon das Streben nach persönlicher Freiheit in allen Lebensgebieten bedingt ist. Etwa dreieinhalb Jahrhunderte danach sei das europäische Denken so weit gereift, dass es aus dem bloßen Verständnis des Gedankens bei Plato fortschritt „zu einer bewussten Aussprache von der Natur des Gedankens, das heißt bis zu Hegel (1770 bis 1831). Der menschliche Gedanke erlebte seinen Höhepunkt in Hegel mit dem Satz: Das Leben und Weben des Gedankens in der Wahrheit ist der wirkende Geist.“ 9  

Das heißt, Hegel erlebte in den Gedanken das Leben und Weben der Gedanken des schöpferischen Geistes Gottes, die in unser eigenes Denken einströmen. Und er erfasste, dass aus diesen Weltgedanken, dieser göttlichen Weltenvernunft allein alles entstanden ist und entsteht und dass nur aus ihnen der Mensch Leben und Licht findet für sein eigenes Ich. Und Rudolf Steiner setzte in Anlehnung an den aus der griechischen Logos-Lehre herausgewachsenen Prolog des Johannes-Evangeliums fort:
„Das, was Hegel in so scheinbar ganz unverständlicher Weise sagt, man kann es aussprechen wirklich mit den Worten:

Im Urbeginne ist der Gedanke,
Und ein Unendliches ist der Gedanke,
Und das Leben des Gedankens ist das Licht des Ich.
Erfüllen möge der leuchtende Gedanke
Die Finsternis meines Ich,
Dass ihn die Finsternis meines Ich ergreife,
Den lebendigen Gedanken,
Und lebe und webe in seinem göttlichen Urbeginn.“

———————————–  
1   Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie, Stuttgart 19557
2   Im Band 199 der Gesamtausgabe (GA)
3   Zur griechischen Logos-Lehre siehe hier.
4   Rudolf Steiner: Vom Menschenrätsel, Dornach 4. Auflage 1957, S. 46 f.
4a Vgl. dazu hier
5   Wie Anm. 2
6   Wie Anm. 4, S. 52, 53
7   Vgl. a.a.O. Seiten 160 f.
8   a.a.O. S. 53
9   R. Steiner am 7.3.1914 in GA 152, S. 113 f.

48 Kommentare zu „Die übersinnliche Natur des Denkens – Zur Bedeutung von Hegels „Logik““

  1. Toll. Mal etwas für das Seelenleben in Zeiten des Wahnsinns. „Denn die Seelen könnten in einer gewissen Weise aufwachen gerade an Hegel. Und Aufwachen ist nötig.“

    Die >>Phänomenologie des Geistes<< ist für mich eines der wichtigsten Meisterwerke der Hochzeit deutscher Philosophie. Diese 543 Seiten (zumindest mein Exemplar) sind nichts für Jedermann. Das Buch erfordert einen derart hohen Abstraktionsgrad, dass ich selbst im dritten Durchgang größere Pausen einlegen muss und hier aktuell bei Seite 123 innehielt, um nicht im reinen Lesen statt Aufnehmen zu verharren. Ein Beispiel aus dieser Seite 123:

    "Wir sehen, dass im Inneren der Erscheinung der Verstand in Wahrheit nicht etwas anders als die Erscheinung selbst, aber nicht wie sie als Spiel der Kräfte ist, sondern dasselbe in seinen absolut allgemeinen Momenten und deren Bewegung und in der Tat nur sich selbst erfährt."

    Wo ist das Problem? Nicht nur, dass er sich während der gesamten 543 Seiten mit solchen Verschachtelungen fortbewegt; die Struktur, der Aufbau des Buches lässt auch einen vorgebildeten Leser oft ratlos zurück, weil sich gewisse Einsichten erst mit Folgekapiteln erschließen oder man bringt einen besonders hohen Abstraktionsgrad bereits mit, um ausreichend Fundament zu besitzen und mehrere Durchgänge akzeptiert. Das ist für mich auch die Erklärung, warum Hegel eine Zeit lang zum Star der dekadenten Elite wurde. Die haben ihn selbst nicht verstanden, sind auf den Zug aufgesprungen, denn sie bewegten und bewegen sich auch heute in einer anderen Welt und konnten so die notwendige Distanz zum Pöbel kommunizieren. So wie auch Karl Marx die Wurzel der Hegelschen Philosophie, deren Erkenntnisse nicht im Diesseits zu finden sind, nie fand und Hegel für seine Werke missbrauchte.

    Die Hegelsche Wurzel nach meiner Lesart:

    "Das Ganze ist ein ruhiges Gleichgewicht aller Teile und jedes Teil ein einheimischer Geist, der seine Befriedigung nicht jenseits seiner sucht, sondern in sich darum hat, weil er selbst in diesem Gleichgewicht mit dem Ganzen ist." ( aus Phänomenologie des Geistes, Kap. Der Geist).

  2. @hubi Stendahl
    Ich will mal eine bescheidene Hilfestellung versuchen.
    Hegel ringt um die Frage, wie wir zu einem Wissen, einer Erkenntnis der Gegenstände kommen, die uns in der Wahrnehmung erscheinen. Würden wir uns gegenüber der Wahrnehmung eines Gegenstandes, seiner Erscheinung, des Denkens völlig enthalten, wüssten wir nicht, was er ist. Erst im Denken, in unserem Verstande erfassen wir den Begriff des Gegenstandes, das ist sein Wesen, sein Ansichsein. In der Wahrnehmung durch die Sinne haben wir sein Außersichsein.
    So schreibt Hegel in der Einleitung der „Phänomenologie“ (ca. 4-5 Seiten vor deren Ende):
    „Nennen wir aber das Wesen oder das Ansich des Gegenstandes den Begriff und verstehen dagegen unter dem Gegenstande ihn als Gegenstand, nämlich wie er für ein anderes ist, so besteht die Prüfung darin, dass wir zusehen, ob der Gegenstand seinem Begriff entspricht. Man sieht wohl, dass beides dasselbe ist; das Wesentliche aber ist, dies für die ganze Untersuchung festzuhalten, dass diese beiden Momente, Begriff und Gegenstand, Füreinanderes und Ansichselbstsein, in das Wissen, das wir untersuchen, selbst fallen, und hiermit wir nicht nötig haben, Maßstäbe mitzubringen. …
    Die Wirklichkeit einer Sache wird also im Zusammenfließen dieser beiden Momente erfasst: in der Wahrnehmung oder Erscheinung des Gegenstandes und dem ihm zugehörigen Begriff des Verstandes, der in seinem Inneren wirkt, d.h. in ihrer gegenseitigen Durchdringung. Es gibt darüber hianus keinen anderen Maßstab.

    Geht man mit diesem Schlüssel an den von Ihnen oben zitierten Satz Hegels heran, so zeigt sich:
    „Wir sehen, dass im Inneren der Erscheinung der Verstand (der Begriff) in Wahrheit nicht etwas anders als die Erscheinung selbst (ihr Wesen), aber nicht wie sie als Spiel der (äußeren physischen) Kräfte ist (ihrem Füranderessein), sondern dasselbe in seinen absolut allgemeinen Momenten und deren Bewegung und in der Tat nur sich selbst (in ihrem Wesen, ihrem Ansichselbstsein) erfährt.“
    So würde ich an die Sache herangehen.

  3. Wahrscheinlich bleibt mein Kommentar auch im Schattenhaften stecken! Dennoch wage ich zu schreiben, dass das kalte, abstrakte Denken inzwischen in alle Lebensbereiche greift. Dabei droht die menschliche Seele immer weiter zu veröden. Geht einem äußeren, wirtschaftlich-politischen Fiasko nicht immer eine geistig-soziale Verwahrlosung voraus?
    Wenn ja, dann sollte gerade in schweren Zeiten wie diesen das geistige Band, zu den über dem Menschen stehenden
    höheren Mächten nicht abreissen. Aufbauende Impulse können durch eine lebendige, von Herzenskräften durch-strömte Denkfähigkeit entwickelt werden. Dabei sollte man nicht unbedingt den Blick auf sein Gegenüber richten, sondern auf sich selbst.

    “Wenn der deutsche Geist noch einmal aus seinen innersten und eigensten Kräften gegen diese große Vergewaltigung reagiert, wenn er ihr eine neue Kunst, Poesie und Religion entgegenzustellen imstande ist, dann sind wir gerettet, wo nicht, nicht. – Ich sage: Religion, denn ohne ein überweltliches Wollen, das den ganzen Macht- und Geldrummel aufwiegt, geht es nicht.” (…) Seiner Natur nach muß es etwas sein, das bei allen politischen, ökonomischen und anderen Katastrophen über dem Wasser schwimmt. Aber was? Da überfragen sie mich. Es könnte sein, dass auch wir es verkennten, wenn es in die Welt tritt.” Jacob Burckhardt

  4. „“der von allem Nichtgedanklichen freie Gedanke“

    Ähem – (Hüstel) -, das bedeutet in anderen Worten ein Gedanke, der frei ist von allem Nichtgedanklichen, also von allem, was nicht gedanklich ist.
    In einfachen Worten: Ein Gedanke, der nichts weiter ist, als ein Gedanke. Danke!
    Um das auszudrücken, bräuchte man kein meterlanges Geschwurbel absondern.
    Einfaches einfach beschreiben ist eine Kunst, die der „Homo Überkandidel-dudeldei“ anscheinend nicht kennt.
    Frohes Wochenende!

  5. @ Caesus Brotus
    Es ist aber einfach, im Wortgebrauch nur ungewohnt. Ein von allem Nicht-Gedanklichen freier Gedanke ist ein reiner Gedanke, der keine Wahrnehmungs- bzw. Vorstellungselemente aus dem Irdischen in sich enthält, z. B.: Sein, Werden, Kausalität, die man beispielhaft durch physische Vorgänge veranschaulichen kann, die Begriffe selbst aber sind rein gedanklich allgemein, abstrakt, d.h. von allem konkret Irdischen abgezogen, abstrahiert.

  6. @ Zitrone
    „Dennoch wage ich zu schreiben, dass das kalte, abstrakte Denken inzwischen in alle Lebensbereiche greift. Dabei droht die menschliche Seele immer weiter zu veröden.“

    Das stimmt schon. Rudolf Steiner meint aber hier, dass auch diese reinen Begriffe und Ideen Hegels von den Menschen heute als kalt und abstrakt (negativ) erlebt werden, während das bei Hegel überhaupt nicht der Fall war. Er lebte mit allem Enthusiasmus und allen Herzenskräften warm in diesen reinen Gedanken, die er aus der übersinnlichen Welt kommend als göttliche Weltgedanken empfand. Sie waren ihm im positiven Sinne abstrakt, vom Irdischen, Nicht-Gedanklichen unberührt und umsomehr vom Geiste erfüllt. Dahin müssen auch wir wieder kommen.

  7. Vielen Dank Herr Ludwig, fuer den Blick zurueck-nach-vorn durch Hegel & Steiner.
    Zitat: „… wo vor allen Dingen etwas war wie eine Zusammenfassung des ganzen mitteleuropäischen Geisteswesens, eine Zeit, von der sich heute die Menschen kaum noch eine Vorstellung machen können.“ = Das ist immer mein Eindruck, wenn ich alte Schriften von klugen Denkern lese. Es ist fuehlbar, dass es eine Wachheit zu der Zeit gab, die sich der spirituell-esoterische Teil unserer Mitmenschen nun so sehr erwuenscht, in unseren Tagen, und dabei auf die Erloesung – in dem Sinn – durch einen Polsprung oder kosmische Einflussnahme von Aussen erhofft. Was jedoch nur „funktionieren“ kann, wenn die Saat im Inneren wenigstens und bewusst zum Keimen angeregt wurde.
    Zu der damaligen Zeit stand etwas kurz vor dem Durchbruch auf der geistigen Ebene in Sachen Freiheit, da bin ich mir sehr sicher. Professoren kamen immer mehr Dingen auf die Spur – natuerlich vornehmlich innerhalb der deutschen Landen, was seitens der Hintergrund-Maechtigen nicht gewollt wurde. Mit Sicherheit bricht sich durch den geistigen Vorsprung, auch ein weltlicher Vorsprung seinen Weg. Darum sann der Schattengeist auf Vernichtung der Deutschen.
    Die Professoren waren wohl auch unserem Schatten-Volk auf der Spur, das sie als das merkwuerdigste aller Voelker beschrieben. Warum nennt sich ein Hauptstrang von Ihnen Aschkenasim? Weil Aschkenasia Deutschland bedeutet? Und sie es als ihr Eigentum ansehen? Ein Weltfrieden kann nur seinen Weg finden, wenn auch das einseitig kreierte Problem klar benannt wird und seinen Frieden findet. Trump scheint der Richtige dafuer zu sein, ich hoffe es sehr.

  8. Aus dem Text:
    ««« „Jede Seite in Hegels Werken ist eine Bekräftigung dieses Vertrauens, das zuletzt in der Überzeugung gipfelt: Wenn der Mensch völlig versteht, was er in seinem Denken hat, so weiß er auch, dass er den Zugang zu einer übersinnlich-geistigen Welt gewinnen kann. Der deutsche Idealismus hat durch Hegel das Bekenntnis zu der übersinnlichen Wesenheit des Denkens abgelegt.“ »»»

    Manchmal kann ich solche Sätze besser erfassen, wenn sie in Latinlibre* geschrieben sind:
    Cata aspecto in las operas de Hegel es una affirmation de aquelle confidentia, que culmina finalmente per la sequente conviction: Quando le homine entiremente comprehende lo que ille tene per su (action de) pensar, sape tamben, que ille pote [assí] ganar le accesso al mundo transcendental-spiritual. Per Hegel, le idealismo german ha date (al mundo) la confirmation de que le processo de pensar es transcendente-spiritual.
    [Per altere parolas: La essentia de un pensamento sempre es trancendente-spiritual. Pensar es apperir la porta al mundo transcendente-spiritual]

    Eine Frage stellte sich mir aber dabei: Kann der Prozess des Denkens auch ohne Materie, also auch ohne (menschliche) Körperlichkeit erfolgen. Ich denke ja. Denn letztendlich ist Materie wohl nichts anderes als ein Ergebnis des Denkens selbst. Insofern wäre unser Denken im Körperlichen rückgekoppeltes Denken, ein Spiegel im Spiegel im Spiegel… …ergo, Conscientia?
    So gesehen, bestünde unser Ich, das wir meinen zu sein, aus einem Tropfen, der aus dem Ozean des Denkens (nur) vorübergehend abgesondert bleibt. Spannend!

    *Das ist sozusagen meine persönliche “Lingua Academica” und mehr oder weniger = Interlingua, aber nicht ganz so verstümmelt. Wünsche mir, dass ich es irgend wann einmal schaffe, dafür eine in sich stimmigere Grammatik zusammen stellen zu können. Aber das ist eine andere Baustelle.
    Salutationes a Omnes!

  9. Danke für den Tex, Herr Ludwig.
    Hegel ging von Kant aus, sowie Aristoteles von Platon ausging. Kant war sowohl ein Philosoph der Aufklärung als auch ein Philosoph der Überwindung der Aufklärung, ein Philosoph des Idealismus. Platon (427-347), der 80 Jahre alt wurde, und Aristoteles (383-322), der 61 Jahre alt wurde, sind von Kant (1724-1804), der 80 Jahre alt wurde, und Hegel (1770-1831), der 61 Jahre alt wurde, zeitlich genau gleich entfernt. Und philosophisch verhalten sich der antike Platon und der modernen Hegel bzw. Goethe zueinander wie der antike Aristoteles und der moderne Kant.

    Wenn man unter Philosophie alles Wissen und Genialität und dabei die Technik ausdrücklich mitmeint, dann war Leibniz der größte Philosoph aller Zeiten. Versteht man unter Philosophie nicht das Denken und die Weisheit allein, läßt man also die Begabung bezüglich der Technik weg, so muß man Platon und Hegel bzw. Goethe (er wird als Philosoph immer noch unterschätzt) einerseits sowie Kant und Aristoteles andererseits nennen. So ist als „Vater der Moderne“ entweder Kant oder Hegel bzw. Goethe zu nennen.

    In Hegels Philosophie ist ja auch der Aspekt der Anerkennung enthalten, auf die ich hier schon oft im Zusammenhang mit dem Thema „Angst“ eingegangen bin: „Angst vor dem Verlust der Anerkennung“. Was mich darüber hinaus an Hegels Philosophie besonders interessiert, sind die Themen „Freiheit“, „Geist“ („subjektiver Geist“, „objektiver Geist“, „absoluter Geist“), „Staat“, „Recht“, „Verfassung“ und nicht zuletzt das Thema „Dialektik“ („These“, „Antithese“, „Synthese“), sowie das Thema „Geschichte“, weil alles ja sowieso immer auch geschichtlich ist, sofern die Geschichte noch nicht zu Ende ist, weshalb ich auch noch das Thema „Ende der Geschichte?“ nennen möchte.

    Mit diesem großen Werk Hegels – das letzte philosophische System – ist die Philosophie wahrscheinlich an ihr Ende gekommen, können Philosophen, wie Johann Karl Friedrich Rosenkranz, einer der treuesten Schüler Hegels, sagte, nur noch „die Totengräber der großen Philosophen“ sein.
    Man kann es auch so sehen, wie es einst Heinrich Heine sehr bildlich schilderte:
    „In der Tat, wenn man in Kant die terroristische Konvention und in Fichte das napoleonische Kaiserreich sieht, so sieht man in Herrn Schelling die restaurierende Reaktion, welche hierauf folgte. (). …. Ach, und am Ende restaurierte er Dinge, wodurch er auch im schlechten Sinne mit der französischen Restauration verglichen werden kann. Doch da hat ihn die öffentliche Vernunft nicht länger geduldet, er wurde schmählich herabgestoßen vom Throne des Gedankens, Hegel … nahm ihm die Krone vom Haupt und schor ihn, und der entsetzte Schelling lebte seitdem wie ein armseliges Mönchlein zu München … Hegel aber ließ sich krönen zu Berlin – leider auch ein bißchen salben – und beherrschte seitdem die deutsche Philosophie. Unsere philosophische Revolution ist beendet. Hegel hat ihren großen Kreis geschlossen.“ (Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834, S. 32-33 ).

  10. Schwere Kost wird uns hier zugemutet. Nach dem Lesen des Artikels bekomme ich das Gefühl, meine Neuronen wieder „entknoten“ zu müssen.
    „Ein von allem Nichtgedanklichen freier Gedanke….“ – ich denke, die Deutung bzw. Interpretation dieser Worte bleibt dem einzelnen Individuum überlassen.
    Wenn die Welt noch ruht, keine menschliche Betriebsamkeit zu vernehmen ist, wenn ich , den Kniestuhl nutzend, ZaZen praktiziere. – Einfach nur sitzen – Atmung, Haltung und „Loslassen“ – Parasympathikus und Sympathikus kommen irgendwann ins Gleichgewicht. Währenddessen kommen Gedanken UND gehen. Ob diese „Nichtgedanklich“ gewesen sein könnten ???

  11. @ enrico
    „Kann der Prozess des Denkens auch ohne Materie, also auch ohne (menschliche) Körperlichkeit erfolgen. Ich denke ja.“

    Das Denken spielt sich ja, worauf Steiner immer wieder hinweist, im Ätherleib ab. Ohne die begleitenden Prozesse im physischen Gehirn, die wie ein Spiegel wirken, kämen uns die Gedanken normalerweise aber nicht zum Bewusstsein, da wir noch nicht stark genug sind, nur im Ätherleib zum Bewusstsein zu kommen. In dem Maße aber, wie wir uns zum Denken reiner, spiritueller Gedanken (ohne Vorstellungselemente der physischen Welt) erlebend erheben, befinden wir uns in der reinen Ideenwelt, der untersten Stufe der geistigen Welt, und das bedeutet zugleich, dass wir dann nicht mehr mit dem physischen Gehirn denken, sondern nur mit dem ätherischen Gehirn, also uns insoweit außerhalb unseres physischen Leibes befinden.
    Gewissermaßen eine Vorstufe dazu ist die Philosophie Hegels und der anderen Philosophen des deutschen Idealismus. Auch „Die Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners mit ihrer strengen Gedankendisziplin kann bereits dazu führen, ist natürlich anstrengender, aber dafür sicherer.

  12. @hardy
    Gute Beobachtung!
    Sicher kann man hier den alten Kultur-Disput zwischen Athen und Jerusalem wiedererkennen. Aber hüten wir uns, dabei in eine Falle zu geraten. Es geht nicht um antagonistische Völker oder gar böse Menschen gegen gute Menschen. Es geht letztendlich nur um den Disput “Neues Denken versus Altes Denken”, wobei besonders dabei ist, dass das Neue Denken das Alte Denken problemlos umfassen kann, aber eben nicht umgekehrt. Das ist ein absoluter Machtverlust des Alten Denkens in der transzendenten Welt. Dadurch wird aber in der materiellen Welt das Alte Denken zu einer Gefahr für das Neue Denken, weil das Alte Denken nun versucht, die Heimgeber des Neuen Denkens zumindest aus der physischen Welt zu schaffen.
    Deshalb ist das Alte Denken in der materiellen Welt auch darauf angewiesen, dass man es als “Volk” verkörpert immer wieder verfolgt, um den Heimgebern des Neuen Denkens in der materiellen Welt latente Binnenangst einbauen zu können. LG, enrico

  13. @hwludwig
    In der tat staune ich über Menschen, welche die Schriften und stenographierten Vorträge Rudolf Steiners ad hoc erfassen können. Mir gelingt das meistens nicht und kann ihm eigentlich nur inspirativ folgen. Sozusagen nur nur im Halbschlaf oder während ich mit irgendetwas Kreativem beschäftigt bin.

    Ihre plausible Darlegung bezüglich dem ätherleiblichen Denken stimmen mit meinen Beobachtungen ziemlich gut überein. Vor allem dann, wenn mir ein Einfall zukommt, von dem ich so überrascht bin, dass es sich so anfühlt als käme er nicht von mir selbst.

    Finde Ihren Blog einfach klasse! LG, enrico

  14. @ enrico
    Vielen Dank für die Blumen.
    Aber bei dem Satz: „Vor allem dann, wenn mir ein Einfall zukommt, von dem ich so überrascht bin, dass es sich so anfühlt, als käme er nicht von mir selbst“ muss ich Ihnen widersprechen: Das hat nichts mit dem generellen Denken im Ätherleib, sondern damit zu tun, dass Sie, meine ich, da nicht selbst gedacht haben, sondern Ihnen ein Gedanke ein-ge-fallen ist, also Ihnen von jemandem inspiriert wurde: von einem mit Ihnen verbundenen Verstorbenen, einem Engel oder auch (prinzipiell gesprochen) von einem ahrimanischen oder luziferischen Wesen. Denn wie nehmen die letzteren anders verführerischen Einfluss auf uns, als indem sie uns einen entsprechenden Gedanken eingeben (Gefühle können natürlich auch geschürt werden).
    Wir müssen überhaupt immer mehr darauf achten, woher unsere Gedanken kommen, durch uns selbst oder inspiriert von anderen Wesen, von welcher Qualität diese Gedanken sind und ob wir ihnen nachgeben sollen. Da sind Sie ja schon auf einem guten Wege.
    Vgl. auch:
    https://fassadenkratzer.wordpress.com/2020/10/14/ihr-wisst-wie-wir-in-tief-verruchten-stunden-vernichtung-sannen-menschlichem-geschlecht/

  15. @hwludwig,
    ich empfinde, dass sehr viel Ruhe hier wieder eingetreten ist. Tut mir sehr gut. Danke.

    @Zitrone,
    da ich ein Gefühlmensch bin, fühle ich mich von solchen Gedanken auch wenig berührt. Mir fehlt geradezu etwas.
    „Aufbauende Impulse können durch eine lebendige, von Herzenskräften durch-strömte Denkfähigkeit entwickelt werden.“
    Ja, solche Gedanken habe ich auch sehr oft. Das ist auch der Grund warum ich sehr gerne und oft über die Liebe schreibe. Diese geistige Liebe fließt mit jedem Tag stärker durch die Verbindung die uns mit dem Herzen Gottes verbindet.

    @hardystapf
    „Die Mutter der Welt“ wird den Gipfel des Berges in Deutschland erklimmen.

  16. Hegel dachte und schrieb ziemlich abstrakt, und wir erkennen besser, was gemeint ist, wenn wir es bildhaft plastizieren. These, Antithese und Synthese werden zu Imagination, Inspiration, Intuition. Imagination ist bildhaftes Denken.
    Jemand braucht Geld und hat die bildhafte Vorstellung eines Hahnenkampfes, bei dem Wetten das Geld einbringen, Hahn A oder Hahn B wird gewinnen. A und B sind Inspiration, und das Ergebnis entspricht der Intuition.
    Intuition ist leeres Wachen. In dem Zustand des leeren Wachens kommen Gedanken in das leere Bewusstsein.
    Hegel war zwar ein Deutscher, aber seine Philosophie haben Amerikaner besser verstanden und haben mit ihr zwei Kriege gegen Deutschland gewonnen.

  17. @ Herbert Ludwig (Rudolf Steiner zitierend):
    „»Dieses 19. Jahrhundert, indem es immer mehr und mehr vorrückte, wurde zum Totengräber nicht nur der Philosophen, sondern der Philosophie, ja der großen Weltanschauungsfragen überhaupt. Dasjenige, was uns jetzt entgegentritt mit solchen Riesenschritten, der Verfall der europäischen Zivilisation, er zeigte sich zuerst auf den philosophischen Höhen. Die anmaßenden philosophischen Systeme aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind ja im Grunde genommen Niedergang.«“

    Das stimmt. Und die Philosophie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und auch sogar noch die Philosophie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war gegenüber dem, was danach gekommen ist, ein noch einigermaßen angenehmer Niedergang (denken wir z.B. an Nietzsche und an Heidegger, den größten Philosophen des 20. Jahrhunderts). Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dieser Niedergang der Philosophie sehr stark beschleunigt. Leider.

    @ Herbert Ludwig:
    „Doch diesen Niedergangs-Impulsen müssten heute dringend Aufgangsimpulse entgegengesetzt werden, und die seien ja auch bei dem gewaltigen Denker Hegel, dieser großen Individualität, enthalten, die in ihrer ewigen Entelechie lebendig fortwirke.“

    Der 1947 geborene Peter Sloterdijk hat das auch einmal sehr gut angemerkt: „Der Traum, dem ich folge, ist der, den sterbenden Baum der Philosophie noch einmal blühen zu sehen – in einer Blüte ohne Enttäuschung, übersät mit bizarren Gedankenblumen …. Sind wir kulturell wirklich zu alt, um solche Erfahrungen zu wiederholen?“ (Peter Sloterdijk, „Kritik der zynischen Vernunft“, 1983, S. 28). Diese Sätze wurden 1983 veröffentlicht, zu einer Zeit also, als der Niedergang der Philosophie bereits sehr stark beschleunigt war.
    Das, was Hegel bereits über die Kunst sagte, das muß – vielleicht etwas zeitversetzt – leider auch über die Philosophie gesagt werden.
    – „Die Kunst ist nach der Seite ihrer höchsten Bestimmung für uns ein Vergangenes.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Vorlesungen über die Philosophie der Ästhetik“, 1, 16).
    –„Der Geist geht in eine tiefere Epoche der Wahrheit ein, in der er der Kunst nicht mehr bedarf.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Vorlesungen über die Philosophie der Ästhetik“, 1, 150).
    – „Bei fortgehender Bildung tritt überhaupt bei jedem Volk eine Zeit ein, in welcher die Kunst über sich selbst hinaus weist. … In dieser Weise besteht das Nach der Kunst darin, daß dem Geist das Bedürfniß einwohnt, sich nur in seinem eigenen Innern als der wahren Form für die Wahrheit zu befriedigen.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Vorlesungen über die Philosophie der Ästhetik“, 1, 150 f.).
    – „Die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen, absoluten Prozesses des Geistes in seinen höchsten Gestalten, dieses Stufenganges, wodurch er seine Wahrheit, das Selbstbewußtsein über sich selbst erlangt. Die Gestaltungen dieser Stufen sind die welthistorischen Volksgeister, die Bestimmtheiten ihres sittlichen Lebens, ihrer Verfassung, ihrer Kunst, Religion und Wissenschaft. Die Stufen zu realisieren, ist der unendliche Trieb des Weltgeistes, sein unwiderstehlicher Drang; denn diese Gliederung, sowie ihre Verwirklichung ist sein Begriff.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte“, S. 52).

    Weil aber Hegel zufolge das „was die Welt überhaupt bewegt, … der Widerspruch“ als „die Wurzel aller Bewegung und Lebendigkeit“ ist, so darf man guter Hoffnung sein, was die Aufgangsimpulse angeht. Die erste Frage ist darum eigentlich nur: Wann wird sich der Aufgang erstmals zeigen?
    Es kann schon noch eine Weile dauern, und meiner Einschätzung zufolge muß zuvor eine Kultur, zu der auch eine Religion gehört und mit der dann auch wieder Kunst und Wissenschaft in Fahrt kommen können, aufgehen oder zumindest in ihren Beständen erhalten werden. Denn was wir im Moment leider nur wahrnehmen, ist der Untergang der abendländischen Kultur. Vielleicht kann man an ihr etwas so aufrechterhalten, daß man ihre Zivilisationsweise, ihren Nihilismus, d.h. ihre sowohl heimliche als auch offene mutwillige Wertezerstörung bremst, indem man auf die Überlieferung setzt und dann auch gefälligst ernsthaft verteidigt. Im Moment sehe ich nur Zerstörung, Destruktion (siehe auch: Destruktivismus als Architekturstil, Kunststil, beschönigend „Dekonstruktivismus“ genannt), Nihilismus, eben Vernichtung, und zwar in allen Bereichen der westlichen Kultur. Und diese Vernichtung ist nicht nur hausgemacht, sondern kommt auch von außen.
    Dem Wahn der Globlisten zufolge wird es nicht nur eine „neue Normalität“, sondern sogar eine „neue Evolution“ geben. Gott möge das verhüten!

  18. @ Herbert Ludwig:
    „R. Steiner erinnert nun daran, dass jeder Mensch mit seinem ganzen Wesen stets zwei versucherischen Mächten des Bösen ausgesetzt ist, die ihn in ihre Einseitigkeit hereinziehen und so zerstören wollen: auf der einen Seite den luziferischen, die den Menschen weltflüchtig der Erde entziehen und auf der anderen Seite den ahrimanischen, die ihn in die Erde hinein verhärten, verkrampfen wollen.“

    Weltflucht und Weltsucht könnte man es auch nennen.
    Es ist wohl auch der Gedanke des Widerspruchs, über den man geistig in die „Sphären“ kommen kann, die einem bei der Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Weltsucht und Weltflucht helfen.

    @ Zitrone. Burckhardt-Zitat.

    Das ist auch in etwa das, was ich meinte, als ich sagte, daß mit einer „Kultur, zu der auch eine Religion gehört und mit der dann auch wieder Kunst und Wissenschaft in Fahrt kommen können, aufgehen oder zumindest in ihren Beständen erhalten werden“ muß.

  19. Nun, mir erscheinen Hegel und Steiner sperrig, einfach nur anstrengend. Ich bin es ebenfalls, aber auf meine Weise. Mir genügt es, täglich zu denken und zu schreiben, umgeben von Wald und Garten, und nach Lust und Laune zwischen körperlicher und geistiger Arbeit zu pendeln.

    Auch Henry David Thoreau zu lesen, bringt mir noch nichts. Ich habe ja bereits einen Körper, mit dem ich mich seit 67 Jahren durchs Leben bewege. Bei archive.org gibt es die beiden Übersetzungen von Emmerich 1903 und Robbe 1905 als pdf-Dateien. Die späteren Übersetzungen verderben durch ihren jeweiligen Zeitgeist den englischen Text, der ab 1845 verfasst wurde: Walden oder Leben in den Wäldern.

  20. @ enrico,
    18. Dezember 2020 um 20:42:
    „…um den Heimgebern des Neuen Denkens in der materiellen Welt latente Binnenangst einbauen zu können…“

    Stimmt, fuer das Denken – ob neu oder alt – gibt es immer eine Falle, die Falle der Uebersteuerung oder Untersteuerung, was ein Umkippen durch zuviel Schlagseite bewirken kann.
    Folgende Zitate geben mir zu denken, von Herrn Ludwig: „Schon der große griechische Philosoph Aristoteles hat in seiner „Nikomachischen Ethik“ aufgezeigt, dass die wahre Tugend immer als Mitte zwischen zwei Abirrungen und Einseitigkeiten hergestellt werden muss.“
    „Wir können allmählich unterscheiden lernen, welche Gedanken wirklich unsere eigenen sind und welche uns auf einmal „ein-fallen“, und diese zu prüfen beginnen, wie sie geartet sind und ob sie etwa von einem ahrimanischen, einem luziferischen oder einem Wesen des Guten inspiriert wurden. Da eröffnet sich ein weites Feld seelischer Aufmerksamkeit auf sich selbst und das ganze soziale Leben der Menschen.“
    Wenn Neues Denken dem gerecht wird und darin sein zu Hause hat, Altes Denken das jedoch immer noch nicht gelernt hat, dann stimme ich Ihnen zu, dass Altes Denken das Neue Denken um sein zu Hause-Sein beneidet.
    Quelle: https://fassadenkratzer.wordpress.com/2020/04/11/das-gute-zwischen-dem-zweifachen-boesen/amp/

  21. @hwludwig

    Herzlichen Dank für die Bestätigung meiner Auffassung!
    Ich freue mich ganz außerordentlich darüber, hier in Ihrem Schwurbelanten-Stadel Resonanz zu erhalten.
    „Ick könnt mer peitschen vor Freude“, sagt der Berliner. 😂

  22. @ Herr Schütze
    Ich meine, dass die Geschichte der Philosophie zu Ende ist. Die Philosophie kann nicht wieder belebt werden. Sie beruht auf einem Bewusstsein, das sich in einer rein irdisch materiellen Welt vorfindet und in Ideen nach einer höheren geistigen Welt strebt, die sie nicht wahrnehmen, deren geistigen, ethischen Gesetze sie ideenhaft zu ertasten strebt. Diese Art Philosophie hat sich erschöpft und hat mit Hegel ihre Vollendung erfahren, man kann auch sagen, sie ist an ihr Ende gekommen. Aber er hat selbst auf die lebendige, übersinnliche Natur des Denkens hingewiesen und anfänglich ertastet.
    Das Abstrakte, Leblose der heutigen Gedanken ist der Schattenwurf eines ihm zugrunde liegenden Geistig-Lebendigen, in das durch willentliche Verstärkung und meditative Vertiefung vorzudringen, mir die Aufgabe der Zukunft zu sein scheint, um dadurch in eine höhere geistige Welt erkennend einzudringen, aus der alle Ideen und alles Physische hervorgehen.
    Dies hat Rudolf Steiner angestrebt und die Wege gewiesen. Er ist bis heute im Allgemeinen verkannt und verleumdet. Der Materialismus schließt das Bewusstsein ab, und Wege aus ihm herauszufinden, sind anstrengend. Man muss schon eine große Sehnsucht des Herzens entwickeln, um sie zu gehen und nicht in Zynismus zurückzusinken. Man merkt aber schnell, wie es sich lohnt und sich der Sinn alles irdischen Lebens und aller Entwicklung zu erschließen beginnt.

  23. @ Herr Schütze zitiert Sloterdijk:“ Der Traum, dem ich folge, ist der, den sterbenden Baum der Philosophie noch einmal blühen zu sehen….“

    Sloterdyik hat Recht. Er ist allerdings eine Schlafmütze, denn er träumt noch und folgt einem Traum, in dem er einen Baum sieht, der Blüten trägt.
    Wäre er schon wach, könnte er den Baum sehen, der Früchte trägt und könnte reinbeissen.
    „Die Philosophie der Freiheit“ ist das Ende der Philosophie, wie der Apfel das Ende des Apfelbaumes im Oktober ist, wo der Baum „stirbt“, die Blätter abwirft. Der Baum trägt die Früchte, aber der Baum entscheidet nicht, wer ihn ab erntet und wer die Früchte verzehrt.

  24. ZITAT @ Herbert Ludwig:
    „Der Materialismus schließt das Bewusstsein ab, und Wege aus ihm herauszufinden, sind anstrengend.“

    DAS liegt aber aus meiner bescheidenen Sicht daran, daß Sie bei Rudolf Steiner & seinem Ahriman „hängen“ – in einer Art Endlosschleife – obwohl erst etwa 25 Jahre NACH dem Tode Rudolf Steiners das Tor in die geistige Welt von einem Amerikaner weit aufgestoßen wurde, den Sie scheinbar verkennen. (…)
    Hegel’s Philosophie ist NICHT am Ende – sondern nur in einer Sackgasse vor eine Wand gefahren – und sollte ein Stück weit zurück rudern, bis wieder klare Sicht herrscht, und die Orientierung zurück kehrt.

    @ Michael hatte ein Nahtoderlebnis – er hat dass Leben AUSSERHALB seines materiellen Körpers erschnuppert – DAS „passt“ aber nicht zu Hegel, und schon garnicht die längst BEWIESENE Tatsache, daß man auch OHNE Körper & Gehirn, sehen, hören, fühlen & auch denken kann!
    DIESE knallharten Fakten müssen endlich auch in der Philosophie zur Kenntnis genommen werden – DANN würde ganz plötzlich auch das Herz der Philosophie wieder zaghaft beginnen zu schlagen & die Philosophie würde wieder gaaaanz langsam beginnen zu leben.

  25. @ Kalle Möllmann

    2020 leben wir in einem Krieg zwischen Geisteswissenschaft und Materialismus. Mater = Mutter. Geist = Vater im Himmel.
    Irgendeine Weltanschauung, die dem Materialismus nicht passt, wird ignoriert oder bekämpft. Das kommt von der grossen ANGST vor dem Geist, vor dem Ichbewusstsein. Deswegen dieses dauernde „Wir“- Gesülze.
    Dr. Rudolf Steiner sagte im 7. Vortrag des GA-Bandes 258: „Das „Wir“ muss eigentlich schwinden.“ In der Wissenschaft ist jeder als ein Ich verantwortlich.
    Und heute 2020? Nur noch politisches „Wir“-Geschwätz. Das Individuum soll hinter der Maske verschwinden.

  26. Die Philosophie Hegels ist mir in vielen Teilen bis heute schleierhaft geblieben, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die „Phänomenologie des Geistes“ ist ein Paradebeispiel für umständlichen Schreibstil. Und der Inhalt dieses Büchleins, auch nach den x-ten Versuch es mit allem nötigen Ernst zu lesen und zu verstehen, eher nebulös bis nichts-sagend für mich geblieben. Ein „echter Schleiermacher“ halt, würde Nietzsche nun flüstern. Ich bin jedenfalls kein „Knecht“ des „Herrn“ Hegel und seiner Philosophie geworden, um es mal schlicht und gerade heraus zu sagen. Wenn ich einen Wissbegierigen gründlich von der „Weisheitslehre“ abzubringen versuchte, wäre dieses Büchlein von Hegel – mit sieben mal sieben Siegeln – vermutlich meine erste und beste Wahl. Kleiner Scherz!

    Der „Zauberberg“ von Thomas Mann spielt in einer abgeschlossenen Welt, einem Sanatorium. Die „Ideenwelt“ von Hegel lässt sich wo ansiedeln, realisiert sich wo – ganz genau?
    „Alles was vernünftig ist, ist wirklich,
    und alles was wirklich ist, ist vernünftig?“
    Soso!
    Die tödlichen Atombomben fielen 1945 auf Japan, jeder weiß es. Wirklich! Ergo: Vernünftig? Ja! Nein? Vielleicht!?
    Adorno hat bezugnehmend auf diesen Satz gesagt, nach Auschwitz könne man an dieser These nicht mehr festhalten. Meine Wenigkeit wagt an dieser Stelle folgende These: Zu keinem Zeitpunkt kann man sich an diesem merkwürdigen Satz festhalten, er ist – aus meiner Sicht – schlicht ohne tieferen Sinn, hohl.
    Der gute alte Nietzsche hatte wohl nicht ganz unrecht, wenn er einst knallhart konstatierte: „Wer einmal an der Hegelei und Schleiermacherei erkrankte, wird nie wieder ganz kuriert.“

    Der gute alte Heraklit beeindruckte mich schon mehr, wenn er nüchtern feststellt, die „scheinbare Welt“ ist die einzige, die „wahre Welt“ (was immer man darunter auch verstehen und oder subsumieren mag) nur hinzugelogen. Jedem scheint sie anders, diese Welt, die nur wenig Brauchbares für uns Erdlinge (seit Sokrates, seit Kopernikus, seit Darwin, seit Freuds klugen Einwänden und Ausführungen) zusammenhält. Könnte mich da mal jemand aus diesem Wolkenkuckucksheim rausholen, mit solider Überzeugungsarbeit und klaren verständlichen Worten, ohne aus der „Geisteswelt“ gleich wieder eine neuerliche „Geisterwelt“ zu konstruieren? Vielleicht geht es mir aber auch wie dem guten Goethe, dem die systematische Philosophie auch ein wenig Bauchschmerz bereitete, und er lieber einen handfesten respektive authentischen Zugang dazu favorisierte?

    Freiheit und Glück sind zwei entzückende Flaschengeister, die den suchenden Mensch täglich auf oder vor der Nase herumtanzen. Will man sie aber packen, wie der verzweifelte Zauberlehrling den von Goethe meisterlich hinzugedichteten „verfluchten Besen“, passiert was? Genau: Nichts! Wenn man nun statt Freiheit und Glück, Engel oder Teufel einsetzt, oder Gott und den heiligen Geist, oder Platons Ideenlehre oder Hegels Ideenlehre, passiert … genau, wieder Nichts (bei mir). Und ich bin wahrlich nicht der erste, der einzige und der letzte Mensch, dem dieses Missgeschick widerfährt. Vermutlich bin ich zu dumm, zu einfach gestrickt, für die großen Götter, für Göttliches, für außerirdische Ideen-Welten? Mein kleiner Horus, hier auf dem Schreibtisch, lächelt, mal mit dem Mondauge, mal mit dem Sonnenauge, und mahnt deutlich, weil erfahren: Alle Götter sind sterblich, alle Götter, alles göttliche auch, schau mich an, schau genau hin. Direkt vom Nil ist er eingeflogen, der große Gott des Himmels, und seit vielen Jahren mein Begleiter. Obwohl, der Wein, den ich letztens mit Freude schlürfte, war auch irgendwie göttlich, oder doch nur exzellent? Egal, es ist, wie es ist und ich habe gelernt, (wie der gute Nietzsche und der gute Camus) und Millionen anderer Fehlerwesen, damit gut und angstfrei zu leben.
    Götter sind sterblich und Ideen auch, wenn sie die Nagelprobe nicht bestehen, sagt Horus, lange bevor man Moses oder Jesus überhaupt schreiben konnte. Verrückt, im wahrsten Sinne des Wortes. Verrückt, was Menschen alles so verdrängen (können-müssen-wollen-sollen). Tausende Götter sind bereits Mausetod, egal welchen Kontinent man in Augenschein nimmt, sagt Horus, und verdreht die Augen. Römische Götter, Griechische Götter, Germanische Götter, ja, ist schon gut, lieber toter Horus, ich habe es verstanden. Ich schon! Hat der frevelnde Sokrates etwa für einen falschen Gott den Schierlingsbecher schlürfen müssen? Du kannst fragen stellen, suchender Erdling. Mach die Backen nicht so voll und nimm dich nicht so wichtig, sagt Horus. Gut! Aber, da rauscht mir doch schon der gute Bloch durch die Hirnhälften, und ermahnt mich: Du erinnerst dich, der Mensch ist immer ein Lernender, die Welt ist ein Versuch (ach was!) und wir (wer ist wir?) haben ihm zu leuchten? Wie leuchtet man eigentlich einen Versuch, an oder aus? Wo ist mein Armleuchter? Nimm dich nicht so wichtig. Ja! Nimm dich nicht so wichtig. Ja! Sprichst du mit mir? Ja, du Zweifüßler. Ja, es ist schon eine Krux mit der Philosophie, mal Gott rein, mal Gott raus, mal Ideen rein, mal Ideen wieder raus, aus einem windschiefen Wertesystem. Ach, und ständig diese unbefriedigende Grübelei! Punkt! Punkt! Entscheidung!
    Denn, so der gute Protagoras, der Mensch ist das Maß aller Dinge. (Aller?) Ja, aller – behauptet er jedenfalls. OK! Nun konnte ich endlich aus meinem Rucksack der mich durchs Leben trägt, (oder verhält es sich umgekehrt?), einiges Schwere, einiges Leichte herausnehmen, was dem „Stäubchen vom Staube“ erfreute – und das nutzlose Zeug einfach so herrenlos am Wegesrand stehen lassen. Seit dieser meiner Entscheidung, reise ich gern mit leichtem Gepäck. War das vielleicht zu leichtsinnig, gar frevelhaft? Leicht im Sinn, möglich, das andere Wort sagt mir nichts, ich kann es drehen und wenden wie ich will. Nichts! Puh, scheint wohl auch nur eine Worthülse aus der Geisterwelt zu sein! Ist das nun alles klug oder unklug, wichtig oder nichtig, was ich hier nieder schreibe? Sollen Andere darüber befinden, Andere! Jeder lebt und stirbt für sich allein, sagt Horus. Und jeder Spezialist so scheint es, hat seinen eigenen Buckel, mal krum und mal schief, mal beides.

    Was bleibt abschließend zu sagen? Dass man sicherer und geerdeter unterwegs ist, wenn man ein Suchender, ein Philosophierender bleibt? Besser ist es und klüger auch, sagt Horus, und blinzelt verschmitzt, mal mit dem Mondauge, mal mit dem Sonnenauge. Denn denken heißt vergleichen und glauben heißt gehorchen – und ein Religions-Philosoph ist was es ist, ein antagonistischer Widerspruch. Horus! Soviel Wahrheit verträgt kein Mensch! Ach was?
    Ha, fast hätte ich es vergessen. Zu Hegels Entlastung, und meiner großen Freude: das berühmte These – Antithese – Synthese – Modell von Ihm hat mich sofort gepackt und überzeugt. Die recht fruchtlose Auseinandersetzung mit der Philosophie Hegels und einiger anderer mehr, war somit nicht ganz für die Katz – ohne gleich an Schrödinger Miezekatze zu denken. Denn die ist, wie jeder Suchende weiß, in einem anderen Behältnis mal da und mal nicht da. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Gute Nacht, Horus! Gute Nacht, du ewig Suchender. Sprichst du mit mir? Nein, mit deinem Geschlecht. Welches? Lass gut sein, schone deine Nerven. Hast recht, Horus. Also, Gute Nacht!

  27. @ Michael:
    „,Die Philosophie der Freiheit‘ ist das Ende der Philosophie, wie der Apfel das Ende des Apfelbaumes im Oktober ist, wo der Baum ,stirbt‘, die Blätter abwirft.“

    Sloterdijk hat aber wirklich einen sterbenden Baum gemeint, „den sterbenden Baum der Philosophie“, wie gesagt. Die Philosophie ist „altersschwach“, vielleicht auch schon ein bißchen „dement“, aber noch nicht „tot“, sondern eben „sterbend“, und der Sterbeprozeß kann auch noch lange dauern.
    Hegel hat etwas vollendet, aber nicht beendet. Mit Hegel ist die abendländische Philosophie erwachsen geworden. Deshalb kann ihr auch wirklich keiner mehr etwas hinzufügen. Wahrscheinlich wird nach dem Tod unserer mittlerweile alten Philosophie tatsächlich keine neue Philosophie mehr „geboren“ werden. Von „Wiederbelebung“ kann zwar gegenwärtig noch nicht die Rede sein (oder ist die Philosophie etwa „klinisch tot“?), aber es ist schon jetzt absehbar, daß es mit der abendländischen Philosophie bald vorbei sein wird. Denn fast alles, was nach Hegel noch gekommen ist, ist Eklektizismus, Wiederholung von schon Bekanntem gewesen – abgesehen von Akzenten, gekommen von z.B. Lebensphilosophen/Existenzialisten/Kulturphilosophen und denjenigen Logikern, die sich als Philosophen zwar verstanden bzw. verstehen, bei denen aber die anderen philosophischen Bereiche fehlten bzw. fehlen.

    Wenn man Sloterdijks Bild vom „Baum der Philosophie“ gelten lassen will, dann muß man sagen, daß der Deutsche Idealismus die Früchte dieses Baumes bedeutet, die erst mit Hegel ihre endgültige Reife erhielten und in etwa zeitgleich mit Hegels Tod größtenteils schon gegessen waren und kleinstenteils bald anfingen zu verfaulen, daß aber der Baum immer noch dasteht und für Menschen, die schon einige Jahreszeiten mit vollem Bewußtsein erlebt haben, den Eindruck macht, als würde er im nächsten Frühling wieder Blüten tragen (doch dieser Eindruck kann bekanntlich auch täuschen). Hoffen darf man jedenfalls!
    Es ist nicht so daß „der Apfel das Ende des Apfelbaumes im Oktober ist“ (Michael), sondern es ist so, daß der Oktober, bei manchen Apfelsorten auch erst der Dezember das Ende des Apfels ist und der Apfelbaum im nächsten Frühling wieder seine Blüten, im Sommer wieder seine ersten, noch sehr kleinen, im Herbst dann wieder seine erwachsenen, reifen, zum Ernten hervorragend geeigneten und meistens sehr lecker schmeckenden Äpfel trägt.

  28. @ H. Ludwig:
    „Rudolf Steiner meint aber hier, dass auch diese reinen Begriffe und Ideen Hegels von den Menschen heute als kalt und abstrakt (negativ) erlebt werden, während das bei Hegel überhaupt nicht der Fall war. Er lebte mit allem Enthusiasmus und allen Herzenskräften warm in diesen reinen Gedanken, die er aus der übersinnlichen Welt kommend als göttliche Weltgedanken empfand. Sie waren ihm im positiven Sinne abstrakt, vom Irdischen, Nicht-Gedanklichen unberührt und umsomehr vom Geiste erfüllt. Dahin müssen auch wir wieder kommen.“

    Es herrschte ein anderer „Zeitgeist“ (Hegel) vor. Heute meinen viele, Hegel sei schwer zu verstehen, damals aber wären dieselben Leute froh gewesen, wenn jemand etwas logisch gut durchdacht hatte und man darüber selber auch philosophieren konnte. Ähnliches gilt für die Musik und andere Kunst der damaligen Zeit. Es gab zu der Zeit keine elektronischen Medien. Damals war es noch möglich, Philosophie so zu betreiben wie heute Sport in den Stadien und Autos u.ä., Einkauf in Riesenkaufhäusern, das Glotzen von Filmen in Kinos, im Fernsehen, im Internet, das Chatten, das Kommentieren, das Bloggen, das Posten, das Begaffen und das sonstige Konsumieren, hauptsächlich über das Internet.
    Dazu kommt, daß die Arbeit und speziell die Arbeitsteilung zu vielen Problemen geführt haben und auch darum die heutigen Interessen und die „Zeitpräferenz“ andere sind. Die Technik war damals noch nicht so weit wie heute, obschon sie auch schon damals viel schneller voranging als in früherer Zeit. Nicht zufällig kam schon im 18. Jahrhunderts das Wort „Fortschritt“ in Mode. Seit dem Hochmittelalter gab es eigentlich schon keinen Rückschritt mehr. Jedes Jahrhundert wurde „fortschrittlicher“ als das vorherige – besonders seit Beginn der „Neuzeit“ und ganz besonders seit der „Industriellen Revolution“. Aber heute ist die Technik so sehr „fortgeschritten“, daß sie dem Wort „Fortschritt“ alle Ehre macht: die Technik hat sich so sehr vom Alltag des Menschen entfernt, daß sie von ihm „fortgeschritten“, von ihm „fort“ zu sein scheint und in mancher Hisnicht auch ist (siehe: Gentechnik, Nanotechnik, KI u.s.w. und die Ankündigung der Globalisten, eine „neue Evolution“ diesem Planeten zu „verordnen“.

  29. Michael: „Irgendeine Weltanschauung, die dem Materialismus nicht passt, wird ignoriert oder bekämpft. Das kommt von der grossen ANGST vor dem Geist, vor dem Ichbewusstsein. Deswegen dieses dauernde „Wir“- Gesülze.“

    Sie würden sich sehr wundern, wenn es nur noch ein „Ich“-Gesülze gäbe.
    Es kommt auf den Ausgleich an.

  30. „Wir sehen, dass im Inneren der Erscheinung der Verstand in Wahrheit nicht etwas anders als die Erscheinung selbst, aber nicht wie sie als Spiel der Kräfte ist, sondern dasselbe in seinen absolut allgemeinen Momenten und deren Bewegung und in der Tat nur sich selbst erfährt.“

    Hegel ringt um die Frage, wie wir zu einem Wissen, einer Erkenntnis der Gegenstände kommen, die uns in der Wahrnehmung erscheinen. Würden wir uns gegenüber der Wahrnehmung eines Gegenstandes, seiner Erscheinung, des Denkens völlig enthalten, wüssten wir nicht, was er ist. Erst im Denken, in unserem Verstande erfassen wir den Begriff des Gegenstandes, das ist sein Wesen, sein Ansichsein. In der Wahrnehmung durch die Sinne haben wir sein Außersichsein.

    Zu deutsch, wenn wir die blaue Kiste ignorieren nehmen wir Sie trotzdem wahr ;-).
    Der Mann hat ja gute Sachen geschrieben, aber diese Rekursion auf sich selbst ist dann doch eher hanebüchenes Geschwurbel. Für mich, aber ich empfinde diese ganzen Traktate auch als akademische Abrichtung. Marx ist da der schlimmste, man kann das ganze nur verstehen wenn man daran glaubt. Das geht nur indem man sich länger damit beschäftigt. Dann sickert das in die Assoziationsmuster und man ist dabei. Hegel ist um Längen besser, aber das Prinzip ist das gleiche. Außerdem gilt auch hier: wenn man eine Sache nicht einfach erklären kann hat man Sie selber nicht verstanden.

  31. @ Kalle Möllmann
    Wie können Sie sagen, dass „erst 25 Jahre nach dem Tod Rudolf Steiners das Tor in die geistige Welt von einem Amerikaner weit aufgestoßen wurde“, wenn Sie das Werk Steiners gar nicht kennen und daher gar nicht wissen, ob nicht Steiner dieses Tor schon weit aufgestoßen hatte? Sie urteilen also über etwas, das sie gar nicht kennen und wissen.
    Warum schreiben Sie „bei Rudolf Steiner & seinem Ahriman“? Ahriman ist keine Angelegenheit Rudolf Steiners. Steiner weist nur auf diese und die lziferische Menschheits-Kraft hin, zwischen denen wir alle eingespannt sind. Sie ahnen gar nicht, wie auch Sie in Ahrimans Klauen sitzen.

  32. @ Michael,
    19. Dezember 2020 um 21:13 und
    @ Befehlschießer,
    20. Dezember 2020 um 03:34:
    zu ICH & WIR:

  33. Hallo @enrico
    „Wünsche mir, dass ich es irgend wann einmal schaffe, dafür eine in sich stimmigere Grammatik zusammen stellen zu können.“

    Ich würde Ihnen gerne das Universalgenie Walter Russel vorstellen, der im Original in Englisch seine Sicht der Welt erklärt, die er nach eigenen Angaben im Jugendalter während eines Komas auf geistigem Weg erhalten hat. Die deutsche Übersetzung von Dagmar Neubronner steht dem aber in nichts nach, ist auf der Gefühlsebene vielleicht sogar etwas aussagekräftiger, da die deutsche Sprache im Hinblick auf die Spiritualität eine höhere Darstellungskraft besitzt.
    Da „das tägliche Leben und die auf Sinneswahrnehmung und Verstandestätigkeit gegründete Wissenschaft an eine Grenze des Lebensweges führen, an der das seelische Menschendasein ersterben müsste, wenn es diese Grenze nicht überschreiten könnte“, wie Rudolf Steiner es ausdrückte, könnte das in etwas luftigerer Sprache verfasste Werk von Russel durchaus hilfreich sein, denn er zeigt mit seinem Lebenswerk ab 1922 gnadenlos die Fehler der Moderne auf und beschreibt den Weg zum kosmischen Bewusstsein, ohne die Wissenschaft gänzlich abzulehnen, sondern dort zu kritisieren, wo sie fehlgeleitet ist. Er sah seine Aufgabe darin, das ihm vergönnte kosmische Bewusstsein auch der Wissenschaft zuteil werden zu lassen und wurde abgelehnt, aber nicht widerlegt.

    Auszug aus den Werken:
    “ Das kosmische Kino ist eine wunderbare Manifestierung der imaginären Gedankenprozesse des göttlichen Geistes, aber die projizierten Lichtbilder der göttlichen Vorstellungskraft, die sich zu bewegen und für sich lebendig zu sein scheinen, sind nur elektrisch wahrgenommene Gedankenformen von Gedankenbildern, die lediglich ein Trugbild der Wirklichkeit erstellen, die sie nur vortäuschen. Diese Tatsache wird allmählich deutlich werden, während diese Kapitel sich entfalten, genauso wie Gottes Beweggrund, die Sinne des Menschen zu begrenzen, damit er die Simulation für echt hält.“
    Russel hat übrigens 2 neue Elemente gefunden, die die Wissenschaft erst viel später entdeckte. Er hat das Periodensystem auf der Grundlage seiner im Koma übermittelten Wahrnehmungen weiterentwickelt. Selbst das junge fraktaie Weltbild passt zu den Erleuchtungen des Walter Russel. Eine interessante Fortentwicklung und weitgehende Bestätigung der Ideen von Steiner, Hegel usw und eine Bestätigung des spirituellen Kerns aller großen Religionen.
    https://www.walter-russell.de/diagramm-periodensystem-russel2
    https://www.booklooker.de/Bücher/Walter-Glenn-Clark-Peter-Russell-Russell+4-Bücher-von-Russell-u-a-1-Geheimnis-des-Lichtes-Das/id/A02ro4vf01ZZI?zid=7aril7tu3csag2gn3e9amrbu7m

    Nikola Tesla empfahl Russels Erkenntnisse für 1000 Jahre wegzuschließen, da die Menschheit noch nicht so weit sei. Ich bin anderer Ansicht. Die Zeit ist reif.

  34. @hwludwig
    „Ich will mal eine bescheidene Hilfestellung versuchen.“

    Vielen Dank. Aber es ging mir weniger um das Verstehen, um die Erkenntnis der Gedanken Hegels, als um den Aufbau, der auch dem mit Vorbildung Lesenden bisweilen alleine lässt. Wir sind es gewohnt in Kapiteln zu lesen, die einem logischen Aufbau folgen, was Hegel hier ganz außen vor lässt und dem Leser damit allerhöchste Konzentration abverlangt. Ich hatte noch nie ein Buch, in dem ich immer wieder den gelben Marker nutzte, um im Verlauf des Lesens darauf zurückgreifen zu können. Das meine ich nicht kritisch hinsichtlich des Inhalts, sondern des Aufbaus. Als wäre die Voraussetzung, nur „Eingeweihten“ den Zugang zu gewähren, denn Steiner ist dagegen eine Wohltat. Und beide sind letztlich wichtige Fundamente der Erkenntnistheorie wie der alte Aristoteles. Nochmal Danke, ich kämpfe mich ein drittes Mal durch.

  35. @hwludwig

    In der Zeit in der die größten Dichter und Denker, wie Goethe, Fichte, Hegel, Schelling lebten, gab es noch keine Elektrizität! Dies ist mMn ein sehr wichtiger Sachverhalt, den es auch zu berücksichtigen gilt. Durch die Anthroposophie Rudolf Steiners erfährt der Studierende, dass in der Elektrizität ahrimanische und luziferische Dämonen wirken. Im natürlichen Licht hingegen die guten Götter! Mensch zu sein, reine Gedanken zu denken, diese “als göttliche Weltgedanken zu empfinden”, muß also damals wesentlich leichter gewesen sein.

    Edmundotto und einige andere, beschrieben kürzlich die krankmachenden Auswirkungen von 5G, W-Lan, usw., auf den menschlichen Organismus. Meines Erachtens ist davon auszugehen, dass durch diesen weiteren, verstärkten Ausbau einer ungesunden Technologie (künstliche Intelligenz), auch die Instinkte des Bösen im Menschen erheblich forciert werden sollen. Die Denkkraft, bzw. der Äther- Lebensleib, wird dadurch mit Sicherheit ebenfalls im negativen Sinne beeinträchtigt, dies bereits über viele Jahrzehnte.
    Ein Heilmittel sehe ich in der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, die selbst ein Quell des Moralischen und des natürlichen Lichtes ist.

  36. „Grand Nix“
    „Der gute alte Heraklit beeindruckte mich schon mehr, wenn er nüchtern feststellt, die „scheinbare Welt“ ist die einzige, die „wahre Welt“ …. nur hinzugelogen.“

    Allerdings muss die Interpretation von Nietzsche so nicht zwingend richtig sein. Schließlich bedienen wir und Nietzsche uns an überlieferten Fragmenten, die oft sinnlos scheinen, weil die Bruchteile seiner Philosophie viele Spielräume lässt. Für mich ist in der Überlegung zur scheinbaren und wahren Welt eher die Erkenntnis Heraklits abzuleiten, dass die Welt, die wir mit unseren irdischen Sinnen wahrnehmen, die scheinbare ist und die wirkliche sich nur geistig, also nur vor dem inneren Auge manifestieren kann. Wie hätte er sonst auf das panta rhei (alles ist im Werden, in unaufhörlicher Bewegung) und die Einheit aller Dinge kommen sollen?

  37. @ Herr Schütze

    Ja, Sloterdyjk hat den realen Tod der Philosophie gesehen, was Sie schrieben, leuchtet mir voll ein. Über Philosophien ein Urteil abzugeben, steht mir nicht zu, weil ich nur: „Die Philosophie der Freiheit“von Steiner gelesen habe und anderes nur auszugsweise kenne. Kant sagte z.B., dass hundert gedachte Goldtaler genau so viele seien, wie hundert reale Goldtaler, und mir sind reale Goldtaler lieber.
    Mir scheint, Kant ist der Philosoph der Politik.
    Kant sprach vom „Ding an sich“, das „unerkennbar“ sei. Die erste Frage, die mir dabei in den Sinn kam, war, warum Kant keine Kinder hatte.
    Konnte Kant keine Ehefrau bezahlen, weil seine Goldtaler nur ausgedacht waren wie anderes auch ?

    @ Grand Nix: ZERO. Alkohol ist absolut zu meiden für Menschen, die esoterische Schulung anwenden wollen, um sie verstehen zu können. Wer „über“ etwas urteilen wollte, das er nicht kennt, wäre wie ein Tourist auf Löwenjagd in Afrika – mit dem Finger auf der Landkarte.

  38. @ Herr Schütze
    „Ja, Sloterdyjk hat den realen Tod der Philosophie gesehen, was Sie schrieben, leuchtet mir voll ein.“

    Nein! Zum sechsten Mal: Sloterdijk hat nicht den „Tod der Philosophie“, wie Sie wieder sehr eigenwillig falsch verstanden haben, sondern Sloterdijk hat das Sterben der Philosophie, ganz genau „den sterbenden Baum der Philosophie“ angesprochen. Es folgt – wieder – das Zitat: „Der Traum, dem ich folge, ist der, den sterbenden Baum der Philosophie noch einmal blühen zu sehen – in einer Blüte ohne Enttäuschung, übersät mit bizarren Gedankenblumen …. Sind wir kulturell wirklich zu alt, um solche Erfahrungen zu wiederholen?“ (Peter Sloterdijk, Kritik der zynischen Vernunft, 1983, S. 28). Diesem Zitat fügte ich hinzu: „Diese Sätze wurden 1983 veröffentlicht, zu einer Zeit also, als der Niedergang der Philosophie bereits sehr stark beschleunigt war.“
    „Sterben“ bedeutet nicht „tot sein“, bedeutet also nicht den „Tod“, sondern den letzten Lebensprozeß, geschieht also noch vor dem Tod.

  39. @Befehlschiesser:“Es kommt auf den Ausgleich an.“

    Prinzipiell ist wahr, was Sie sagen, da stimmt es haargenau. Doch es geht nicht um ein Wir ODER ein Ich, sofern jedes Wir aus lauter Individuen besteht. Was Menschen von Tieren unterscheidet, ist das Ichbewusstsein der Menschen. Und zwischen Tieren und Menschen kann man keinen „Ausgleich“ schaffen, es sei denn man schaffte den Unterschied ab, bis Hunde UND Menschen einen Maulkorb tragen und jeder tönt: WAU ! Wie ein Schuss in den Ofen.
    Dann singt nur noch EINE Partei:“ Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“ Wozu dann noch geheime Wahlen, wenn es nur noch EINE Partei gibt?
    Marx war kein Marxist. Hegel war kein Hegelianer. Ist Christus ein Christ?

  40. @ Michael.

    Sind Sie nicht derjenige, der schon Nahtoderfahrungen gemacht hat? Wenn ja, dann müßten Sie ja eigentlich sogar aus (spiritueller?) Erfahrung wissen, daß man (materiell) sterben und hinter doch wieder (materiell) leben kann.

    Das Sterben ist noch ein Prozeß des Lebens. Der Tod aber nicht.

  41. @hubi Stendahl

    Vielen Dank für Ihre prompten Zeilen und ihr sehr gutes Auge. Da fehlte selbstverständlich noch der Hinweis von mir, … wie auch Nietzsche bereits ausführte. Asche auf mein Haupt. Es war schon etwas spät, als ich die Zeilen begann zu schreiben. Und der gute Tropfen Wein, sowie die leckeren Kekse (von meiner lieben Nachbarin selbst gebacken, aber etwas krümelig) taten ihr Übriges, um diesen Lapsus und andere kleine Schnitzer an dieser Stelle zu produzieren. Vielleicht sollte man das Schreiben solcher Kommentare zu wichtigen Themen, in solchen Situationen besser lassen, aber irgendeine starke Triebfeder trickst mich mal wieder aus. Kennen Sie das Problem?

    „Allerdings muss die Interpretation von Nietzsche so nicht zwingend richtig sein. Schließlich bedienen wir und Nietzsche uns an überlieferten Fragmenten, die oft sinnlos scheinen, weil die Bruchteile seiner Philosophie viele Spielräume lässt.“
    Ihre kluge Einlassung ist interessant. Warum? Weil ich mir, gleich nachdem ich diese Zeilen las, die Frage stellte, ob die „Interpretationen von …“ nicht auf alle Philosophen Anwendung finden könnte, auch wenn deutlich mehr Zeilen zur Verfügung stehen, als nur einige überlieferte „Fragmente“.
    Was wurde nachträglich nicht noch alles geändert, gestrichen, verbessert et cetera, und nicht nur vom Meister selbst. Siehe (exemplarisch dazu) alle veröffentlichten Werke von Schopenhauer und Nietzsche, besonders, nachdem die Denker das Zeitliche segneten.
    Ich gebe diese Frage mal weiter.

  42. @ Michael:
    „@ Befehlschießer:
    »Sie würden sich sehr wundern, wenn es nur noch ein ›Ich‹-Gesülze gäbe. Es kommt auf den Ausgleich an.«
    Prinzipiell ist wahr, was Sie sagen, da stimmt es haargenau. Doch es geht nicht um ein Wir ODER ein Ich, sofern jedes Wir aus lauter Individuen besteht.“
    Doch! Es geht Ihnen um das „Wir“ und das „Ich“; denn Sie haben geschrieben: „Rudolf Steiner sagte im 7. Vortrag des GA-Bandes 258: »Das ›Wir‹ muß eigentlich schwinden.« In der Wissenschaft ist jeder als ein Ich verantwortlich. Und heute 2020? Nur noch politisches »Wir«-Geschwätz. Das Individuum soll hinter der Maske verschwinden.“

    Das „Ich“-Gesülze ist schlimmer als das „Wir“-Gesülze. Deswegen muß ein Kind , wenn es sein „Ich“ entdeckt, lernen, vom „Ich“ auf das „Du“, das „Er/Sie/Es“, das „Wir“, das „Ihr“ und das plurale „Sie“ nicht nur über die Grammatik, sondern eben auch über alle anderen Zeichenregeln (meist „Umgangsregeln“ genannt) zu schließen, auf sie erst widerspenstig (trotzig), doch bald auch freiwillig und zuletzt sogar selbst pädagogisch (Eltern-Kind-Rollenspiele) zuzugehen, indem es anderen Kindern zeigt, wie es geht – eine relativ lange Zeit wird dafür benötigt (gemessen an dem sehr jungen Alter dieses noch sehr kleinen Kindes). Wie der Ausgleich auch gelingt: ohne ihn geht es nicht.

    Die im März 2020 in Europa begonnene Mund-Nasen-Bedeckung verdeckt einen Teil des Gesichts, ist aber deswegen nicht nur eine Angelegenheit des Individuums, sondern auch und vielleicht sogar in einem noch viel höherem Ausmaß eine Angelegenheit der Gemeinschaft, jedenfalls der Masse dieser Gemeinschaft, und zwar lokal, regional, national, global. Wenn das „Wir“ verschwindet, ist ein Widerstand gegen die Weltmacht nicht mehr möglich. Ein Individuum hat gegen die Weltmacht nur dann eine Chance, wenn es über sehr viel Macht verfügt und sich mit anderen über Macht verfügenden Individuen zusammenschließt, vielleicht z.B, ein „Triumvirat“ (wie damals in Rom) bildet und Anhänger um sich sammelt, also ein „Wir“ im Widerstand gegen die Weltmacht schafft und damit vielleicht Erfolg hat. Ohne ein „Wir“ geht auch das nicht. Der Widerstand gegen die Mund-Nasen-Bedeckung ist ohne ein „Wir“ nicht möglich. Soviel dazu.

  43. @ Herr Schütze
    Was Sie und Sloterdyjk beschreiben, widerspricht der Erweckung des Lazarus durch den Christus Jesus. Falls ich Sie falsch verstanden habe, sehen Sie es mir bitte nach, denn es ist KEINE Absicht.
    Realer Tod ist das Verlassen des physischen Leibes, so dass der sich auflöst.
    Stellen Sie sich vor, ein junger Dummkopf macht einen Fehler und gerät ausser seines Körpers, über eine Schwelle, so dass sein Körper und seine Seele mit Geist in zwei verschiedenen Welten sind. Er schaut den Körper aus einer Distanz von aussen an und bekommt es zuerst mit der Angst zu tun, weil der Todesengel neben dem Körper steht.
    Hinter ihm steht ein mächtiges Wesen, das ihn prüft, ob er Mut hat.
    Indem er Mut entwickelt und auf den Todesengel zugeht, verschwindet der –
    und urplötzlich ist der junge Dummkopf zurück im Körper.
    Weil Mut das Thema von 2020 ist, meine ich, etwas beisteuern zu dürfen.

  44. „Ich gebe diese Frage mal weiter.“

    Es hat schon viele Vorteile, wenn ein Philosoph ein ganzes System vorlegt, wie Hegel es getan hat. Daß man sich durch sein Werk „hindurchbeißen“ muß, ist ja nicht abgemacht – man kann ja statt dessen mit dem Spielen am Computer weitermachen. 😉
    Hegel war der letzte Philosoph mit einem System – es sei denn, man ließe den Kulturmorphologen Spengler und den Systemtheoretiker Luhmann ebenfalls als Philosophen gelten. Nietzsche jedenfalls hatte zuletzt auch vor, ein System zu entwickeln (ausgerechnet er!), wurde dann aber statt dessen in die Irrenanstalt eingewiesen. Ein Nichtsystematiker wie Nietzsche ist nicht unbedingt deshalb, weil er kein System hat, schwerer oder leichter zu verstehen als ein Systematiker wie Hegel. Vieles an Gründen, Motiven, Trieben und Ursachen hat bei Menschen mit ihrer Geschichte zu tun.

    Nietzsche hat drei philosophische Denkstadien durchgemacht. Erst war er ein glühender Anhänger Schopenhauers und Wagners, bejahte wie Schopenhauer die Verneinung des Willens zum Leben, ging danach durch eine Zwischenzeit, in der er den Nihilismus in sich austrug, um am Ende sowohl den Nihilismus als auch den Willen zum Leben als den Willen zur Macht zu bejahen, ja sogar zu fordern und zu fördern. Dennoch kann man auch bei Nietzsche nicht unbedingt sagen, daß er leichter oder schwerer, schneller oder langsamer zu verstehen sei als Hegel; denn bei Hegel muß man sich anfangs sehr anstrengen, kann dann aber mit ihm bis ins Unendliche weiterdenken, während man bei Nietzsche immer sowohl für als auch gegen ihn denken sollte (so wie er es übrigens auch erwartet und gefordert hat), bevor man sich ihm gegenüber neutral bzw. objektiv nähert oder aber sich endgültig für oder gegen ihn entscheidet, wobei es häufig so ist, daß man mit ihm einfach nicht fertig wird, aber nicht aus Gründen des Weiterdenkens wie bei Hegel, sondern aus Gründen des ständigen Abwägens.

    „Es ist kein Ausruhen in Nietzsche, keine letzte Weisheit und Glaubwürdigkeit hält stand. …. Nietzsche ist nur recht aufzufassen, wenn systematische und begriffliche Schulung schon anderswo gewonnen wurde, wenn Hartnäckigkeit und Genauigkeit des Denkens mitgebracht werden … Philosophieren mit Nietzsche bedeutet ein ständiges sich gegen ihn Behaupten.“ (Karl Jaspers, „Nietzsche Einführung in das Verständnis seines Philosophierens“, 1936).

  45. @ B.
    Ein Wir besteht entweder aus Menschen mit Ichbewusstsein, oder es muss kopfüber im Sumpf steckenbleiben. Das hatten wir als Volk schon seit zwei Wk S, dass schon den Kindern das Ichbewusstsein ausgetrieben wurde, und wo sind wir damit gelandet ?
    In zwei antichristlichen Gesellschaften brauner und roter Färbung. NEIN DANKE.

  46. @ Michael:
    „Ein Wir besteht entweder aus Menschen mit Ichbewusstsein, oder es muss kopfüber im Sumpf steckenbleiben. Das hatten wir als Volk schon seit zwei Wk S, dass schon den Kindern das Ichbewusstsein ausgetrieben wurde, und wo sind wir damit gelandet? In zwei antichristlichen Gesellschaften brauner und roter Färbung.“

    Wieso „wir“? Nicht „wir“ sind damit irgendwo gelandet, sondern die ganze Welt ist damit irgendwo gelandet. Aber wer hat denn darüber bestimmt? Ein Wir? Ja, aber das derjenigen, die uns heute auch wieder in einen Weltkrieg treiben wollen. Den Kindern ist bisher das Ichbewußtsein zwar nicht ausgetrieben worden, aber es ist ihnen oder eher den Jugendlichen in den an den Kriegen beteiligten Ländern (und zwar allen!) „eingeimpft“ (sic!) worden, daß das, wofür sie kämpfen, eine gute Sache sei, und so kämpften eben die Engländer für England und sein Empire, die Deutschen für Deutschland und sein Reich, die Franzosen für ihr Frank-Reich, die US-Amerikaner für die USA und ihren Dollar-Reich, die Russen für ihr Rußland und seinen Zaren und danach seinen Sowjet (Kommunismus), die Italiener … usw. usf.. Und zwar mit dem Ichbewußtsein! Dieses ist angeknackst, aber niemals ausgetrieben gewesen. Austreiben kann man es nicht – es sei denn, man versucht es auf biologischen Wege (wie eben heute mittels Nano-, Gentechnik, und KI !).
    Solche Kriegszeiten kommen immer wieder – gegenwärtig gibt es mehr Kriege als jemals zuvor, und in den USA hat es noch nie einen Präsidenten gegeben, der nicht jeden Tag irgendwo Krieg führte (Obama hält gegenwärtig den Rekord dieser zeitlichen und räumlichen US-Kriegsdichte). Sogar dann, wenn Sie an das globalistische Credo glauben, den „neuen Menschen“ (wieder einmal!) zu erbauen – dieses Mal sogar mit einer komplett „neuen Evolution“ -, werden Sie bald einsehen müssen, womit die Globalisten neben der Spekulation an der Börse am meisten Geld ergaunert haben: mit Kriegen!

    Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen: ohne das Wir geht es nicht, wie auch Befehlschießer schon richtig gesagt hat_ „ Wenn das „Wir“ verschwindet, ist ein Widerstand gegen die Weltmacht nicht mehr möglich.“ Widerstand geht nur mit einem Wir. Auch gemäß der Steinerschen Dreigliederung geht es nicht ohne das Wir. Es hat keinen Sinn, wenn jedes Individuum für sich selbst in drei gesonderten Lebensbereichen lebt, also ohne andere, ohne eine Gemeinschaft. Jedes Ich braucht sein Wir. Es kommt beim Wir darauf an, dem Ich den Spielraum zu geben, den es benötigt, besonders im Lebensbereich der Freiheit, des Geistes. Und das ist ja auch gewährleistet, aber eben nicht durch das Ich, sondern durch das Wir. Wenn ein Ich es gewährleisten sollte, wäre sofort Diktatur angesagt. Wollen Sie etwa, daß z.B. das Ich des Vorstandsvorsitzenden von Black Rock unser Zusammenleben gewährleistet? Wohl kaum. Oder?

  47. Lieber Herr Schütze, wussten Sie schon, dass man kein Schütze sein muss, um zu sehen, ob ein echter Schütze ins Schwarze oder ich zitiere Sie „bis ins Unendliche“ geschossen hat? Eine ernstgemeinte Frage. Eine weitere lautet:
    Was glauben Sie, könnten die Gründe sein, warum ich nachfolgende Ausführung von Ihnen hier nicht mal in Fragmenten gefunden habe. Die Antwort kennen nur Sie, Herr Schütze, ich verkneife mir die offensichtliche Vermutung. Ausgewogenheit in der durchaus berechtigten Kritik von Ihnen, sieht bei mir jedenfallls anders aus. Deshalb füge ich mal schnell den fehlenden Part (Kritik an Hegels Dogmatismus) hier ein, damit ihr einseitig beladenes philosophisches Boot auf hoher See nicht schon a priori untergeht.

    „Doppelt verschanzter Dogmatismus“ (‘reinforced dogmatism’)
    In seiner Auseinandersetzung mit der Hegel’schen und Marx’schen Dialektik beschreibt Karl Popper eingebaute Immunisierungsmechanismen, welche philosophische Systeme gegen jede Art von Kritik oder Angriff abschotten. Solche eingebauten Immunisierungsmechanismen nennt er doppelt verschanzten Dogmatismus (im englischen Text reinforced dogmatism):[19]
    „Mit dem Argument, dass sein dialektisches System Widersprüche akzeptiert […], errichtet Hegel einen Dogmatismus von äußerst gefährlicher Art, einen Dogmatismus, der keinerlei Angriff mehr zu fürchten braucht. Denn jede Kritik irgendwelcher Theorie muss sich auf eine Methode stützen, irgendwelche Widersprüche aufzuzeigen. […] Hegels Methode ist somit wirkungsvoll, leider zu wirkungsvoll. Sie sichert sein System gegen jede Art von Kritik oder Angriff ab und ist daher dogmatisch in einem ganz besonderen Sinne, so dass ich sie als doppelt verschanzten Dogmatismus bezeichnen möchte.
    Es gibt aber kein größeres Hindernis für die Wissenschaft als einen derartig doppelt verschanzten Dogmatismus. Es kann keine wissenschaftliche Entwicklung ohne freie Konkurrenz der Gedanken geben.“ siehe Wiki, Immunisierungsstrategie oder Karl R. Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde [The Open Society and Its Enemies], Teil 2 Falsche Propheten: Hegel, Marx und die Folgen. 8. Auflage. Mohr, Tübingen 2003

    Ihre Kritik an Nietzsche hatte Feuer und Substanz, gefiel mir, wirklich, den ich bin undogmatisch, will stets dazulernen, obwohl ich das meiste schon wusste. Mal schauen, wie der gute Hegel bei Ihnen abschneidet, nach diesen harschen Worten von Popper, die ich teile. Es geht hier immer noch um die Philosophie Hegels nicht um Nietzsches Philosophie, auch wenn er mir als als guter Stichwortgeber diente. Und er ist nicht der einzige, aber das wissen Sie sicherlich schon, oder?
    Übrigens, da die Frage, die ich oben weitergab, von Ihnen größtenteils unbeantwortet blieb (lesen Sie nochmal nach) stelle ich sie erneut.

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